Biden-Regierung diskutiert, wieviele Tote akzeptabel sind, um die Pandemie für beendet zu erklären

Die Nachrichtenseite Politico veröffentlichte am Montag einen Bericht, der einen Einblick in die skrupellosen und zynischen Versuche der Biden-Regierung bot, die amerikanische Bevölkerung davon zu überzeugen, dass die Corona-Pandemie offiziell vorbei sei. Laut drei Quellen der Zeitung haben Bidens Berater intern darüber diskutiert, was eine „allgemeine Kennzahl“ für tägliche Todesfälle wäre, die für die Öffentlichkeit akzeptabel sei und es ermöglichen würde, die Pandemie für beendet zu erklären.

Derartige Diskussionen finden unter einem Präsidenten statt, der letzten Sommer erklärt hatte, Amerika sei in ein Zeitalter der „Freiheit“ von Covid-19 eingetreten. Anschließend folgte ein massiver Anstieg der Infektionen und Todesfälle, der die Bevölkerung erschütterte und das Gesundheitssystem erneut an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Impfungen wurden als das entscheidende Mittel dargestellt, um das Land aus der Corona-Pandemie zu holen. Sie waren zwar wirksam, brachten aber nur eine begrenzte Erleichterung der Lage.

Medizinisches Personal in Corona-Schutzausrüstung transportiert einen Patienten vor dem Massachusetts General Hospital in Boston am 20. April 2020 (AP Photo/Steven Senne) [AP Photo/Steven Senne]

Weil es sich dabei um ein brisantes Thema handelt und die Veröffentlichung dieser Berechnungen hohes Konfliktpotenzial birgt, äußerten sich die drei Personen gegenüber Politico anonym. Laut Politico „beinhalteten die Diskussionen, die in der gesamten Regierung stattfanden und deren Ergebnisse bisher nicht veröffentlicht wurden, ein Szenario, bei dem täglich 200 oder weniger Amerikaner sterben. Diese Zahl wurde bereits in den Raum gestellt, bevor Regierungsvertreter sich dagegen entschieden, sie in die Pandemieplanung einzubeziehen.“

Politico berichtet: „Die Diskussionen waren zumindest ein erster Versuch, den Rahmen für eine Welt nach Covid zu schaffen. Laut einer der drei Personen, die an den Unterhaltungen im letzten Jahr beteiligt waren, handelte es sich um den Versuch, abzuschätzen, was die amerikanische Öffentlichkeit ,tolerieren‘ würde. Die Person erklärte: ,500 Tote pro Tag sind zu viel. Da hat man in einer Woche noch immer so viele Tote wie durch die Anschläge vom 11. September. Die Leute würden allgemein 100 [pro Tag] oder weniger in Ordnung finden, oder vielleicht 200.‘“

Was steckt hinter diesen Diskussionen?

Diese kaltblütigen Berechnungen zeigen, wie Vertreter des Weißen Hauses – die angeblich geschworen haben, die Bevölkerung zu schützen und zu verteidigen – wie Versicherungsvorstände ihre Einnahmen und Ausgaben abwägen. Der beiläufige Charakter dieser Diskussionen macht deutlich, dass solche barbarischen Berechnungen in den höchsten Kreisen der Biden-Regierung zum Alltag gehören.

Und während mit Zehn- oder Hunderttausenden Corona-Toten kalkuliert wird, würde ein offener Krieg gegen die Atommächte Russland oder China Millionen oder Milliarden Opfer fordern.

Die Diskussionen des Weißen Hauses erinnern an eine Szene aus Stanley Kubricks Satirefilm Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben. Dort spricht sich General „Buck“ Turgidson, gespielt von George C. Scott, für einen atomaren Präventivschlag gegen die Sowjetunion aus und erklärt dem Präsidenten: „Ich sage ja nicht, dass wir keine Federn lassen werden. Aber wir werden nicht mehr als 10 oder höchstens 20 Millionen Tote haben. Hängt davon ab, wie schnell die Bomben kommen.“

Offensichtlich versucht die Biden-Regierung, sich von der Corona-Pandemie zu befreien, indem sie sie als gewöhnliches saisonales Virus darstellt und davon ablenkt, dass Covid-19 weiterhin eine große Bedrohung ist, mit derzeit täglich fast 110.000 Infektionen und mehr als 300 Toten. 

Im Verlauf der Pandemie ist die Zahl der Toten in den USA nie auf unter 200 pro Tag gesunken. Selbst die niedrigste bisher verzeichnete tägliche Zahl an Todesfällen entspräche 100.000 Todesfällen pro Jahr. Sogar 200 Tote pro Tag würden mehr als 73.000 Corona-Tote pro Jahr bedeuten, 12.000 Tote mehr als während der schlimmsten Grippesaison der letzten zehn Jahre von 2016 bis 2017. Während der Omikron-Welle waren 40 Prozent der 170.000 Todesopfer geimpft.

