Biden: USA werden Krieg gegen China führen, um Taiwan zu verteidigen

Am Donnerstag erklärte US-Präsident Biden bei einer Bürgerversammlung ganz offen, die USA seien bereit, zur Verteidigung Taiwans Krieg gegen China zu führen. Diese Erklärung ist ein weiterer Akt der Provokation, der die Grundlage der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China aushöhlt und die bereits akuten Spannungen zwischen den beiden Ländern verschärft.

Präsident Joe Biden bei einer Bürgerversammlung von CNN mit Moderator Anderson Cooper im Baltimore Center Stage Pearlstone Theater am Donnerstag den 21. Oktober 2021. (AP Photo/Evan Vucci)

Biden wurde aus dem Publikum gefragt, was er tun würde, um militärisch mit China mitzuhalten, und ob er schwören könne, Taiwan zu verteidigen. Seine Antwort lautete: „Ja und ja.“ Er wies die Behauptung zurück, China werde die USA militärisch übertreffen und erklärte: „Die Welt weiß, dass wir das stärkste Militär der Weltgeschichte haben.“

Der Moderator der Veranstaltung, Anderson Cooper, war sich offensichtlich bewusst, dass Bidens bedingungslose militärische Unterstützung für Taiwan einen fundamentalen politischen Kurswechsel der USA bedeutet und versuchte in folgendem Wortwechsel, die Äußerungen zu klären:

Cooper: Sie sagen also, die USA würden Taiwan zu Hilfe kommen, wenn –

Biden: Ja.

Cooper: – wenn es von China angegriffen wird?

Biden: Ja, wir sind dem verpflichtet.

Das Weiße Haus versuchte anschließend, die Äußerungen herunterzuspielen. In einer Erklärung hieß es, Biden habe keinen Kurswechsel angekündigt: „[Wir] werden Taiwans Selbstverteidigung weiterhin unterstützen und jede unilaterale Änderung des Status quo bekämpfen.“

Doch Bidens Worte waren nicht einfach ein Versprecher. Er war 12 Jahre lang der ranghöchste Demokrat im Senatsausschuss für Außenpolitik und ist sich daher der diplomatischen Auswirkungen und potenziellen Gefahren einer unmissverständlichen Erklärung zur militärischen Unterstützung Taiwans durchaus bewusst.

Der Aufbau diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und China im Jahr 1979, sieben Jahre nach Präsident Nixons Besuch in Peking 1972, basierte auf der so genannten Ein-China-Politik, laut der Washington Peking faktisch als legitime Regierung von ganz China einschließlich Taiwans anerkennt. Die USA brachen die diplomatischen Beziehungen mit Taipeh ab, beendeten das Militärbündnis und zogen alle Streitkräfte von der Insel ab.

Mehr als 40 Jahre lang war die Haltung der USA gegenüber Taiwan durch den Taiwan Relations Act geprägt, in dessen Rahmen Washington Defensivwaffen an Taipeh lieferte und gleichzeitig Peking vor jedem Versuch einer Invasion der Insel warnte. Doch unterließ es Washington, Taiwan militärische Unterstützung im Fall eines Kriegs mit China zuzusagen, was als „strategische Zweideutigkeit“ („strategic ambiguity“) bezeichnet wurde.

Die „strategische Zweideutigkeit“ sollte nicht nur Peking im Zaum halten, sondern Taipeh auch davon abhalten, sich formell von China unabhängig zu erklären – ein Schritt, der einen Krieg auslösen könnte. Bidens Äußerungen heben die „strategische Zweideutigkeit“ de facto zugunsten einer Politik der „strategischen Klarheit“ auf – zugunsten einer bedingungslosen Verpflichtung, wegen Taiwan Krieg gegen China zu führen.

Im Vorfeld seiner Erklärung von letzter Woche hatte sich Biden bereits häufiger ähnlich geäußert. So hatte er gleich nach seiner Amtsübernahme im Januar das „felsenfeste“ Eintreten seiner Regierung für Taiwan bekundet.

Laut einer vorläufigen sicherheitspolitischen Richtlinie (National Security Strategic Guidance), die Anfang März veröffentlicht wurde, würden die USA „Taiwan – eine führende Demokratie und ein wichtiger wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Partner – gemäß der seit Langem bestehenden US-Verpflichtungen unterstützen“. Die Bezeichnung Taiwans als „sicherheitspolitischer Partner“ ist ein eindeutiger Bruch mit früheren Übereinkünften der USA mit Peking, in denen Taiwan als Teil Chinas anerkannt wurde.

Im August, kurz nachdem seine Regierung den ersten Waffenverkauf an Taiwan bewilligt hatte und Biden wegen des Debakels in Afghanistan in der Kritik stand, erklärte er, die USA könnten alle ihre Verpflichtungen erfüllen. In einem Interview mit ABC News erklärte er: „Wir sind eine heilige Verpflichtung gegenüber Artikel 5 eingegangen, zu reagieren, wenn jemand unsere Nato-Verbündeten überfällt oder gegen sie aktiv wird. Das Gleiche gilt für Japan, Südkorea – und Taiwan.“

Das Weiße Haus versuchte zwar, auch diese Äußerungen herunterzuspielen, doch sie liefen eindeutig darauf hinaus, dass Taiwan die gleiche militärische Unterstützung im Kampf erhalten würde wie formelle militärische Verbündete der USA wie die Nato, Japan und Südkorea.

