Bund und Länder setzen auf Durchseuchung von Kindern und Jugendlichen

Inmitten der vierten Coronawelle haben die Gesundheitsminister der Bundesländer am 6. September beschlossen, die bisherigen Quarantäneregeln an den Schulen und Kitas weitgehend auszusetzen. Damit öffnen sie der Durchseuchung der Kinder und Jugendlichen Tür und Tor. Besonders weit geht dabei Nordrhein-Westfalen: Dort will die Regierung von Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) nur noch Erkrankte nachhause schicken.

Derzeit gehen die Schulferien auch in den letzten Bundesländern zu Ende. Seit dem 6. September haben auch Sachsen und Thüringen den Präsenzunterricht mit vollen Schulklassen wieder aufgenommen, und als letztes folgen am 13. September Bayern und Baden-Württemberg. Auch die Kitas befinden sich seit Wochen praktisch überall im uneingeschränkten Regelbetrieb, und die Hochschulen bereiten sich darauf vor, im Wintersemester 2021 zur Präsenzlehre zurückzukehren.

Schüler beim Mittagessen [Photo by Pixnio]

Dabei ist die Delta-Variante weiter im Vormarsch, die Impfquote ist viel zu niedrig und die Fallzahlen steigen stetig an. Diese Woche hat die offizielle Zahl der Infizierten in Deutschland die Vier-Millionen-Marke überschritten. Am gestrigen Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) mit 13.565 Neuinfektionen erneut eine fünfstellige Zahl.

Nach den offiziellen, zu niedrigen Zahlen sind in Deutschland bisher 92.448 Corona-Patienten verstorben; das sind 2,3 Prozent aller Sars-CoV-2-Erkrankten. Binnen eines Tages sind erneut 35 Corona-Patienten verstorben. Damit wurden allein im September schon 248 Corona-Todesfälle registriert.

Die Fall- und Todeszahlen steigen europa- und weltweit stark an, und Deutschland bildet keine Ausnahme. Laut RKI-Bericht steigt die aktuelle Zunahme der Sieben-Tage-Inzidenz „wesentlich früher und schneller als im vergangenen Jahr, als vergleichbare Inzidenzen erst im Oktober erreicht wurden“. Auch würden immer jüngere Menschen ins Krankenhaus eingeliefert: „Die Zahl der hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit schweren Atemwegsinfektionen liegt in der Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen mittlerweile über dem Niveau der Vorjahre um diese Jahreszeit.“ Am 1. September sei die Zahl der Patienten mit Covid-19-Diagnose auf den Intensivstationen erstmals wieder über tausend gestiegen.

Am gestrigen Mittwoch warnte RKI-Leiter Lothar Wieler vor einem „fulminanten Verlauf“ der aktuellen vierten Corona-Welle. Die Intensivbetten-Belegung habe sich in den letzten beiden Wochen fast verdoppelt, so Wieler: „Auf den Intensivstationen wird der Altersdurchschnitt immer jünger.“

Auch im RKI-Bericht heißt es, dass die Sieben-Tage-Inzidenz besonders unter Kinder und Jugendlichen dramatisch steige. „In den Altersgruppen der Jugendlichen (10-19 Jahre) liegt die 7-Tage-Inzidenz bei über 170 pro 100.000 Einwohner.“ Und: „Die Gesundheitsämter können nicht mehr alle Infektionsketten nachvollziehen.“

Aus sehr gutem Grund war nach den dramatischen Ausbrüchen an vielen Schulen im letzten Jahr und im Frühjahr 2021 beschlossen worden, dass bei Corona-Infektionen jeweils eine ganze Klasse, ein Schulverband oder eine Kitagruppe für 14 Tage in die Quarantäne geschickt werden müsse. Vor einer noch schlimmeren Entwicklung in diesem Herbst warnen derzeit alle seriösen Wissenschaftler. Mittlerweile sind 99 Prozent der Infektionen auf die hochansteckende Delta-Variante (B.1.617.2) zurückzuführen.

Dennoch öffnen die Gesundheitsminister und Regierungspolitiker sämtliche Schulen, Kitas und Einrichtungen und schaffen selbst die einfachsten Quarantäneregeln ab. In den Bundesländern, in denen noch eine (eingeschränkte) Quarantänepflicht besteht, werden laut einem weiteren Beschluss der Gesundheitsminister vom Montag Kinder und Jugendliche grundsätzlich davon ausgenommen, die schon geimpft oder von Corona genesen sind. Für Kinder unter 12 Jahren ist bisher allerdings noch kein Impfstoff zugelassen.

Die sogenannte Bundesnotbremse, die ab einer bestimmten Sieben-Tage-Inzidenz zwingende Eindämmungsmaßnahmen vorsah, wurde schon vor Wochen wieder abgeschafft. Nun wird auch die Sieben-Tage-Inzidenz als zentraler Maßstab zur Bewertung der Pandemie-Lage beseitigt. Stattdessen soll die Hospitalisierungsrate – die Zahl der Einweisungen in die Kliniken – ins Zentrum rücken.

