Indien: Gewerkschaft beendet Streik gegen drohende Schließung von Ford-Montagewerk

Arbeiter besetzen das Ford-Montagewerk in Maraimalai Nagar (Das Foto wurde der WSWS von einem Ford-Arbeiter geschickt)

Der Streik von 1.500 militanten, überwiegend jungen Arbeitern gegen die Pläne des transnationalen Ford-Konzerns, sein Montagewerk in einem Vorort von Chennai, der Hauptstadt des südindischen Bundesstaats Tamil Nadu, zu schließen, wurde von der Gewerkschaft Chennai Ford Employees Union (CFEU) unterdrückt und verraten.

Am 2. Juli hat die CFEU in Absprache mit dem Ford-Management und der Dravida Munnetra Kazhagam (DMK), der Regierungspartei von Tamil Nadu, den seit fünf Wochen andauernden Streik abgebrochen, ohne darüber mit den streikenden Arbeitern zu diskutieren oder gar eine Abstimmung durchzuführen.

Im Rahmen des Abkommens, das sie mit Ford hinter dem Rücken der Arbeiter ausgehandelt hat, ließ die Gewerkschaft die Forderung der Arbeiter nach sicheren Arbeitsplätzen vollständig fallen. Zudem hat sie Ford erlaubt, Arbeitern die Abfindung zu kürzen, wenn sie sich künftig an Arbeitskämpfen beteiligen oder versuchen, die Produktion in dem Werk vor der geplanten Schließung Ende dieses Monats zu behindern. Diese Entscheidung unterstreicht einmal mehr, dass die Gewerkschaften den Kampf der Arbeiter ablehnen.

Obwohl die Gewerkschaft das getan hat, was das Unternehmen forderte, hat Ford die zweite Schicht in dem Werk nicht wieder aufgenommen, sodass 1.300 der 2.638 festangestellten Beschäftigten jetzt ohne Arbeit sind und keinen Lohn erhalten. Vermutlich wird Ford weiterhin in einer Schicht produzieren lassen, bis die Produktion am 31. Juli ganz eingestellt wird. Auf diese Weise können viele der jüngeren und militanteren Arbeiter, die den Streik am 30. Mai unabhängig von der CFEU begonnen haben, bis zur Schließung aus dem Werk herausgehalten werden.

In den Monaten unmittelbar nach der Schließung im letzten September wurden schrittweise Tausende von Vertragsarbeitern des Montagewerks entlassen. Zusammen mit den Arbeitern der Zulieferbetriebe wird die Schließung des Werks vermutlich zum Verlust von etwa 40.000 Arbeitsplätzen führen, die meisten davon in der Industrieregion von Sriperumbudur außerhalb von Chennai.

Doch die Gewerkschaften, einschließlich der stalinistisch und maoistisch geführten, die in Tamil Nadu eine beträchtliche Präsenz haben, haben keinen Kampf gegen die drohende Schließung des Ford-Werks organisiert. Ebenso wenig haben sie versucht, die Ford-Arbeiter mit ihren Kollegen in den Zulieferbetrieben zu vereinen.

Auch die stalinistisch geführten Gewerkschaftsverbände CITU und AITUC haben nichts unternommen, um die Arbeiter zur Unterstützung des Streiks in dem indischen Ford-Werk zu mobilisieren. Auf diese Weise haben sie es der CFEU leichter gemacht, den Streik zu isolieren und zu beenden.

Die Ford-Arbeiter des Werks in Chennai haben große Militanz bewiesen und wiederholt den Drohungen des Managements und der Polizei getrotzt. Vor vollendete Tatsachen gestellt, genehmigte die CFEU den Streik, weigerte sich aber von Anfang an, die Forderungen der Arbeiter nach sicheren Arbeitsplätzen zu übernehmen und konzentrierte sich stattdessen ausschließlich darauf, das Management zu geringfügig höheren Abfindungen zu drängen.