China reagierte erbost auf Bidens jüngste Äußerungen. Der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun wies die Vorwürfe „chinesischer Aggression“ gegen Taiwan zurück und erklärte: „Wir sind nicht die Unruhestifter. Vielmehr haben sich einige Länder, vor allem die USA, auf einen gefährlichen Kurs begeben, der die Lage in der Taiwanstraße in eine gefährliche Richtung lenkt. Es ist definitiv in niemandes Interesse, Taiwan in einen Krieg zu ziehen.“

Taiwan ist in der Konfrontation zwischen den USA und China rasch in den Fokus gerückt und hat andere gefährliche Krisenherde wie die koreanische Halbinsel und das Südchinesische Meer verdrängt. Die Biden-Regierung hat sich über die etablierten diplomatischen Protokolle hinweggesetzt und stärkere Beziehungen zu Taiwan aufgebaut, bei provokanten Operationen für die „Freiheit der Seefahrt“ US-Kriegsschiffe durch die enge Taiwanstraße geschickt und bei ihren Provokationen gegen China die Unterstützung von Verbündeten wie Großbritannien mobilisiert.

Bidens jüngste Äußerungen erfolgten vor dem Hintergrund einer Debatte in strategischen und militärischen Kreisen, die Politik der „strategischen Zweideutigkeit“ aufzugeben.

Trumps ehemaliger nationaler Sicherheitsberater, der Kriegstreiber John Bolton, ging am Mittwoch in einer Kolumne im Wall Street Journal sogar noch weiter. Er erklärte, die Biden-Regierung müsse Taiwan nicht nur unmissverständlich in einem Krieg gegen China unterstützen, sondern sollte Taiwan auch als „souveränes, sich selbst regierendes Land“ unterstützen und formelle diplomatische Beziehungen etablieren. Er forderte, Taiwan in Washingtons System von formellen und informellen Militärbündnissen in der Region aufzunehmen, etwa durch ein Ostasien-Quad (aus Taiwan, Japan, Südkorea und den USA) als Ergänzung zum bestehenden Quad-Bündnis aus Japan, Indien, Australien und den USA.

Bolton ist sich durchaus bewusst, dass der Schritt, Taiwan entweder formell oder informell zu einem Verbündeten der USA gegen China zu machen, die Gefahr eines Kriegs deutlich vergrößern würde. Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und hat gewarnt, jeder Schritt zur formellen Unabhängigkeit würde mit Gewalt beantwortet. Bidens Kurs, ganz zu schweigen von Boltons Plänen, ermutigt die amtierende, für Unabhängigkeit eintretende Demokratische Fortschrittspartei in Taipeh nur dazu, genau das zu tun und die Region in die Krise zu stürzen.

Die Aussicht auf einen Krieg zwischen China und den USA löst in internationalen Kreisen spürbare Sorge aus. Die Financial Times veröffentlichte beispielsweise am Freitag einen besorgten Leitartikel mit dem Titel „Wie lässt sich das nächste atomare Wettrüsten vermeiden?“. Vor weniger als zwei Wochen hatte sie bereits in einem Artikel geschrieben: „Die akuten Gefahren eines Konflikts um Taiwan“.

Der Leitartikel wies darauf hin, dass Chinas Test einer hochmodernen atomwaffenfähigen Überschallrakete im Juli im US-Militär einen Schock ausgelöst habe. Die FT verglich das Ereignis mit der Kubakrise von 1962, die die Welt an den Rand eines Atomkriegs gebracht hatte und richtete einen zahnlosen Appell an Washington, von einem atomaren Wettrüsten mit Peking abzurücken und sich „hinzusetzen und über Waffen zu reden, die den Planeten zerstören könnten“.

Doch statt sich zurückzuziehen, verschärft die Biden-Regierung rücksichtslos die Konfrontation mit China, die vor zehn Jahren unter der Obama-Regierung begann und in der Biden als Vizepräsident diente. Bidens Maßnahmen in Bezug auf Taiwan zielen darauf ab, China dazu zu provozieren, den ersten Schritt zur Auslösung eines Konflikts zu machen.

Für den Kriegskurs der USA gibt es zwei miteinander verbundene Faktoren: den historischen Niedergang des amerikanischen Imperialismus und die Furcht in den herrschenden Kreisen der USA, China könnte zu einer Gefahr für seine globale Hegemonie werden. Dazu kommt die zusehends ausufernde wirtschaftliche, soziale und politische Krise in den USA, die die Arbeiterklasse in den Kampf treibt. Biden setzt die bösartige antichinesische Propaganda Trumps mit dem gleichen politischen Ziel fort: die immensen sozialen Spannungen nach außen gegen einen „fremden Feind“ umzulenken. Das logische Ergebnis, auf das dieses Vorhaben zuläuft, ist ein Krieg.

Das Wiederaufleben des Klassenkampfs in den USA – dem Zentrum des Weltimperialismus – verdeutlicht gleichzeitig, wie sich die Gefahr eines katastrophalen Atomkriegs aus der Welt schaffen ließe. Arbeiter in den USA, China, Taiwan und der ganzen Welt sind mit dem gleichen Klassenfeind konfrontiert: den herrschenden Klassen und dem kapitalistischen System, das nicht nur in der Corona-Pandemie, sondern auch im Krieg Profiten Vorrang vor Menschenleben gibt. Die einzige Möglichkeit, den Kriegskurs zu beenden, ist ein vereinter Kampf der internationalen Arbeiterklasse mit einem sozialistischen Programm zur Abschaffung des Profitsystems und der Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten.

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