Wissenschaftler warnen vor den Folgen der Kinderdurchseuchung

Am 22. August richtete die World Socialist Web Site eine Online-Podiumsdiskussion aus, in deren Rahmen führende Wissenschaftler übereinstimmend erklärten, dass die Auslöschung von SARS-CoV-2 die einzige Politik ist, die im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie wissenschaftlich und ethisch vertretbar ist.

Professor Michael Baker von der University of Otago (Wellington, Neuseeland) bezeichnete die Politik, Kinder schutzlos in die Schulen zu schicken und eine Ausbreitung der Pandemie zuzulassen, als „barbarisches Experiment“ an der Bevölkerung. Er geißelte mit diesen Worten die mörderische Politik der britischen Tory-Regierung von Boris Johnson.

Berlin 2. September: Eltern demonstrieren für Schutzmaßnahmen in den Schulen (Bild: WSWS)

Doch die Explosion der Fallzahlen unter den weitgehend ungeimpften Schulkindern im ganzen Bundesgebiet zeigt, dass die deutschen Regierungen ein ebenso „barbarisches Experiment“ verfolgen, sämtliche Warnrufe der Wissenschaft ignorieren und in vollem Bewusstsein ihres Tuns auf ein neues Massensterben zusteuern.

„Wir rauschen gerade in eine ähnliche Situation wie im vergangenen Herbst“, stellte Professorin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung gestern gegenüber der Zeit mit Entsetzen fest: „Wenn man sich die Infiziertenzahl anschaut, dann ist die Wachstumskurve sogar steiler als vor einem Jahr. Entsprechend wird auch die Zahl der belegten Intensivbetten recht bald stark ansteigen.“

Unter Verweis auf das doppelt so große Hospitalisierungsrisiko der Delta-Variante des Coronavirus im Vergleich zur früheren Alpha-Variante erklärte Brinkmann: „Wenn man keine Masken mehr trägt, wenn man aufs Testen, Kontaktnachverfolgung und Quarantäne verzichtet und dann gleichzeitig die ungeimpften Kinder in die Schulen schickt, dann werden sich diese Kinder unweigerlich zum Großteil infizieren.“

Sollte das Ruder nicht unverzüglich herumgeworfen werden, so Brinkmann, werde es „wieder deutlich mehr Erkrankte und Tote geben“. Bereits jetzt seien rund 1000 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen – viermal so viele, wie im letzten Jahr zu dieser Zeit –, wovon fast jeder Zweite beatmet werden müsse. „Und im Unterschied zum vergangenen Jahr sind es nicht mehr die 70- und 80-Jährigen, die auf den Intensivstationen liegen, sondern die 50-Jährigen und noch Jüngere.“

Die Folgen seien verheerend: „Wer beatmet wird, das wissen wir inzwischen, hat eine extrem schwere Rehabilitation vor sich, wenn er oder sie die Intensivstation lebend verlässt.“

Der Kampf gegen die Durchseuchung der Kinder ist ein internationaler Kampf, der eine globale Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Schülern und Wissenschaftlern erfordert. Auf Social-Media-Plattformen wie Twitter schlagen Forscher aus aller Welt Alarm.

„Anstatt zu versuchen, Schulen sicherer zu machen, leugnet Public Health England einfach, dass es ein Problem gibt“, berichtet etwa Professorin Christina Pagel vom University College London aus dem Vereinigten Königreich. Mit Blick auf jüngste Äußerungen der Vorsitzenden der höchsten britischen Gesundheitsbehörde setzt sie hinzu: „Bestehende Maßnahmen sind völlig unzureichend und folgen weder den Ratschlägen des US-amerikanischen CDC, noch des europäischen CDC oder der WHO.“

„In der Schweiz ist es das gleiche“, schreibt Isabella Eckerle, Professorin am Geneva Centre for Emerging Viral Diseases: „Ich trage eine vollständige Schutzmontur, wenn ich im BSL3-Labor mit SARS-CoV arbeite – aber Kinder in Schule und Kitas zu schicken, wo sie sich Covid-19 einfangen, ist okay?“ Sie forderte, „alles zur Verfügung Stehende zu aktivieren“, um Ansteckungen in Schulen und Kitas zu verhindern.

Bereits Ende August hatte Eckerle für Deutschland und die Schweiz ein „Umdenken bezüglich akzeptierter Durchseuchung“ verlangt, nachdem die Krankenhauseinlieferungen unter Kindern in den USA rapide angestiegen waren.