Die CFEU hat ständig daran gearbeitet, den Streik zu isolieren, die Arbeiter zu demoralisieren und den Streik schließlich durch die Unterzeichnung eines Abkommens zu beenden, das vor dem Assistant Labour Commissioner von Chennai geschlossen wurde und die Anweisungen des Managements umsetzt. Nachdem die CFEU es unterzeichnet hatte, ohne sich vorher mit den streikenden Arbeitern abzusprechen, legte sie ihnen das Abkommen nicht einmal zu einer demokratischen Diskussion oder Abstimmung vor, sondern befahl ihnen einfach die Rückkehr an die Arbeit. Laut dem Abkommen wird die Abfindung von Arbeitern, die ihren Protest fortsetzen, auf das ursprüngliche Angebot gesenkt, d.h. 87 Tage Grundlohn pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Es verweist außerdem auf das Abkommen, das die Gewerkschaft mit dem Labour Commissioner ausgehandelt hat, keine Proteste oder Sitzstreiks mehr zu veranstalten, bis die Produktion beendet ist.

Im Gegensatz zu der Behauptung der Gewerkschaft, das Management habe einer Erhöhung der Abfindungspakete von 115 Tagen Grundlohn auf 121 Tage pro Jahr Betriebszugehörigkeit zugestimmt, erwähnt das Abkommen nichts Konkretes über die Höhe der Abfindung. Es heißt nur, dass die Details der Abfindungspakete durch gemeinsame Diskussionen zwischen dem Management und der Gewerkschaft bestimmt werden. Ebenso wenig erwähnt das Abkommen das frühere Angebot des Managements, die aktuelle Krankenversicherung bis März 2024 weiterzuzahlen.

Während die Arbeiter sichere Arbeitsplätze forderten, die ihre einzige Lebensgrundlage darstellen, hat das Management sie mit Hilfe der Gewerkschaft stattdessen dazu gedrängt, die Produktion fortzusetzen, um die restlichen Autos fertig zu bauen und danach das vorgeschlagene Abfindungspaket zu akzeptieren. Dass das Management von Ford India einen Streik von militanten jungen Arbeitern, die mehr als einen Monat gekämpft und die Autoproduktion vollständig zum Erliegen gebracht haben, so unterdrücken konnte, war nur durch den Verrat der Gewerkschaften möglich, die den militanten Kampf der Arbeiter isoliert haben. Das gilt nicht nur für die offiziell anerkannte CFEU im Ford-Werk in Chennai, sondern auch für das völlige Schweigen der stalinistisch geführten Gewerkschaftsverbände Center of Indian Trade Unions (CITU) und All India Trade Union Congress (AITUC) sowie den maoistisch geführten Left Trade Union Congress (LTUC), die in den Industriegebieten Sriperumbudur Maraimalai Nagar eine bedeutende Mitgliederzahl aufweisen. Der CITU und der AITUC stehen der Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten) oder KPM, respektive der Kommunistischen Partei Indiens (KPI) nahe und haben in Tamil Nadu sowie in ganz Indien eine beträchtliche Mitgliederbasis, u.a. in der Zulieferindustrie der Ford-Werke.

Dies bestätigt einmal mehr die Warnungen über die Rolle der Gewerkschaften im Zeitalter der globalisierten Produktion, welche die WSWS während des Streiks ausgesprochen hat. Am 28. Juni erklärte der Redakteur der WSWS für Arbeitskämpfe, Jerry White, bei einer Online-Veranstaltung mit streikenden Ford-Arbeitern in Chennai, die Interesse an der Gründung von Aktionskomitees zeigten, die internationale Bedeutung des Kampfs der Ford-Arbeiter in Chennai. Er wies darauf hin, dass Ford auch mit der Schließung seines Werks im deutschen Saarlouis droht. Gewerkschaften wie die IG Metall haben jeden echten Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze, des Lebensstandards und der Arbeitsbedingungen von mehr als 5.000 Arbeitern in diesem Werk abgelehnt und damit die geordnete Einstellung der Produktion gewährleistet. White betonte, dass die Verbündeten der Ford-Arbeiter in Chennai und Saarlouis die Arbeiter im Rest der Welt sind, die sich überall gegen die Angriffe der Regierungen und Konzerne wehren. Sie können ihre Arbeitsplätze nur verteidigen, wenn sie gegen Fords Co-Manager in der Gewerkschaftsbürokratie rebellieren, sich unabhängig organisieren und international durch Aktionskomitees die Arbeiter in Valencia (Spanien), Köln, Craiova (Rumänien), der Türkei, den USA usw. vereinen.

