Deere will Betrieb mit Streikbrechern fortführen – Dana-Arbeiter drängen auf gemeinsamen Ausstand

Mehr Informationen über den Beitritt zum John Deere Workers Rank-and-File Committee unter deerewrfc@gmail.com oder per SMS an 001 (484) 514-9797.

Am ersten Tag ihres Streiks gegen den multinationalen Landmaschinenhersteller Deere & Company haben die Arbeiter ihre Entschlossenheit geäußert, einen erfolgreichen Kampf gegen den Konzern zu führen und beträchtliche Verbesserungen bei Löhnen und Zusatzleistungen für sich und die nachkommende Generation durchzusetzen.

Streikende John Deere-Arbeiter in Waterloo, Iowa (Facebook-Seite des UAW-Ortsverbands 838)

Ein Arbeiter des Deere-Werks in Dubuque (Iowa) erklärte gegenüber der World Socialist Web Site: „Heute ist ein historischer Tag. Die Arbeiter sind auf den Streikposten und sehr aufgeregt. Wir sehen, wie der Aktienkurs von Deere fällt, und wir wissen, dass wir ihnen sehr wehtun können. Wir wehren uns! Wir haben der Gewerkschaft gesagt, wir werden nicht weichen.

Gestern hat das Management von John Deere versucht, mit uns über den Tarifvertrag zu reden. Sie haben uns immer wieder gesagt, wir hätten einen besseren Tarifvertrag als CAT und CNH. Ich antwortete ihnen, dass wir diese Arbeiter nicht als Konkurrenten betrachten. Wir wollen das Beste für sie und für alle Arbeiter.“

Der Ausstand von mehr als 10.000 Arbeitern in Iowa, Illinois und Kansas sowie in den Teilezentren in Georgia und Colorado ist der erste innerhalb des Unternehmens seit 35 Jahren. Zuvor hatten die Arbeiter am Sonntag einen Tarifvertrag, für den sich die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) stark gemacht hatte, mit überwältigender Mehrheit abgelehnt, weil er Lohnerhöhungen unterhalb der derzeitigen Inflationsrate von 5,4 Prozent beinhaltet hätte. Darüber hinaus hätte er die Abschaffung der Betriebsrenten für neu eingestellte Arbeiter und die weitere Ausweitung des spalterischen Lohnstufensystems vorgesehen, dem die UAW erstmals 1997 zugestimmt hatte.

Die Arbeiter bei Deere haben das John Deere Rank-and-File Committee gegründet, um die Arbeiter unabhängig von der UAW zu organisieren und die Kontrolle über den Streik zu übernehmen.

Der Kampf bei Deere ist Teil einer wachsenden Streikwelle in den USA und der Welt. Beim bisher größten einzelnen Ausstand weltweit legten 155.000 Metallarbeiter in Südafrika die Arbeit nieder, und am Donnerstag schlossen sich ihnen weitere 16.000 Arbeiter im Kampf für Lohnerhöhungen als Ausgleich für die steigende Inflation an. In den USA finden Streiks bei Deere, Kellogg's, in Krankenhäusern und anderen Branchen statt, die sich in den kommenden Wochen deutlich ausweiten könnten. In der amerikanischen Fernseh- und Filmindustrie läuft am Sonntag eine Streikfrist für 60.000 Beschäftigte aus, und beim kalifornischen Gesundheitsunternehmen Kaiser Permanente votierten Zehntausende Beschäftigte fast einstimmig für einen Streik.

Deere reagierte am Donnerstagmorgen auf den Streik, indem es in einer Erklärung an die Arbeiter eine arrogante Herausforderung formulierte. Es verkündete seine Pläne, den Betrieb mit Streikbrechern fortzusetzen: „Als Reaktion auf den Streik der UAW haben wir unseren Customer Service Continuation Plan (CSC) aktiviert. Im Rahmen dieses Plans werden Angestellte und andere in unseren Fabriken den täglichen Betrieb am Laufen halten. Unser unmittelbares Anliegen ist es, die Bedürfnisse unserer Kunden in zeitkritischen und wichtigen Branchen wie der Landwirtschaft und dem Baugewerbe zu erfüllen.“

Deere versucht angesichts der Mais- und Sojabohnenernte im mittleren Westen verzweifelt, seine Produkte an die Händler zu bringen. Rekordernten und steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte sowie Engpässe bei Arbeitskräften und Lieferengpässe haben schon vor Beginn des Streiks für eine hohe Nachfrage und hohe Rückstände bei Teilen für Landmaschinen gesorgt. Brian Strasser, ein Manager bei Sinclair Tractor in Kalona (Iowa), erklärte gegenüber Crain's Chicago Business: „Obwohl Bauern sehr belastbar sind, wenn jetzt etwas kaputt geht, kann eine Reparatur nicht ein paar Stunden, sondern Tage dauern.“

