Neuer Alarm wegen Omikron: Deutlich geringerer Schutz auch bei doppelt Geimpften

Der Pharmakonzern Pfizer/BioNTech erklärte am Mittwoch in einer mit Spannung erwarteten Presseerklärung, dass die Antikörper von frisch mit zwei Dosen des Pfizer-Impfstoffs geimpften Personen in Vorstudien eine deutlich reduzierte Wirksamkeit gezeigt hätten. Vollständig Geimpfte weisen offenbar gegen die Omikron-Variante nicht die gleiche Menge an Antikörpern zur Prävention von Durchbruchsinfektionen (so genannten Neutralisierungstitern) auf wie gegen frühere Varianten.

Die Impfstoffhersteller schrieben: „Seren von Personen, die zwei Dosen des aktuellen Covid-19-Impfstoffes erhalten haben, zeigten im Durchschnitt einen mehr als 25-fachen Rückgang der Neutralisierungstiter gegen die Omikron-Variante im Vergleich zum Wildtypus [d.h. dem ursprünglichen Corona-Virus]. Das deutet darauf hin, dass zwei Dosen von BNT162b2 keinen ausreichenden Schutz vor einer Infektion mit der Omikron-Variante bieten.“

Blick in ein Labor des Network for Genomic Surveillance, das die Omikron-Variante entdeckt hat. Elandsdoorn (Südafrika), 8. Dezember 2021 (AP Photo/Jerome Delay)

In der Presseerklärung heißt es weiter, die dritte Dosis, auch bekannt als Booster-Impfung, scheine die Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante enorm zu steigern: „Eine dritte Dosis könnte einen robusteren Schutz liefern. Daten von zusätzlichen Studien der Unternehmen deuten darauf hin, dass ein Booster mit dem aktuellen Impfstoff von Pfizer und BioNTech die Antikörpertiter um das 25-fache erhöht.“

Weiter erklärten sie, die T-Zellen-Immunität scheine von den Mutationen der Omikron-Variante nicht beeinträchtigt zu sein. Das bedeutet, dass die Impfstoffe Menschen möglicherweise auch dann noch vor schweren Krankheitsverläufen schützen, wenn das Risiko von Durchbruchsinfektionen beträchtlich ist.

Diese Äußerungen laufen darauf hinaus, dass in einer von Omikron dominierten Pandemie eine vollständige Impfung drei Dosen erfordert. Dies wiederum würde bedeuten, dass die 3,33 Milliarden Menschen (42,6 Prozent der Weltbevölkerung), die bisher nur zwei Dosen eines Covid-19-Impfstoffes erhalten haben, nur teilweise geimpft sind. Derzeit haben nur 217 Millionen bzw. knapp drei Prozent der Weltbevölkerung eine Boosterimpfung erhalten und können daher als vollständig geimpft gelten. Hypothetisch hätte eine solche Unterscheidung immense Auswirkungen auf die Bewegungsfreiheit der Menschen, den Luftverkehr und, spezifischer gesagt, die Kriterien für die Rückkehr in Arbeit und Schule.

Laut einer neuen Studie von südafrikanischen Wissenschaftlern, die als Nachdruck veröffentlicht wurde, verursacht die Omikron-Variante einen 41-fachen Rückgang der Neutralisierungstiter bei zweifach mit Pfizer Geimpften im Vergleich zur D614G-Variante, die im chinesischen Wuhan entdeckt wurde.

Der Virologe Dr. Alex Sigal, Leiter des Forscherteams, das die Omikron-Variante identifiziert hat, bestätigte die Daten von Pfizer und erklärte, die Variante könne dem Impfschutz noch nicht vollständig ausweichen. Das bedeutet, bisher Infizierte oder Geimpfte könnten immer noch auf eine Infektion mit der neuen Variante reagieren. Allerdings empfiehl auch er Impfung und Booster zum Schutz vor einer schweren Erkrankung.

