Die Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten in Russland ehrt Trotzki am Jahrestag seiner Ermordung

Am 21. August hielt die Molodaia Gvardia Bolshevikov-Leninitsev (Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten, JGBL) in Sankt Petersburg und der westsibirischen Stadt Tscheljabinsk Versammlungen ab, um des 82. Jahrestages der Ermordung von Leo Trotzki zu gedenken, der neben Wladimir Lenin die Russische Revolution von 1917 angeführt hatte. Trotzki wurde am 20. August 1940 in seinem Haus in Coyoacan (Mexiko) von einem stalinistischen Agenten attackiert. Er starb am folgenden Tag.

In Sankt Petersburg (ehemals Leningrad) versammelten sich die JGBL-Mitglieder auf dem Marsfeld, wo hunderte Märtyrer der Revolution begraben liegen. In Tscheljabinsk trafen sie sich am Nachmittag und legten vor einem Foto von Leo Trotzki Blumen nieder, das unter der Büste von Wladimir Lenin auf dem Scharlachroten Feld aufgestellt wurde. Sie taten dies mit dem ausdrücklichen Ziel, „Trotzkis Verbundenheit mit Lenin zu betonen, sowohl in seinen Ansichten als auch in seinem Handeln“. Die unten stehende Rede, in der die JGBL ihr Bekenntnis zum Trotzkismus und ihre Unterstützung für das Internationale Komitee der Vierten Internationale erklärt, wurde bei der Gedenkfeier verlesen.

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Dieser Henkerschlag der thermidorianischen Bürokratie, die im Kreml ihren Super-Borgia krönte, war der brutale Höhepunkt eines politischen Genozids – eines Genozids gegen die marxistische revolutionäre Avantgarde der Arbeiterklasse.

Die Auswirkungen von Stalins Terror auf das Schicksal der Sowjetunion und des Weltsozialismus können nur als katastrophal bezeichnet werden. Die Arbeiterklasse kämpft noch immer mit den Folgen von Stalins Konterrevolution.

Trotzkis Ermordung hat der politischen Arbeit der von ihm gegründeten Weltbewegung kein Ende gesetzt. Die Vierte Internationale hat, wie sich herausstellte, den Zusammenbruch von Stalins Regime überlebt. Daraus folgt natürlich, dass Trotzki durch seine Ermordung nicht aus der Geschichte getilgt wurde. In dem Maße, wie Historiker das 20. Jahrhundert untersuchen und interpretieren, wächst die historische Statur Leo Trotzkis. Nur wenige andere Leben haben die Kämpfe, Hoffnungen und Tragödien des letzten Jahrhunderts so tief und edel widergespiegelt wie das von Trotzki.

Drei Jahre vor seinem Tod erklärte Trotzki in einem Gespräch mit einem skeptischen amerikanischen Journalisten, dass er sein Leben nicht als eine Reihe verwirrender und letztlich tragischer Episoden betrachtete, sondern als verschiedene Etappen auf dem historischen Weg der revolutionären Bewegung. Sein Aufstieg an die Macht im Jahr 1917 war ein Produkt des revolutionären Aufstiegs der Arbeiterklasse. Sechs Jahre lang hing sein Einfluss von den durch diese Offensive geschaffenen sozialen und politischen Verhältnissen ab. Die Wende in Trotzkis persönlichem politischem Schicksal resultierte aus der Ebbe der revolutionären Welle.

Trotzki verlor nicht deshalb an Macht, weil er ein weniger erfahrener Politiker als Stalin gewesen wäre, sondern weil die soziale Kraft, auf der seine Macht beruhte – die russische und internationale Arbeiterklasse – sich politisch zurückzog. Die Erschöpfung der russischen Arbeiterklasse nach dem Bürgerkrieg, die wachsende politische Macht der sowjetischen Bürokratie und die Niederlagen der europäischen Arbeiterklasse – vor allem in Deutschland – waren letztlich ausschlaggebend für Trotzkis Entmachtung.