Berichten zufolge konzentriert sich Deere darauf, Angestellte in ihr Teilevertriebszentrum (PDC) in Milan (Illinois) zu verlegen, den wichtigsten Verteilungsknotenpunkt für Nordamerika. Ein streikender Arbeiter des Betriebs erklärte am Donnerstagnachmittag gegenüber der WSWS, Deere habe „alle Büroleute und Supervisor hierher gebracht.“

Deere behauptet zwar, es könne sich die Erfüllung der Forderungen nach höheren Löhnen und der Wiedereinführung von Renten sowie vollständig finanzierter Gesundheitsversorgung nicht leisten. Doch die Arbeiter wissen sehr wohl, dass das Unternehmen seit dem letzten Tarifvertrag 2015 Milliarden eingenommen hat und dass die für dieses Jahr prognostizierten Profite mit sechs Milliarden Dollar den bisherigen Rekordwert übertreffen könnten.

Die UAW lehnt es jedoch völlig ab, einen ernsthaften Kampf zu führen. Sie hat bis zum letzten Moment verzweifelt versucht, einen Kompromiss von Deere als Feigenblatt zu bekommen, um den Abbruch des Ausstands zu rechtfertigen. Zu diesem Zweck hat sie sich am Mittwochabend zu geheimen Verhandlungen mit dem Unternehmen getroffen. Deere beharrte allerdings auf der Forderung nach der Abschaffung der Renten für neue Arbeiter und der Eindämmung der Lohnkosten. Nachdem die Arbeiter den Vorschlag am Sonntag mit 90 Prozent abgelehnt hatten, schickte das Unternehmen Manager in die Werkshallen, um zu versuchen, das bereits abgelehnte Abkommen vor Beginn des Streiks noch durchzusetzen.

Kurz nach Ablauf der Frist für den Streik um Mitternacht veröffentlichte das PR-Team der UAW auf seiner Website eine völlig verlogene Erklärung von Chuck Browning, dem Vizepräsidenten für Ford und Chef der UAW-Abteilung für landwirtschaftliche Geräte: „Unsere Mitglieder bei John Deere streiken für die Möglichkeit, ein angemessenes Einkommen zu erhalten, mit Würde in Rente zu gehen und faire Arbeitsregeln zu etablieren.“ UAW-Präsident Ray Curry erklärte weiter: „Die fast eine Million Rentner und aktiven Mitglieder der UAW erklären sich solidarisch mit den streikenden UAW-Mitgliedern bei John Deere.“

In Wirklichkeit hat die UAW versucht, einen Tarifvertrag durchzusetzen, der keine der Forderungen nach höheren Löhnen, Renten, vollständiger Bezahlung der Gesundheitsversorgung und besseren Arbeitsbedingungen für alle erfüllt. Was Curry angeht – der Architekt des Ausverkaufs des Streiks bei Volvo Trucks im Sommer –, so werden seine Behauptungen über „Solidarität“ keinen Arbeiter überzeugen, der miterlebt hat, wie in den letzten Jahren ein UAW-Vorstand nach dem anderen wegen Bestechung und Unterschlagung von Mitgliedsbeiträgen angeklagt wurde.

Der Arbeiter in Dubuque erklärte, welche Auswirkungen die Warnungen der WSWS vor dem unternehmensfreundlichen Charakter der UAW hat: „Ich glaube wirklich, eure Berichte über die Korruption der UAW und eure Warnungen, dass die UAW uns schon seit 2015 reinlegen will, haben dafür gesorgt, dass heute viele Arbeiter das Gefühl haben, sie können bei Veranstaltungen offen und gerade heraus die UAW kritisieren. Ich weiß, dass ich es getan habe und viele meiner Kollegen auch.“

Doch statt den Streik durch die Mobilisierung ihrer Hunderttausenden von Mitgliedern zu stärken, verfolgt die UAW die Strategie, den Kampf bei Deere bei der erstbesten Gelegenheit zu sabotieren und ihren ursprünglichen Ausverkauf durchzusetzen, wie sie es bereits dieses Jahr bei Volvo getan hat.

Beispielhaft zeigt sich dies beim Autozulieferer Dana Inc., wo die UAW und die United Steelworkers 3.500 Arbeiter im mittleren Westen und Süden seit Anfang September durch eine tageweise Verlängerung des Tarifvertrags gezwungen haben, ihre Arbeit fortzusetzen. Die Gewerkschaften haben die „Verhandlungen“ mit dem Unternehmen in die Länge gezogen, damit es Ersatzteile horten kann, obwohl die Arbeiter die vorläufige Vereinbarung mit 90 Prozent abgelehnt und mit überwältigender Mehrheit für den Streik gestimmt haben.