Doch dieses „Umdenken“ hat weder in der Schweiz noch in Deutschland stattgefunden. Der Neurowissenschaftler Dominique de Quervain – Professor an der Universität Basel – schrieb am Donnerstag auf Twitter: „In der Schweiz wird die Durchseuchung der Kinder wissentlich in Kauf genommen. Die meisten Kantone haben auf wirksame Maßnahmen wie Masken in Schulen bewusst verzichtet.“

Auch der Virologe Professor Christian Drosten wandte sich am Donnerstag gegenüber dem Deutschlandfunk explizit dagegen, Kinder „für eine Durchinfektion freizugeben“. Mit Blick auf „die wissenschaftlichen Daten zu der direkten Infektionsfolge“ sowie „zu inflammatorischen Syndromen“ erklärte Drosten, eine „Durchseuchung“ der unter-12-jährigen Kinder käme „schon allein aus einer Vorsichtsüberlegung heraus“ unter keinen Umständen infrage: „Das kann man auf keinen Fall machen.“

Der Leiter des Instituts für Virologie an der Charité-Klinik warnte zudem davor, „dass Geimpfte nach ein paar Monaten… deutlich den Übertragungsschutz verlieren“. Dies habe zur Folge, dass auch geimpfte infizierte Personen „nach neuesten Daten durchaus auch isolierbares Virus in ihren Atemwegen“ tragen und dadurch andere leicht anstecken können.

Insgesamt, so Drosten, gingen die gegenwärtigen Szenarien des Robert-Koch-Instituts und der Regierung von viel zu optimistischen Annahmen aus. Man werde daher „natürlich gesamtgesellschaftlich die Zahl der Kontakte wieder einschränken müssen“, um der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken.

Im Gespräch mit der Zeit zeichnete Professorin Brinkmann ein schonungsloses Bild der drohenden Folgen der Politik der Bundes- und Landesregierungen: „Man kann ziemlich genau ausrechnen, wie viele Kinder erkranken und hospitalisiert werden, wenn wir eine Durchseuchung stattfinden lassen. Die Amerikaner haben das gerade in einem Report publiziert: Demnach kommen 0,1 bis 1,9 Prozent aller Kinder, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet werden, ins Krankenhaus. Von diesen Kindern sterben bis zu 3 Prozent… Es könnten in Deutschland also mehrere Hundert Kinder und Jugendliche im kommenden Winter ihr Leben verlieren, wenn die nicht geimpften Kinder und Jugendlichen durchseucht würden, was ich persönlich für vollkommen falsch hielte.“

Die „Gesellschaft“, so Brinkmann, stehe vor der Frage: „Wie viele hospitalisierte Kinder, wie viele tote Kinder lasse ich zu?“

Die Antwort lautet, dass nicht „die Gesellschaft“ den vermeidbaren Tod und die schwere Erkrankung von Tausenden Kindern „zulässt“, sondern dass die Gesundheit dieser Kinder und ihrer Angehörigen auf dem Altar der Finanzmärkte und des privaten Profits geopfert werden sollen. In Wirklichkeit muss alles getan werden, um jedes einzelne Kind zu retten. Die bereits stattfindende Durchseuchung der Kinder muss sofort gestoppt werden!

Dazu müssen an allen Schulen, in allen Betrieben und Wohnvierteln Aktionskomitees aufgebaut werden, die von den Durchseuchungsparteien unabhängig sind und augenblicklich die notwendigen Notfallmaßnahmen einleiten. Dies umfasst die kompromisslose Schließung aller nicht-lebensnotwendigen Betriebe sowie von Schulen und Kitas, kombiniert mit der Forderung nach Enteignung der Pandemie-Profiteure und voller Lohnfortzahlung für alle vom Lockdown betroffenen Arbeiter.

Die gewaltigen Produktivmittel der Gesellschaft – darunter die Pharma- und Diagnostikbetriebe, Impfstoff- und Maskenhersteller sowie die nutzlos gehorteten Milliarden der kapitalistischen Oligarchen – müssen unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse gestellt werden und zum Einsatz kommen, um das Virus auf Weltebene auszurotten, die Pandemie zu beenden und Millionen Menschenleben zu retten.

Zu dieser Perspektive wird die Sozialistische Gleichheitspartei am 5. September ihre nächste Wahlsendung veranstalten, die um 20:15 Uhr auf YouTube live gestreamt werden wird. Unter dem Titel „Wie die Pandemie gestoppt werden kann: Globale Planung und Wissenschaft statt kapitalistischer Durchseuchung“ werden SGP-Spitzenkandidat Christoph Vandreier und ich eine Strategie zur Ausrottung von Covid-19 vorstellen, die sich auf die Erkenntnisse führender Wissenschaftler stützt und Teil einer sozialistischen Perspektive ist.

Wir rufen alle Leserinnen und Leser auf, dieses wichtige Event so breit wie möglich bekannt zu machen, es zu diskutieren und für die kommenden politischen Kämpfe Kontakt mit uns aufzunehmen.

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