Ein Bericht der deutschen Virologin Dr. Sandra Ciesek von der Uniklinik Frankfurt analysierte das Serum von Personen, die drei Dosen des Pfizer-Impfstoffes erhalten hatten, und verglich die Auswirkungen der Delta- und der Omikron-Variante. Dabei stellte sie fest, dass die Neutralisierung in der Omikron-Gruppe um das 37-fache niedriger lag, was ein deutlich schlechteres Ergebnis als beim Test von Pfizer bedeutet.

Neutralisierung der Omikron-Variante im Vergleich zum ursprünglichen Virus bei zuvor mit dem Pfizer-Impfstoff geimpften Personen.

Als sie die Seren von Personen untersuchte, die sechs Monate zuvor nur zwei Dosen von Pfizer, Moderna oder eine Mischung mit AstraZeneca erhalten hatten, gab es überhaupt keine messbare Neutralisierung. Mit anderen Worten, die älteren Impfstoffe sind gegen Omikron völlig wirkungslos geworden.

Die Epidemiologin und Biostatistikerin Dr. Zoe Hyde aus Perth (Westaustralien) reagierte auf Dr. Cieseks Tweet mit den Worten: „Ich werde nichts beschönigen. Das ist eine Katastrophe. Wer mit zwei Dosen des Pfizer-BionTech-Impfstoffes geimpft ist, hat vermutlich keinen Schutz gegen eine Infektion mit der Omikron-Variante. Der Schutz nach drei Dosen ist vermutlich auch stark eingeschränkt.“

Dem Immunologen Dr. Anthony Leonardi zufolge bedeuten die Durchbruchsinfektionen, dass die Impfstoffe kaum eine Kontrolle über die Übertragung von Omikron haben. Er schrieb: „Gefährdete Personen, die nicht gut auf Impfungen reagieren, könnten selbst dann von jemand anderem infiziert werden, wenn alle Beteiligten geimpft wären.“ Genau darauf laufen die aktuellen Empfehlungen von Dr. Anthony Fauci und der US-Seuchenschutzbehörde CDC hinaus, die bei Geimpften keinen Anlass sehen, weiter zur Maskenpflicht zu raten.

Kaum einen Monat nach Beginn der Omikron-Pandemie berichtete die Financial Times am Dienstag, dass „ein Ableger [mit der Bezeichnung BA.2] der Omikron-Variante des Coronavirus schwerer durch regelmäßige PCR-Tests von anderen Varianten unterscheidbar sein könnte. Das macht es noch schwerer, die globale Ausbreitung des stark mutierten Virus zu verfolgen.“

Dr. Sarah Otto, Professorin für evolutionäre Biologie an der University of British Columbia, erklärte, der „Aussetzer des S-Gens“ (der Forschern und Vertretern des Gesundheitswesens in den ersten Tagen geholfen hat, die Omikron-Variante zu verfolgen und ihre stärkere Ausbreitung als Delta zu verifizieren) sei in dem Ableger BA.2 nicht vorhanden. Ohne Sequenzierung werde es daher schwerer, Omikron-Fälle statt Delta oder anderen Varianten zu verfolgen.

Sie versichern zwar, dass diese neuen Subtypen keinen unmittelbaren Anlass zur Sorge geben, stellen aber nicht die unmittelbar wichtige Frage, welche Merkmale die nächste Variante des Sars-CoV-2-Virus nach Omikron besitzen, und wo sie auftauchen wird.

Dr. Leonardi bezeichnete es angesichts der beispiellosen Ausbreitung von Omikron und Delta in den USA als höchstwichtig, weiterhin auf Luftqualität, Belüftung und Atemgeräte zu setzen.

Der Präsident und Vorstandschef von Pfizer, Albert Bourla, erklärte in der CNBC-Sendung „Squawk Box“ zu den jüngsten beunruhigenden Erkenntnissen: „Die Daten aus der echten Welt werden darüber entscheiden, ob die dritte Dosis vor Omikron schützt, und wie lange. Zweitens glaube ich, dass wir eine vierte Dosis brauchen werden (...) Mit Omikron werden wir abwarten müssen, weil wir sehr wenige Informationen haben. Wir brauchen sie möglicherweise schon früher.“ Damit meint er seine Prognose, dass ein Jahr nach den Boostern eine vierte Dosis notwendig sein werde.