Der stellvertretende Sekretär der Socialist Equality Party (SEP) von Sri Lanka, Saman Gunadasa, erklärte, dass die sri-lankischen Arbeiter durch ihre Generalstreiks für den Rücktritt der Rajapaksa-Regierung am 28. April, am 6. und am 10. Mai fast das ganze Land lahmgelegt haben. Er wies besonders auf die kriminelle Rolle der Gewerkschaften hin und erklärte, diese würden die Arbeiterklasse daran hindern, ihre industrielle und politische Macht zu mobilisieren und zu einer Herausforderung der kapitalistischen Herrschaft zu entwickeln. Dann betonte er die Notwendigkeit, aus der politischen und organisatorischen Kontrolle der pro-kapitalistischen Gewerkschaften auszubrechen und Aktionskomitees als echte Kampforganisationen der Arbeiterklasse aufzubauen.

Ramesh, der an diesem wichtigen Treffen teilgenommen hatte, erklärte später zur Unterdrückung des Streiks durch die Gewerkschaften: „Ich habe erst wenige Stunden später durch meinen Kollegen erfahren, dass die Gewerkschaft den Streik abgebrochen hat. Sie hat uns nie nach unserer Meinung zu dem Abkommen gefragt, das sie mit dem Management abgeschlossen hat. Es gab auch keine Diskussion über den Abbruch des Streiks. Dieses Vorgehen hat die Gewerkschaftsführung vollkommen willkürlich beschlossen. Eure [WSWS-]Analyse hat sich vollauf bestätigt. Die Gewerkschaft, das Management und die Regierung handeln zusammen gegen die Interessen der Arbeiter und betrügen uns.“

Ram, ein fest angestellter Arbeiter, erklärte: „Die Mehrheit der Arbeiter fordert weiterhin sichere Arbeitsplätze. Aber unsere Gewerkschaft hat gesagt, diese Forderung wäre nutzlos und unerfüllbar. Aber um die Produktion wieder in Gang zu bringen, versucht sie jetzt, die Arbeiter davon zu überzeugen, dass diejenigen, die immer noch einen Arbeitsplatz fordern, den Rechtsweg beschreiten können, sobald das Produktionsziel nach dem 31. Juli erfüllt ist. Die Gewerkschaftsführung handelt ganz offensichtlich im Auftrag des Managements.

Ich bin auch der Meinung, dass wir uns mit den Ford-Arbeitern in Deutschland, Spanien und anderen Ländern zusammenschließen und mit den Gewerkschaften brechen müssen, wenn wir etwas gegen Ford ausrichten wollen.“

Die Arbeiter in Indien, Deutschland, Spanien und dem Rest der Welt müssen die Lehren aus den vergangenen Jahren ziehen. Die Ford-Arbeiter können ihre Rechte nur durchsetzen, wenn sie sich mit den Arbeitern im Rest der Welt in einem Netzwerk aus Aktionskomitees zusammenschließen und gemeinsam gegen die Kapitalisten kämpfen, für die Umwandlung der Konzerne in öffentliches Eigentum und die Neuorganisation der Weltwirtschaft auf der Grundlage eines sozialistischen Programms, das den sozialen Bedürfnissen Vorrang vor dem privaten Profitstreben einräumt. Deshalb rufen wir die Ford-Arbeiter im Rest der Welt auf, ihre eigenen, von den Gewerkschaften unabhängigen Aktionskomitees zu gründen und der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) beizutreten, um so ihre Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu schützen.

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