Trotzkis Tod fiel in die Zeit des Höhepunkts der faschistischen und stalinistischen Konterrevolution. Bis 1940 waren praktisch alle alten Genossen Trotzkis in der Sowjetunion liquidiert worden. Alle vier von Trotzkis Kindern waren tot. Seine beiden ältesten Töchter starben vorzeitig an den Folgen der Verfolgung ihres Vaters. Die beiden Söhne Sergej und Lew wurden von Stalins Regime ermordet.

Wie häufig vermerkt wurde, ist die Ironie der Geschichte beispiellos. Jahrzehntelang haben die Stalinisten behauptet, Trotzki habe die Zerstörung der Sowjetunion angestrebt und mit den Imperialisten konspiriert, um die UdSSR zu zerstückeln. Für diese angeblichen Verbrechen wurde Trotzki vom Sowjetregime in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Doch letztendlich war es die sowjetische Bürokratie, die die UdSSR liquidierte, wie Trotzki scharfsinnig gewarnt hatte.

Die Untersuchung von Trotzkis Ermordung durch das Internationale Komitee hatte zum Ziel, das ganze Ausmaß der stalinistischen Verschwörung gegen die Vierte Internationale aufzudecken und dabei vor der Arbeiterklasse den durch und durch konterrevolutionären Charakter des Stalinismus zu entlarven.

Diese Untersuchung wurde gegen den hysterischen Widerstand aller pablistischen Organisationen durchgeführt, die in der Aufdeckung der Verbrechen des Stalinismus einen politisch gefährlichen Rückschlag für ihre Bemühungen sahen, die trotzkistische Bewegung zu eliminieren und sich politisch mit den stalinistischen Organisationen auszusöhnen.

Als 1975 die Untersuchung „Sicherheit und Vierte Internationale“ begann, waren die Pablisten besonders empört über die Entlarvung stalinistischer Agenten – von denen viele noch lebten und in einigen Fällen sogar noch in pablistischen Organisationen aktiv waren.

Unter der Welle des konterrevolutionären Präventiv-Bürgerkriegs, der als Großer Terror in die Geschichte einging, eliminierten Stalin und die bürokratische Kaste, die den Arbeiterstaat in der Sowjetunion strangulierte, ganze Generationen von Kommunisten. Tausende Anhänger der Linken Opposition und der Vierten Internationale wurden ermordet. Die Aktivitäten der GPU reichten weit über die Grenzen der Sowjetunion hinaus.

Der Schaden, den dieses große Verbrechen anrichtete, wurde durch die Tatsache vergrößert, dass 35 Jahre lang – fast die Hälfte des Zeitraums zwischen der Ermordung und heute – so gut wie nichts darüber bekannt war, wie die GPU Trotzkis Ermordung durchführte. Der wahre Name des Mörders wurde erst 1949/50 aufgrund einer Untersuchung des mexikanischen Kriminologen Alfonso Quiroz Cuarón öffentlich bekannt.

Im Mai 1975 begann das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) eine Initiative mit dem Titel „Sicherheit und die Vierte Internationale“, die Licht auf Agenten in der Vierten Internationale in Vergangenheit und Gegenwart werfen sollte.

Der Umfang dieser Untersuchung war atemberaubend: eine immense Menge an investigativer Arbeit, die mehrere Kontinente umfasste, hunderte Stunden an Interviews und tausende Seiten historischer Dokumentation. Zum ersten Mal fand eine systematische Untersuchung über die Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung durch Agenten der GPU und der US-Regierung statt.

Das IKVI ließ sich von dem Schreien und Kreischen der Revisionisten nicht einschüchtern. Sie konnten das Internationale Komitee „Sektierer“ und „Paranoiker“ nennen, bis sie blau anliefen. Mit diesen Beschimpfungen attackierten sie in Wirklichkeit den Kampf des IKVI für revolutionäre Prinzipien und die Beachtung von Disziplin, Wachsamkeit und Sicherheit in seinen Reihen.

Sicherheit und die Vierte Internationale bedeuteten nichts weniger als die Wiederherstellung der gesamten historischen Kontinuität des Bolschewismus, der Vierten Internationale und des Internationalen Komitees aus dem finsteren Griff der stalinistischen Konterrevolution und Geschichtsfälschung.