Man muss sich die Frage stellen, wie diese Lakaien, die versuchen herauszufinden, was ein akzeptabler Schwellenwert ist, um Covid für beendet zu erklären, ihre Berechnungen mit der schrecklichen Prognose des Weißen Hauses in Einklang bringen können, dass es diesen Herbst und Winter zu 100 Millionen Infektionen kommen könnte, darunter eine beträchtliche Zahl an Toten unter den Alten und den am stärksten gefährdeten Gruppen.

Für Kinder, die weiterhin die Gruppe mit der niedrigsten Impfquote sind, ist Sars-CoV-2 viel tödlicher als die Grippe. An Letzterer sind in den letzten zwei Jahren nur wenige Kinder gestorben, an Covid-19 jedoch mehr als 1.500. Selbst Dr. Ashish Jha, ein überzeugter Befürworter der Schulöffnungen, hat vor kurzem zugegeben, dass Covid-19 „für Kinder weitaus gefährlicher ist als die Grippe“.

Allerdings haben nur wenige erwähnt, dass die begrenzten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in den letzten zwei Jahren die Grippe nahezu eliminiert haben. Doch ohne Anstrengungen zum Aufbau der nötigen Infrastruktur wie Lüftungs- und Luftfilteranlagen in öffentlichen Räumen und einer Maskenpflicht zur Verringerung von Atemwegserkrankungen wird die Bevölkerung zahlreichen Pathogenen ausgesetzt sein, darunter einem Coronavirus, das zunehmend die Immunabwehr umgeht. 

In gewisser Weise hat die Corona-Pandemie den beklagenswerten Zustand der gesamten Infrastruktur des öffentlichen Gesundheitswesens gezeigt, die Menschen jahrelang der Gefahr unnötiger Erkrankungen ausgesetzt hat – ganz zu schweigen von den Auswirkungen der schlechten Luftqualität und hoher CO2-Werte auf Schüler und deren Atemwege.

Von größerer Dringlichkeit sind für die Biden-Regierung und den gesamten bürgerlichen politischen Apparat die zunehmende Wirtschaftskrise, die wachsenden Klassenkämpfe, die soziale Krise, die sich in krankhafter Weise in den nahezu täglichen Amokläufen zeigt, und die wachsende Gefahr eines Atomkriegs zwischen der US-geführten Nato und Russland. Das alles wird verschärft durch die andauernde Pandemie, die weiterhin die Gesundheit der Menschen belastet. 

Die Charakterisierung der Pandemie als Trigger-Event in der Weltgeschichte, wie es die WSWS formulierte, bestätigt sich immer wieder durch die tiefe Krise des Kapitalismus, besonders in ihrem Zentrum USA. Der Tod von mehr als einer Million Menschen, die Ansteckung von fast 60 Prozent der Bevölkerung und die Millionen Fälle von Long Covid sind eine Mahnung, welche Folgen die kriminelle Politik hat, die auf dem Mantra beruht, dass die Heilung nicht schlimmer sein darf als die Krankheit. 

Wenn man die Pandemie offiziell für beendet erklärt, macht man Sars-CoV-2 zu einem festen Bestandteil des Alltagslebens und gibt das öffentliche Gesundheitswesen als soziale Einrichtung zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung auf. Die Auswirkungen wiederholter Corona-Infektionen werden zu einer drastischen Verschlechterung der Gesundheit der Bevölkerung führen. Die US-Gesundheitsbehörde CDC hat bereits zugegeben, dass einer von fünf Erwachsenen im Erwerbsalter nach einer Infektion Long Covid entwickeln wird. 

Es ist noch nicht bekannt, welche Auswirkungen dies auf ihre Sterblichkeit hat, lange nachdem sie für infektionsfrei erklärt worden sind. Vermutlich wird sie beträchtlich steigen. Die Zahlen werden von den Finanzstatistikern der Banken und Versicherungskonzerne geprüft, denen es jedoch nicht um eine ernsthafte Reaktion auf die Infektionsgefahren geht. Sie wollen lediglich die Märkte und ihre Vorstandschefs über die Zukunft ihrer Belegschaften und die direkten und indirekten Kosten für ihre Finanzbeteiligungen informieren.

Die grotesken Äußerungen von Mitgliedern der Biden-Regierung, welches Maß an Todesfällen tolerierbar ist, sollten für die Arbeiterklasse nicht überraschend kommen. Das ist gemeint, wenn davon die Rede ist, das Sterben zu normalisieren und die Bevölkerung zu zwingen, dieser angeblichen Realität ins Auge zu blicken. Allerdings gibt es eine Alternative zu dieser bankrotten nihilistischen Perspektive. Covid-19 kann eliminiert werden, das ist wissenschaftlich bewiesen und von China in der Praxis demonstriert worden. Doch das Ende der Pandemie auf internationaler Ebene ist eine politische Frage, die den Kampf der Arbeiterklasse für eine sozialistische Perspektive erfordert.

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