SPD, Grüne und FDP sondieren Sozialabbau, Durchseuchung und Krieg

Am heutigen Donnerstag beginnen die ersten Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP zur Bildung einer Regierungskoalition. Das verkündeten die Parteivorsitzenden am Mittwoch, nachdem bereits jeweils einzelne Vorsondierungen der Grünen und der FDP mit der SPD und der Union stattgefunden hatten.

Die SPD hatte schon in den vergangenen Tagen betont, dass sie möglichst rasch Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP führen wolle. Am Mittwoch vermeldeten dann zunächst die Grünen, dass sie als nächstes in dieser Konstellation verhandeln wollen und den Liberalen ein solches Angebot gemacht hätten. Zwei Stunden später erklärte sich auch FDP-Chef Christian Lindner zu Gesprächen bereit.

Lindner berichtete, dass der „Vorschlag einmütig begrüßt“ worden sei, nun eine erste Sondierungs-Runde im „Ampel“-Format zu veranstalten. Er wolle spätere Verhandlungen mit der CDU aber auch nicht ausschließen. Auch der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck erklärte, die Ampel-Gespräche seien „keine Komplettabsage an Jamaika“. In den Gesprächen habe sich die Union „wirklich bemüht“.

Die Reaktion innerhalb der Union war gespalten. Während CSU-Chef Markus Söder die Entscheidung von Grünen und FDP zu Dreier-Gesprächen mit der SPD als „de-facto-Absage an Jamaika“ wertete und von einer „klaren Vorentscheidung“ sprach, betonte der CDU-Vorsitzende Armin Laschet, dass die Union weiter gesprächsbereit sei.

Über den Inhalt der jeweiligen Treffen kam so gut wie nichts an die Öffentlichkeit. Die Vertreter der Parteien weigerten sich, zum Stand der Sondierungen in irgendeiner Weise inhaltlich Stellung zu nehmen. Die Bildung einer neuen Regierungskoalition wurde zur Hochsicherheitsangelegenheit erklärt. Es wird alles daran gesetzt, dass die Verhandlungen über eine neue Regierung vollständig hinter dem Rücken der Wähler stattfinden.

Ein Unterhändler der Union berichtete dem Spiegel, dass das Verhandlungsteam absolutes Stillschweigen vereinbart hätte. Sogar ein Handyverbot sei erlassen worden. Wer trotzdem Informationen nach außen gebe, werde sofort aus allen weiteren Verhandlungen ausgeschlossen und auch keinen Posten in der neuen Regierung erhalten, so der Unterhändler.

Die Politiker der Bundestagsparteien schirmen sich wie ein Generalstab von der Öffentlichkeit ab, weil sie in allen Bereichen einen Generalangriff gegen die Bevölkerung vorbereiten. Die Wahlen hatten bereits die tiefe Krise des bürgerlichen Parteiensystems offenbart, das in keiner Weise mehr die Interessen der Mehrheit repräsentiert. Keine Partei erreichte mehr als ein Viertel der Wählerstimmen und erstmals in der Nachkriegsgeschichte werden drei Viertel der Wähler gegen die Partei des Bundeskanzlers gestimmt haben.

Hinter den Kulissen bereiten die Parteien nun eine neue Regierung vor, die die Sozialangriffe, die Aufrüstung und die rücksichtslose Durchseuchungspolitik der amtierenden Regierung noch weit in den Schatten stellen wird. Daran kann schon angesichts der bisherigen Verlautbarungen kein Zweifel bestehen.

Der FDP Generalsekretär Volker Wissing versicherte am Montag im ZDF, dass es mit der FDP in einer Ampelkoalition keine Steuererhöhungen geben werde. „Die FDP rückt von dieser Position nicht ab“, so Wissing. Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans hatte bereits in der vergangenen Woche erklärt, dass eine Lockerung der Schuldenbremse in den Gesprächen nicht verhandelt werde.