All die Lügen, Verzerrungen und Verbrechen, die der Stalinismus gegen den Trotzkismus begangen hat, der den Kampf um die Welt des Roten Oktobers politisch verkörpert; all die monströsen Taten, die begangen wurden, um Generationen von Arbeitern über die wahre Geschichte der Oktoberrevolution und Trotzkis Rolle zu verwirren und zu desorientieren – all das wurde mit einem Schlag aufgedeckt, von dem sich der Stalinismus und alle Organe der imperialistischen Konterrevolution niemals erholen werden.

Aus diesem Grunde muss die Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten dafür kämpfen, die Unterdrückung der Wahrheit über die stalinistischen Verbrechen zu überwinden, und die Verzerrungen und Lügen – d.h. alles, was das Ausmaß der stalinistischen Verschwörung verschleiert – zu beseitigen. Ohne den Kampf um die historische Wahrheit ist es unmöglich, eine disziplinierte Organisation zu schaffen, die sich ihrer Ziele und Aufgaben bewusst und in der Lage ist, die sozialistische Revolution durchzuführen und international zu verbreiten.

In dieser Hinsicht bringen wir – die wir für die Wahrheit über die Analyse und Charakterisierung von Trotzkis Persönlichkeit, seinen Aktivitäten und jenen der Vierten Internationale einstehen – unsere aufrichtige Solidarität mit der Untersuchung zum Ausdruck, die das IKVI vor fast 50 Jahren durchgeführt hat. Sie muss jedoch, um ihre Aktualität zu bewahren, von jedem bewussten Trotzkisten und Arbeiter ernsthaft studiert werden.

Die Meilensteine in der Geschichte der Vierten Internationale in den letzten 40 Jahren wurden von einer Führung errungen, die insbesondere dank der Erfahrung von „Sicherheit und der Vierten Internationale“ geschmiedet wurde. Dazu zählen die Spaltung von der Workers’ Revolutionary Party (WRP) in Großbritannien, die Gründung der Sozialistischen Gleichheitsparteien, der Launch der World Socialist Web Site und die Analyse der Krise des imperialistischen Weltsystems.

Unsere Organisation wird dem Internationalen Komitee folgen und sich auf dessen fortgeschrittene Erfahrungen stützen, dank derer die Arbeiterklasse schließlich in der Lage sein wird, die größte Krise unserer Zeit zu lösen: die Krise der revolutionären Führung.

Die Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten ist bestrebt, durch ihre Aktivitäten zur Lösung dieser Krise beizutragen. Sie zielen darauf ab, Sektionen des Internationalen Komitees in Russland und möglicherweise der gesamten ehemaligen UdSSR aufzubauen.

Weder die Schläge von Stalins Henker, noch die Flut von Lügen und Fälschungen oder die Revision von Trotzkis lebendigem und brennend aktuellem Vermächtnis haben seine große Sache zu Grabe getragen oder seine echten Anhänger ausgelöscht.

Und ganz gleich, wie viele endlose Ströme von Lügen und Fälschungen über den ehrlichen Namen Lew Dawidowitsch Trotzkis gegossen werden, sie können die Wahrheit über einen Mann nicht schmälern oder zerstören, der bis zum letzten Schlag seines Herzens selbstlos an die Sache glaubte und sie lebte – einer Sache, der er bis zum Ende sein ganzes bewusstes Leben widmete.

Wie sehr moderne Generationen die Werke Lenins und Trotzkis durch das Prisma Stalins lesen mögen, wie sehr sie die stalinistischen Lügen glauben und das stalinistische Amalgam über die Wahrheit stellen mögen, die Wahrheit kann nicht ausgelöscht werden: Sie beginnt mit Litern von Tinte und endet mit heiligem Blut. Die Wahrheit wird heißer und heller strahlen als ein Magnesiumblitz, und sie wird für diejenigen zu einem Leitstern über dem irdischen Firmament werden, die unter ihr für den Triumph des Kommunismus, der wirklichen Freiheit und der Wahrheit kämpfen und kühn immer weiter auf jenes Ziel zugehen wollen, für das Trotzki – der große Revolutionär, proletarische Führer und Märtyrer seiner Sache – gekämpft hat und gestorben ist!

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