Wöchentliche Hospitalisierungszahlen in Gauteng (Südafrika)

Trotz dieser alarmierenden Berichte behaupten viele Fachmediziner und Medienexperten, Omikron verursache nur milde Verläufe, und sie sprechen sich dafür aus, die weltweite Ausbreitung der neuen Variante unabhängig vom Impfstatus zu erlauben. Angeblich könne ein so schreckliches Manöver das Ende der Pandemie beschleunigen.

Dr. Ashish Jha, der Dekan für das Gesundheitswesen an der Brown University und ein lautstarker Kritiker der Behauptung, Kinder seien nicht von Covid-19 betroffen, twitterte: „Erstens haben wir ausreichend Beweise, dass sich Omikron leicht, schnell und weit ausbreitet. Wir sollten global relativ große Infektionswellen erwarten. Wie wird sich das auf die Bevölkerung auswirken? Das hängt von der Gruppe ab.“ Er fragt, wie es sich auf die Menschen in der ersten Gruppe auswirken werde (die Ungeimpften und vor längerer Zeit Infizierten), und erklärt: „Wahrscheinlich werden sich sehr, sehr viele von ihnen mit Omikron infizieren. Viele von ihnen werden erkranken. Ich hoffe, dass ihr Krankheitsverlauf milde sein wird, bezweifle es aber.“ Zu dieser Gruppe kommen die 4,45 Milliarden Menschen, die immer noch auf Zugang zu diesen lebensrettenden Maßnahmen warten.

Bei einem Auftritt in der Sendung „Good Morning America“ gab Dr. Jha in seiner üblichen leichtfertigen Haltung den unklugen Rat: „Omikron wird in den USA vermutlich bis Januar die dominante Variante werden. Derzeit sind es nur wenige Fälle. Für die meisten Amerikaner ist es meiner Meinung nach sehr sicher, zu verreisen, wenn sie vollständig geimpft sind, vor allem aber wenn sie auch geboostert sind.“ Dies sagte er in einer Situation, in der sich im Sieben-Tages-Durchschnitt mehr als 120.000 Menschen pro Tag infizieren und 1.300 täglich (!) sterben. Die Zahl der Hospitalisierungen durch Covi-19 ist wieder auf 62.500 pro Tag angestiegen.

Was die Schwere der Verläufe mit der Omikron-Variante angeht, so hat sich die Zahl der Hospitalisierungen in der südafrikanischen Provinz Gauteng zuletzt alle fünf Tage verdoppelt. Heute liegt sie schon bei 31 Prozent des früheren Spitzenwertes. Diese Entwicklung widerlegt die Behauptungen, die Variante sei weniger gefährlich als Delta. Professor Ridhwaan Suliman von der Universität Cambridge erklärte, die Zahl der Hospitalisierungen liege drei Wochen hinter dem Anstieg der Fallzahlen zurück. Durch Verzögerungen bei der Meldung von neuen Fällen müsse man außerdem eine Woche warten, bevor man die tatsächlichen Hospitalisierungen der Vorwoche beziffern könne.

Die Ausbreitung von Omikron aktiv zu propagieren, ist noch um vieles perfider als Trumps bösartige Nachlässigkeit: Es ist ein sozialer Mord von beispiellosem Ausmaß! Statt die Pandemie zu beenden, wird die Ausbreitung der Infektionen nur zur Entstehung weiterer Varianten führen, die sich wiederholt durch ihre Fähigkeit auszeichnen werden, die Immunität zu umgehen. Impfstoffhersteller beginnen jetzt, Omikron im Hinblick darauf sorgfältig zu untersuchen, dass eine „Fluchtvariante“ entsteht – d.h. eine neue Variante, die die Immunität der derzeitigen Impfstoffe und früherer Infektionen vollständig umgehen kann.

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