Die Botschaft ist klar. Nachdem die Große Koalition mit Unterstützung aller Bundestagsparteien im Rahmen der sogenannten Corona-Rettungspakete hunderte Milliarden Euro den großen Banken und Konzernen überwiesen hat, sollen die Gelder ausschließlich auf Kosten der großen Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung eingetrieben werden.

Dieser Generalangriff auf die sozialen Rechte der Arbeiter geht mit heftigen Angriffen auf Arbeitsbedingungen und Löhne durch die großen Unternehmen einher. Schon jetzt haben etliche Konzerne Massenentlassungen oder die Ausweitung von Kurzarbeit angekündigt. Die horrende Inflation führt bereits in den meisten Branchen zu Reallohnverlusten. Auch die Entscheidung des Lieferdienstes Gorillas am Dienstag, streikende Arbeiter fristlos zu entlassen, unterstreicht, was Regierung und Unternehmen vorhaben.

Einigkeit besteht zwischen allen Parteien auch in der „Profite vor Leben“-Politik, die mit der Durchseuchung ungeimpfter Kinder und der Rücknahme noch der letzten Schutzmechanismen neue Dimensionen erreicht. Daran ist die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen ebenso beteiligt wie das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg oder das schwarz-gelbe Nordrhein-Westfalen. Im Wahlkampf hatten die Spitzenkandidaten aller Parteien neue Lockdowns ausgeschlossen.

SPD, Grüne und FDP haben schon im Wahlkampf versichert, dass sie den horrenden Aufrüstungskurs der Großen Koalition fortsetzen und die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik noch intensivieren werden. Während der SPD-Kanzlerkandidat und amtierende Finanzminister Olaf Scholz versicherte, dass er den Militärhaushalt weiter steigern würde, kritisierte die Kanzlerkandidatin der Grünen Annalena Baerbock das Zwei-Prozent-Ziel der Nato regelmäßig von rechts. Bei sinkender Konjunktur bedeute es schließlich nicht mehr, sondern weniger Militärausgaben. Die FDP forderte im Wahlkampf sogar, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die „nationale Sicherheit“ auszugeben.

Dieses Programm von Militarismus, Ungleichheit und Durchseuchung ist in der arbeitenden Bevölkerung verhasst. Deshalb werden die Sondierungen unter höchster Geheimhaltung im Verborgenen abgehalten.

Schon vor vier Jahren, als die Große Koalition abgewählt worden war, führten Union und SPD monatelange Geheimverhandlungen, um die bis dahin rechteste Regierung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu bilden. Mit der massiven Aufrüstung, den Milliardengeschenken an die Superreichen und der „Profite vor Leben“-Politik in der Pandemie, die allein in Deutschland mehr als 93.000 Menschenleben gekostet hat, wurde das in die Tat umgesetzt. Gleichzeitig wurde die rechtsextreme AfD zur offiziellen Oppositionsführerin gemacht und auf Bundes- und Landesebene in die parlamentarische Arbeit integriert.

Eine Ampelkoalition wäre eine Fortsetzung dieser rechten Verschwörung. Sie würde den Kurs der Großen Koalition in jeder Hinsicht intensivieren und wie diese de facto das AfD-Programm in die Tat umsetzen. Die FDP hat besonders enge Verbindungen zu der faschistischen Partei. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete der AfD, darunter die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch, sind frühere FDP-Mitglieder. Vor eineinhalb Jahren ließ sich der FDP-Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich in Thüringen von der AfD zum Ministerpräsidenten wählen.

Doch gegen diese rechte Politik wächst der Widerstand. Im Gesundheitswesen, der Autoindustrie und der Logistik entwickeln sich Streiks und Proteste gegen Entlassungen, Lohnraub und Durchseuchung. Die Sozialistische Gleichheitspartei nahm an den Bundestagswahlen teil, um dieser Opposition eine Stimme und eine sozialistische Perspektive zu geben. Wir haben betont, dass nur das unabhängige Eingreifen der Arbeiterklasse der reaktionären Regierungspolitik ein Ende setzen kann. Vor dem Hintergrund der Ampel-Sondierungen ist dies nun die entscheidende Frage.

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