Maßnahmen werden also erst ergriffen, wenn die Intensivstationen voll sind und es bereits zu spät ist. Da ein großer Teil der Intensivpatienten stirbt oder lebenslange Schäden davonträgt, wird der Tod und die Behinderung einer großen Anzahl Menschen bewusst einkalkuliert. Wann die Intensivstationen als komplett überlastet gelten, sollen die Bundesländer selbst entscheiden.

Welche großen Gefahren damit verbunden sind, macht ein Chefarzt in der Rheinischen Post deutlich. Der Direktor der Virologie am Uniklinikum Essen, Ulf Dittmer, berichtet, dass in seiner Klinik die Zahl der Kranken mit schweren Symptomen auf 23 angestiegen sei, und dass sich darunter auch ein 20-Jähriger befinde. Schon jetzt gebe es in ganz NRW keinen freien Platz mehr für die Behandlung mit einer Herz-Lungen-Maschine: „Hier müssen wir bereits auswählen, welchen Patienten wir an das Gerät anschließen“, so der Arzt.

Trotz alledem unterstützen Politiker aller Parteien, einschließlich der Linken, die mörderische Durchseuchungspolitik. Wider besseres Wissen behaupten sie, dass allein eine höhere Impfrate „mehr Freiheit“ bringe.

Weil immer mehr Personen geimpft sind, behauptete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag im Bundestag, „haben wir Tag für Tag mehr Möglichkeiten, mit dem Coronavirus umzugehen“. Auch die nachfolgende SPD-Sprecherin unterstützte ihn ausdrücklich: „Ich teile Ihre Auffassung, dass wir durch das Impfen neue Freiheit zurückgewinnen.“

Dabei ist bekannt, dass Impfungen allein nicht ausreichen, um das Virus zu besiegen. Mit der hochansteckenden Delta-Variante wird sich Corona auch bei einer Impfquote von 80 Prozent oder mehr weiter ausbreiten und kann dabei immer neue Mutanten hervorbringen. Zurzeit liegt aber die Zahl der vollständig Geimpften in Deutschland nur bei knapp 62 Prozent.

Notwendig ist eine Zero-Covid-Strategie, die eine globale Impfkampagne mit konsequentem Testen, Kontakteverfolgen und Isolieren, sowie mit der Schließung aller Schulen und nicht-systemrelevanten Betriebe verbindet. Nur auf diesem Weg kann das Virus ausgerottet die Herausbildung immer neuer, noch ansteckenderer und tödlicherer Corona-Varianten verhindert werden. Eine Online-Konferenz der WSWS mit namhaften Wissenschaftlern hat dies nachdrücklich betätigt.

In der Bevölkerung, vor allem unter den Lehrkräften und Kita-Erzieherinnen, stoßen die neuen Beschlüsse auf helles Entsetzen und teilweise Ungläubigkeit. Hier einige Kommentare auf der Homepage von news4teachers.de zu den neusten Beschlüssen.

„Die Durchseuchung ist geplant und gewollt“, schreibt ein Lehrer. Und ein anderer: „Manchmal möchte man nur noch schreien – leider ändert das nichts.“

Zu Laschets Beschluss, alle Quarantäneregeln in NRW fallen zu lassen, schreibt einer: „Hoffentlich ist das endgültig der politische Tod für Laschet und seine Kampagne.“

Andere vergleichen Laschet mit Trump und einer schreibt: „Der Beschluss [der Gesundheitsminister] war schon extrem leichtsinnig und ignoriert das, was die Wissenschaft sagt. Das hier hingegen ist Leichtsinn im Quadrat (…) eine neue Dimension von Verweigerung“.

Eldorado kommentiert: „Warum wird es so hervorgehoben, dass das im Laschet-Land so gehandhabt wird, ohne zu erwähnen, dass in Rheinland-Pfalz genau dasselbe verzapft wird?“

Eine entsetzte und ungläubige „Mica“ schreibt: „Ich kann die Entscheidungen der Politik zum ‚Infektionsschutz‘ in Schulen nicht mehr nachvollziehen, der ‚große Plan‘ dahinter ließe nur eine gezielte Durchseuchungsstrategie als Schlussfolgerung zu, und so etwas kann und will ich nicht glauben.“

Darauf antwortet Tina+2: „Ich fürchte, es ist aber so. Man ignoriert Drosten, Brinkmann, Eckerle, Fauci, das RKI und CDC sowie die Intensivmediziner.“ Lakonisch setzt sie hinzu: „Ist doch ein tolles Experiment und wen interessieren schon ein paar tote Kinder mehr oder weniger?“

Die World Socialist Web Site appelliert an alle Leser, Lehrer, Eltern und Arbeiter, es nicht bei Sarkasmus und Wut zu belassen, sondern den Kampf gegen die menschenverachtende Politik aufzunehmen. Gründet unabhängige Aktionskomitees an allen Schulen und Betrieben und beteiligt euch am Kampf gegen die Durchseuchung! Lernt die Sozialistische Gleichheitspartei und ihr Programm zur Beseitigung der Pandemie kennen und nehmt Kontakt zu uns auf.

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