Mit Beginn des Ausstands bei Deere wächst jedoch der Druck unter den Dana-Arbeitern rasch, sich dem Kampf anzuschließen. Ein Dana-Arbeiter aus Tennessee erklärte gegenüber der WSWS: „Wir hören alle davon, und wir halten es für großartig, dass sie aufstehen. Unsere Gewerkschaft ist nicht für uns da, andernfalls würden sie uns nicht ewig ohne Tarifvertrag weiterarbeiten lassen.

Die Arbeiter bei John Deere haben unsere Unterstützung. Ich höre ständig: ,Warum können wir nicht auch streiken, so wie sie?‘“

Innerhalb der Finanzaristokratie und unter ihren politischen Repräsentanten wächst die Unruhe über die entstehende Streikwelle in den USA. Während die Federal Reserve Gelder in fast unbegrenzter Höhe zur Verfügung gestellt hat, um die Spekulationsorgie auf dem Aktienmarkt zu befeuern, befürchten die Kapitalisten, dass eine deutliche Erhöhung der Löhne in einem Sektor zu einem unkontrollierbaren Ausbruch von Arbeitskämpfen führen und das Niedriglohnregime zerstören könnte, auf dem die immensen Vermögen aufgebaut wurden.

Die Biden-Regierung und die Demokraten haben bisher versucht, die zunehmend ramponierte Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften zu stärken. Sie brauchen die Gewerkschaften, um den Widerstand der Arbeiter einzudämmen und die tödliche Politik der herrschenden Klasse durchzusetzen, Kinder und Arbeiter inmitten der Corona-Pandemie in unsichere Schulen und Fabriken zu schicken.

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, vermied es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, direkt über den Ausstand bei Deere zu sprechen, und erklärte stattdessen: „Sowohl der Präsident als auch der Vizepräsident haben oft gesagt, diese Regierung ist die gewerkschaftsfreundlichste in der Geschichte, und sie werden weiterhin mit diesem Bewusstsein regieren und führen.“

Sie fuhr fort: „Es liegt auch in der Verantwortung des Managements und der Gewerkschaft, miteinander zu verhandeln und ihre Differenzen zu klären. Das ist einer der Gründe, warum es Gewerkschaften gibt und ein Teil ihrer Rolle.“ Mit anderen Worten, die Verantwortung der Gewerkschaften ist es, mit dem Management zu „verhandeln“, d.h. ihre Forderungen nach Senkung der Lohnkosten anzunehmen und umzusetzen, wie es seit fast 40 Jahren ununterbrochen geschehen ist.

Während die Mainstream-Medien und die pseudolinken Verbündeten der Demokraten wie Labor Notes und das Magazin Jacobin die UAW und andere Gewerkschaften unablässig und fälschlicherweise als Führer einer entstehenden Bewegung der Arbeiterklasse propagieren, geraten die Arbeiter in Wirklichkeit bei allen Kämpfen in direkten Konflikt mit den wirtschaftsfreundlichen Vorständen, die die „Gewerkschaften“ führen.

Bei Unternehmen wie Volvo, Dana und Deere haben die Arbeiter begonnen, die Angelegenheit in die eigenen Hände zu nehmen und sich unabhängig von der UAW zu organisieren. Das John Deere Workers Rank-and-File Committee, das letzte Woche von Arbeitern gegründet wurde, um die Versuche der UAW zu durchkreuzen, ihnen einen weiteren Ausverkauf aufzuzwingen, veröffentlichte am Donnerstag eine weitere Erklärung. Darin fordert es volle Lohnfortzahlung aus der 800 Millionen Dollar schweren Streikkasse (statt der 275 Dollar pro Woche, die die Gewerkschaft zahlen will); ferner eine Ausweitung des Streiks auf Dana und ein Ende der Hinterzimmer-Gespräche zwischen UAW und Unternehmen.

Das Komitee formulierte außerdem einen Minimalkatalog für einen Vertrag, den die Deere-Arbeiter akzeptieren würden, darunter eine allgemeine Lohnerhöhung von 30 Prozent, die Abschaffung des Lohnstufensystems und vollständig finanzierte Renten sowie Gesundheitsversorgung. Bezeichnenderweise enthielt die Erklärung auch einen Appell um Unterstützung an die Arbeiter in Deere-Werken in anderen Ländern, die sich auf fast alle Kontinente erstrecken.

Die Aufgabe der Arbeiter bei Deere ist es jetzt, ihre Dynamik und die Offensive gegen das Unternehmen fortzusetzen, und der UAW nicht zu erlauben, ihren Kampf auszuhungern und zu isolieren. Dies erfordert den Aufbau von Streikkomitees in allen Deere-Werken und -Lagern, um sich mit den Dana-Arbeitern, Autoarbeitern und ihren Deere-Kollegen im Rest der Welt zu verbinden und die Grundlage für eine mächtige Bewegung der Arbeiterklasse zum Schutz ihrer Interessen zu schaffen.

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