Die Ukraine wird zum Sammelpunkt für Neonazis und Legionäre aus der ganzen Welt. Sie erhalten dort die Möglichkeit, unter realen Kriegsbedingungen zu kämpfen, zu töten und Erfahrungen zu sammeln.
Die hemmungslose Soldateska, die so herangezogen wird, verschärft und verlängert den Krieg in der Ukraine. Und sie ist eine Gefahr für die Arbeiterklasse in den Herkunftsländern. Die faschistischen Stoßtrupps Mussolinis, die nach dem Ersten Weltkrieg italienische Arbeiter terrorisierten, die deutschen Freikorps, die die Sozialisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie die bürgerlichen Politiker Walther Rathenau und Matthias Erzberger ermordeten, und Hitlers SA rekrutierten sich aus solchen verrohten Frontkämpfern.
Die Ukraine ist nicht erst mit Kriegsbeginn zum Wallfahrtsort für militante Neonazis geworden. Die rechtsextremen Milizen, die 2014 beim Sturz von Präsident Janukowitsch eine zentrale Rolle spielten und anschließend den Krieg im Donbas in Gang hielten, sind international bestens vernetzt. Sie unterhalten Beziehungen zu militanten Neonazi-Gruppen auf der ganzen Welt.
Laut einer Reportage des amerikanische Time-Magazins vom Januar letzten Jahres sind in den letzten sechs Jahren „mehr als 17.000 ausländische Kämpfer aus 50 Ländern in die Ukraine gekommen“. Die WSWS hat darüber berichtet.
Insbesondere das Asow-Regiment, das von dem bekennenden Neonazi und Antisemiten Andriy Biletsky gegründet wurde, spielte bei der Anwerbung und Ausbildung rechtsextremer Freischärler eine zentrale Rolle. Da das Regiment im Herbst 2014 in die Nationalgarde eingegliedert und im Kampf gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine eingesetzt wurde, hatte es Zugang zu modernsten Waffen, die von den USA und anderen Nato-Mitgliedern zur Verfügung gestellt wurden.
Seit Beginn des Kriegs ist die Anwerbung von Legionären offizielle Regierungspolitik. Ende Februar gab Präsident Wolodymyr Selenskyj die Gründung einer „Internationalen Legion“ bekannt. „Wenn Sie Kampferfahrung haben, können Sie zu uns kommen und mit uns Europa verteidigen,“ verkündete er.
Seither wirbt die ukrainische Regierung in sozialen Medien und auf speziellen Websites intensiv um Freiwillige, möglichst mit militärischer Ausbildung und Kampferfahrung. Sie gibt detaillierte Anweisungen, wie man sich dem „Kampf gegen den Aggressor“ anschließen kann, und verweist auf die ukrainischen Botschaften, die Erfahrung und Eignung klären und bei der Reise helfen würden.
Ein offizielles Werbevideo macht deutlich, an wen sich der Aufruf richtet. In einer Mischung aus rechtem Heldenkult und vulgärer Russenhetze appelliert es an die niedrigsten Instinkte.
Das Video beginnt mit den Worten: „Dies ist ein offener Aufruf an alle Helden der freien Welt.“ Dann heißt es, untermalt mit Bildern von Kampfszenen und schwerem Kriegsgerät, über den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Er plante den ‚Blitzkrieg‘ und bekam den ‚Blitz-Fick‘, als seine vielen Bastarde, die sich ‚Russische Armee‘ nennen, auf die Ukrainer trafen, die mit Stingers, Javelins, Bayraktars und dem kompromisslosen Willen, die Freiheit zu schützen, bewaffnet waren.“
Obwohl die Rekrutierung nun über offizielle Regierungskanäle läuft, spielen Rechtsextreme dabei weiterhin eine zentrale Rolle. Laut einer Recherche der Zeit, deren Reporter sich als Interessent ausgab, sind „die Grenzen zwischen der offiziellen internationalen Legion des Staates und dem rechtsextremen Freiwilligenregiment“ scheinbar fließend.
So sei das Hauptquartier von Asow in Kiew laut Auskunft einer Rekrutiererin nicht nur für das rechtsextreme Regiment, sondern auch für Freiwillige der internationalen Legion des ukrainischen Militärs „der offizielle Platz für die Sammlung und das Training“.
