John Deere Mannheim: Arbeiter unterstützen die streikenden Kollegen in den USA

Der Streik von über 10.000 Arbeitern des Landmaschinenherstellers John Deere in den Vereinigten Staaten stößt unter Kollegen und anderen Arbeitern auf der ganzen Welt auf Begeisterung.

Ein Reporterteam der World Socialist Web Site sprach am Dienstag mit Arbeitern des John-Deere-Standorts in Mannheim – Sitz der John-Deere-Bereichsleitung für Europa und der größten Traktorenfabrik Deutschlands mit rund 2800 Beschäftigten. Eine typische Reaktion lautete: „Natürlich unterstütze ich meine amerikanischen Kollegen in ihrem Arbeitskampf!“

Deere-Arbeiter in Mannheim solidarisieren sich mit streikenden Kollegen

Die IG Metall, Deutschlands größte und bestfinanzierte Gewerkschaft, hat die Arbeiter von John Deere in Deutschland und Europa nicht darüber informiert, dass ihre Kollegen in Iowa, Illinois, Kansas, Georgia und Colorado schon seit acht Tagen gegen Reallohnsenkungen, die Kürzung der Betriebsrenten und Verschlechterungen für Neueingestellte streiken. Die US-Arbeiter hatten zuvor mit über 90 Prozent der Stimmen einen Tarifvertrag abgelehnt, den die amerikanische Autogewerkschaft UAW ihnen aufs Auge drücken wollte und der diese Angriffe vorsah.

Da die Gewerkschaften keine internationale Unterstützung organisieren, haben sich Arbeiter zum Teil unabhängig im Internet über den Streik informiert und reagieren darauf mit großer Sympathie und Solidarität. Ein Arbeiter, der Bekannte bei John Deere in den USA hat, sagte der World Socialist Web Site: „Sie müssen für ihre Rechte einstehen und auf die Straße gehen! Sie haben Recht und sollen weitermachen damit.“

Die Probleme, vor denen die US-amerikanischen Kollegen inmitten der grassierenden Inflation stehen, können in den deutschen Montagewerken gut nachvollzogen werden. „Auch hier steigen ständig die Preise, zum Beispiel für Benzin oder Heizung“, sagt ein Arbeiter. Vom Lohn bleibe immer weniger übrig, während sich die Investoren und Aktionäre bereicherten.

Ein anderer Arbeiter, der auf einen aktuellen Bericht der Welthungerhilfe bezugnimmt, verweist auf die kriminellen sozialen Gegensätze, die im kapitalistischen „Agro-Business“ zum Ausdruck kommen: „Der Hunger nimmt zu, und das im 21. Jahrhundert – und die Kapitalisten scheffeln Milliarden! Es wird Zeit, dass die Arbeiter auf die Straße gehen.“

In der Tat hat John Deere im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2021 einen Nettogewinn von 1,224 Milliarden US-Dollar verzeichnet, was einer Verdopplung in nur einem Jahr während der Corona-Pandemie entspricht. Insgesamt rechnet das Unternehmen in diesem Jahr mit einem Rekordgewinn von fünf Milliarden, der offenbar unter anderem durch die US-amerikanischen Reallohnsenkungen abgesichert werden soll. Zu seinen Investoren gehören die Multimilliardäre Warren Buffet und Bill Gates, deren Vermögen im Zuge der Pandemie um über 20 Prozent angewachsen sind.

Um seine Profitmarge zu vergrößern und seine Besitzer noch reicher zu machen, erhöht der multinationale Konzern auf beiden Seiten des Atlantiks systematisch den Druck auf die Beschäftigten. Im Mannheimer Traktorenwerk sind von 3760 Arbeitsplätzen im Jahr 2011 in den letzten zehn Jahren rund tausend gestrichen worden. Dies geschah unter anderem mittels „Fremdfirmen“ und Leiharbeitern, die von heute auf morgen gekündigt werden können.

An den Toren, durch die durchschnittlich alle drei Minuten ein Traktor das Werk verlässt, drücken Etliche – wie Christian – ihre Solidarität direkt auf Englisch aus: „Hey Guys, keep on going, I’m with you!“

Viele lassen sich mit einem Poster fotografieren auf dem steht: „John Deere workers in Germany support the fight in the US“ [John Deere Arbeiter in Deutschland unterstützen den Kampf in den USA].

Yavus, der seit 30 Jahren bei John-Deere arbeitet, sagt: „Sie sollen unbedingt weiter durchhalten. Ohne internationalen Zusammenhalt können wir nichts erreichen.“

Ein weiterer Mannheimer John-Deere-Arbeiter sagt: „Ich habe euren Flyer von A bis Z durchgelesen, und es ist richtig, was darinsteht. Diese Kollegen haben voll und ganz Recht zu streiken, und sie haben meine Unterstützung.“

Das WSWS-Team hat mit den Arbeitern eine Erklärung diskutiert, die den Streik der Deere-Arbeiter in den Kontext der Pandemie und der Inflation einbettet und die Streikwelle in den USA als Markstein einer „neuen Etappe des globalen Klassenkampfs“ bezeichnet.

Der Streik in den USA ist der erste seit 35 Jahren. Auch in Deutschland hat die IG Metall die Deere-Arbeiter außer Warnstreiks noch nie zu einem richtigen Streik aufgerufen, um die Verhältnisse grundlegend zu ändern. Wie in den USA steht die Gewerkschaft in Wirklichkeit auf der anderen Seite der Barrikaden und vertritt nicht die Interessen ihrer Mitglieder, sondern des Unternehmens.

In den USA haben die Arbeiter deshalb das John Deere Rank-and-File Committee ins Leben gerufen, um ihre Kollegen unabhängig von der UAW zu informieren und zu organisieren.

Derartige Aktionskomitees müssen nun international in allen Deere-Werken aufgebaut werden, um international Unterstützung für den Streik in den USA zu mobilisieren. Arbeiter müssen die Angriffe des global agierenden Managements mit einer internationalen Gegenoffensive beantworten, die ihre Bedürfnisse, Löhne und Arbeitsplätze höher stellt als die Profitinteressen des Unternehmens.

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