Olena Semjanka, die bekannteste Führungsfigur des politischen Flügels von Asow, die sich auch schon mit Hakenkreuzfahne ablichten ließ, teilte der Zeit auf Anfrage mit, sie sei nun Assistentin eines Abgeordneten der Regierungspartei von Präsident Selenskyi und unterstütze diesen beim Aufbau der internationalen Legion.
„Eine Rechtsextremistin, die ausländische Kämpfer auch für die offizielle internationale Legion der Ukraine rekrutiert – kann das stimmen?“, fragt die Zeit. Offenbar ja.
Georgische und tschetschenische Legion
Auch die Georgische Legion und das Dschochar-Dudajew-Bataillon, die sich aus Veteranen der Georgien- und Tschetschenienkriege rekrutieren, dienen als Anlaufstelle für internationale Legionäre. Beide waren 2014 gebildet worden, um den Kampf gegen die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine zu führen, weil die ukrainische Armee nach dem rechten Putsch in Kiew weitgehend zusammengebrochen war.
Obwohl die neue Regierung die vom gestürzten Präsidenten Janukowitsch ausgesetzte Wehrpflicht wieder einführte, waren die meisten Soldaten nicht bereit, auf ihre Mitbürger in den abtrünnigen Regionen zu schießen. Hunderttausende entzogen sich der Einberufung, indem sie untertauchten oder in Nachbarländer flohen. Die Regierung führte systematisch Razzien durch, um ihrer habhaft zu werden. Im Februar 2016 meldete das ukrainische Verteidigungsministerium, es seien 26.800 Verfahren wegen Militärdienstentziehung eröffnet worden.
Unter diesen Umständen spielten die vehement antirussischen, für ihre Brutalität berüchtigten georgischen und tschetschenischen Legionäre eine entscheidende Rolle, um den Krieg in der Ostukraine fortzusetzen. Das Minsker Abkommen, das einen Waffenstillstand und eine Autonomieregelung für die Ostukraine vorsah, war von der Kiewer Regierung lediglich unterzeichnet worden, um Zeit zu gewinnen.
Die Georgische Legion, die vom ehemaligen georgischen Offizier Mamuka Mamulaschwili kommandiert wird, ist stolz darauf, nur kampferprobte Profis anzuwerben. Neben Georgiern finden sich in ihren Reihen auch zahlreiche Freischärler aus westlichen Ländern und Ukrainer, die in Tschetschenien und Georgien freiwillig gegen Russland kämpften. Ein Bericht, der am 13. Februar in der kanadischen Zeitung Globe and Mail erschien, zeichnet ein Bild des Charakters und der Gesinnung dieser Söldner.
Igor Mazur, „ein ukrainischer Ultranationalist, hat seit seinem 18. Lebensjahr in Kriegen überall in der ehemaligen UdSSR gekämpft“. 1992 ging er nach Transnistrien, wo er sich der ultrarechten Miliz Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNSO) anschloss. Als UNSO-Mitglied kämpfte er in Abchasien und im ersten Tschetschenienkrieg gegen Russland und unterstützte die pro-westlichen Umstürze von 2004 und 2014 in der Ukraine. Anschließend kämpfte er in den Reihen der ukrainischen Armee gegen russische Streitkräfte in Mariupol. Nun hat sich der 48-Jährige einer Reserveeinheit angeschlossen und wartet darauf, wieder in den Krieg zu ziehen.
Die Zusammenarbeit zwischen der ukrainischen Regierung und diesen ultrarechten Milizen funktioniert auch deshalb so gut, weil viele Regierungsmitglieder ihre rechtsextremen Auffassungen teilen. So ist Andrij Melnyk, der ukrainische Vertreter in Deutschland seit 2014, über dessen Botschaft die Rekrutierung der Legionäre läuft, ein Anhänger des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera, dessen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) für die Ermordung zehntausender Juden und Polen verantwortlich ist.
Melnyk ist berüchtigt für seine undiplomatischen Angriffe auf die deutsche Regierung, der er mangelnde politische und militärische Unterstützung vorwirft. Erst gestern sagte er der Welt, wenn es um das Überleben der ukrainischen Nation gehe, „dann ist es mir scheißegal, welche Wortwahl ich verwende“. Die Entscheidung der Bundesregierung, weiterhin Gas und Öl aus Russland zu beziehen, sei „ein Messer in den Rücken der Ukraine“. Bundeskanzler Olaf Scholz fehle es an Entschlossenheit im Freiheitskampf.
Melnyks rüpelhaftes Benehmen und seine rechtsextremen Ansichten hinderten die Abgeordneten des Bundestags nicht daran, ihn mit stehenden Ovationen zu feiern, als er auf der Zuschauertribüne des Parlaments verfolgte, wie sie Waffenlieferungen an die Ukraine und die größte Aufrüstung seit Hitler beschlossen.
Unterstützung durch Nato
Die meisten Regierungen der Nato unterstützen ihre Bürger oder ermutigen sie, sich dem Kampf in der Ukraine anzuschließen, obwohl dies in vielen Staaten verboten ist.
Die britische Außenministerin Liz Truss erklärte, Menschen aus Großbritannien, die in der Ukraine kämpfen wollten, hätten ihre „absolute“ Unterstützung. Das lettische Parlament sprach sich einstimmig dafür aus, dass ihre Bürger am Krieg teilnehmen können. Die dänische Regierung erklärte, es sei nicht illegal, wenn Einzelpersonen sich für den Krieg entscheiden. Die kanadische Regierung verkündete, jeder Bürger könne selbst entscheiden, ob er in der Ukraine kämpfen wolle oder nicht.
Die deutschen Innen-, Justiz- und Außenministerien erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass sich Deutsche, die offiziell der ukrainischen Armee beitreten, nicht strafbar machen, solange sie nicht gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Bundesregierung wolle ihre Bürger auch grundsätzlich nicht daran hindern, zum Kämpfen in die Ukraine zu fahren. Dies, obwohl das Anwerben eines Deutschen zum Wehrdienst zugunsten einer ausländischen Macht laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird und allein der Versuch strafbar ist.
Mittlerweile haben sich zahlreiche Legionäre aus der ganzen Welt in Richtung Ukraine aufgemacht. Laut Außenminister Dmytro Kuleba haben sich bis zum 6. März 20.000 Freiwillige aus 52 Ländern gemeldet. Eine größere Zahl von ihnen stammt aus Georgien und Weißrussland, aber auch aus den USA, Kanada und Großbritannien sollen viele auf dem Weg sein. Nach Angaben der ukrainischen Botschaft in Washington haben in den USA bis zu 3.000 Freiwillige auf Selenskyis Aufruf reagiert.
In den internationalen Medien sind zahlreiche Berichte über Freiwillige erschienen, die deutlich machen, dass sich darunter auch zahlreiche Rechtsextreme befinden.
So berichtet die Frankfurter Allgemeine, die sich unter Freiwilligen und in einschlägigen Chatgruppen umgehört hat: „Wer unter den Freiwilligen auch Extremisten erwartet, liegt nicht falsch. Auf Telegram erkundigt sich ein Mann, wie er kämpfen könne. Sein Profilbild zeigt den Spruch ‚Treue und Ehre‘, dahinter steht die ‚Schwarze Sonne‘, ein bekanntes Runenzeichen der Neonaziszene.“
Und an einer anderen Stelle des Artikels vom 7. März heißt es: „In den Telegram-Gruppen wird nicht beschönigt, was der Einsatz bedeutet. Kämpfer posten Nahaufnahmen der Gesichter toter Russen, blutverschmiert, mit halb offenen Mündern.“
BuzzFeedNews schreibt: „Die westlichen Ausländer, die in die Ukraine gekommen sind, sind ein bunter Haufen.“ Es gebe Idealisten, Abenteurer und „dann gibt es die Extremisten, die eine Möglichkeit gesehen haben, sich mit rechtsextremen paramilitärischen Gruppen zu verbinden, die in der Ukraine kämpfen“.
Britische Zeitungen melden, dass sich Veteranen mit Afghanistan- und Irakkriegserfahrung aufmachen. Der Mirror berichtet über ein „schlagkräftiges Team von SAS-Veteranen“, das sich auf dem Weg in die Ukraine befindet und „von einem nicht bekannten Land in Europa über eine private Militärfirma finanziert wird“. Der Zeitung zufolge „befinden sich unter ihnen gut ausgebildete Scharfschützen und Experten für den Einsatz von Flugabwehr- und Panzerabwehrraketen“. Die Times schreibt: „Mehr als 150 ehemalige Fallschirmjäger, die in Afghanistan gedient haben, sind auf dem Weg, um an der Frontlinie mit der Ukraine gegen Russland zu kämpfen.“