Julian Assange hat sich mit Corona infiziert. Das Testergebnis erhielt er am Samstag, dem Tag, an dem mehrere tausend Sympathisanten eine Menschenkette um das Parlament in London bildeten, um gegen seine Verfolgung zu protestieren.
Seine Frau Stella sagte der Presse: „Ich mache mir natürlich große Sorgen um ihn. Die nächsten Tage entscheiden über seine Gesundheit. Er ist jetzt 24 Stunden am Tag in seiner Zelle eingeschlossen.“ Sie sagte, Assange habe sich die ganze Woche über krank gefühlt und am Freitag Fieber und Husten bekommen.
Die Infektion von Assange bestätigt die wiederholten Warnungen der Ärzte und seines Anwaltsteams. Immer wieder haben sie betont, dass die unrechtmäßige Inhaftierung seine Gesundheit und sein Leben gefährdeten. Damit gewinnt die Forderung nach seiner sofortigen Freilassung neue Dringlichkeit.
Schon einige Monate vor der Pandemie unterzeichneten über 100 Ärzte einen offenen Brief an die britische Regierung, in dem sie davor warnten, dass Assanges Leben in Gefahr sei, solange er in HMP Belmarsh, dem britischen Hochsicherheitsgefängnis, festgehalten werde. Als sich Covid-19 rasch in Großbritannien zu verbreiten begann, erklärte einer der Hauptunterzeichner, Dr. Stephen Frost, gegenüber der World Socialist Web Site:
Angesichts dessen, was wir über diesen Fall wissen, ist Frau Assange zu Recht besorgt. Da Julian Assange nach jahrelanger willkürlicher Inhaftierung zunächst in der ecuadorianischen Botschaft und später im Belmarsh-Gefängnis immungeschwächt ist, besteht für ihn zwangsläufig ein erhöhtes Risiko, sich mit Viren oder Bakterien zu infizieren, auch mit dem Coronavirus.
Er sollte sofort gegen Kaution freigelassen werden, damit er die medizinische Versorgung erhält, die er dringend benötigt. Die britische Regierung spielt praktisch russisches Roulette mit dem Leben von Julian Assange.
Eine andere Ärztin, Lissa Johnson, erklärte: „Schon 2015 haben medizinische und Menschenrechtsexperten davor gewarnt, dass alles, was mehr als eine Bagatellerkrankung ist, für Julian Assange tödlich sein könnte. Seine Gesundheit ist jetzt noch anfälliger, und das Coronavirus macht diese Warnungen nur noch dringlicher und schlimmer.“
Sie fügte hinzu: „Wenn Julian Assange im Gefängnis dem Coronavirus oder einer anderen katastrophalen Krankheit erliegt, wird das kein Unfall sein. Es wird das vorhersehbare Ergebnis von lang anhaltender psychologischer Folter und vorsätzlicher medizinischer Vernachlässigung sein.“
Der WikiLeaks-Gründer beantragte schon im März 2020 Freilassung auf Kaution. Seine Anwälte wiesen damals auf das „sehr reale“ und möglicherweise „tödliche“ Risiko für seine fragile Gesundheit angesichts der Corona-Pandemie hin. Seine Besorgnis war so groß, dass er bereit war, strenge Auflagen, zum Beispiel Hausarrest und GPS-Ortung, zu akzeptieren. Mit der im globalen Lockdown absurden Begründung, es bestehe „Fluchtgefahr“, wurde ihm Freilassung auf Kaution verweigert.
Kurz darauf wurde er von einem nationalen Programm zur Entlassung von Gefangenen ausgeschlossen, nachdem die alarmierende Ausbreitung von Covid-9 unter Gefängnispersonal und Häftlingen erwiesen war. Die wirklich widersinnige Begründung lautete, dass er in Untersuchungshaft (ohne Anklage) sitze und keine Strafe verbüße und deshalb durch das Raster falle.
Ende Oktober 2020 waren nach Angaben des Justizministeriums 1.529 Häftlinge infiziert, davon 600 allein in einem Monat. Mindestens 32 Häftlinge waren an dem Virus gestorben.
Im November wurde das Belmarsh-Gefängnis dann von einer Welle von Infektionen überflutet. Stella Assange enthüllte damals: „Mir wurde gesagt, dass die Zahl der mit Covid infizierten Personen in Julians Wohnblock, einschließlich des Personals, 56 beträgt.“ Das war in einem Block mit weniger als 200 Insassen.
Assange und die anderen Häftlinge wurden auf unbestimmte Zeit eingeschlossen und 24 Stunden am Tag in ihren Zellen festgehalten. Sein Anwalt Edward Fitzgerald hatte bei der Beantragung seiner Kaution davon gesprochen, dass der Lockdown ein „Risiko für seine psychische Gesundheit und seinen Kontakt zu Menschen“ schaffe. Bei Assanges Auslieferungsanhörung im Herbst 2020 legte sein Verteidigungsteam umfangreiche medizinische Beweise für die Schädigung seiner psychischen Gesundheit und für die Suizidgefahr vor.
Im selben Monat, in dem in Belmarsh der Covid-Lockdown herrschte, beging einer von Assanges Freunden im Gefängnis Suizid, nachdem er einen Abschiebungsbefehl nach Brasilien erhalten hatte. Stella tweetete damals: „Habe mit Julian gesprochen. Ein Freund von ihm hat sich heute in den frühen Morgenstunden umgebracht. Seine Leiche befindet sich immer noch in der Zelle in Julians Flügel. Julian ist am Boden zerstört.“
Großbritanniens unerbittlicher Rachefeldzug gegen den heldenhaften Journalisten hat in den vergangenen anderthalb Jahren weiteren Tribut gefordert. Im Oktober 2021, während eines Berufungsverfahrens vor dem Obersten Gericht, das später gegen Assange entschieden wurde, erlitt er in Belmarsh einen leichten Schlaganfall. Laut Daily Mail hatte er danach „ein hängendes rechtes Augenlid, Gedächtnisprobleme und Anzeichen für neurologische Schäden“.
Stella beschrieb die entsetzlichen Bedingungen zur Zeit des Schlaganfalls und sagte: „Es musste schrecklich sein, ein Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof anzuhören, an dem man nicht teilnehmen kann, in dem über die eigene psychische Gesundheit und Suizidgefahr diskutiert wird und in dem die USA behaupten, dass man sich das alles nur einbilde.“
Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter, untersuchte Assange im Mai 2019 mit einem medizinischen Team im Belmarsh-Gefängnis und kam zum Schluss, dass Assange Symptome von psychischer Folter aufweise. Er kommentierte seine Krankheit so: „Assanges Schlaganfall ist keine Überraschung. Wie wir nach seiner Untersuchung warnten, würde seine Gesundheit in eine lebensbedrohliche Abwärtsspirale geraten, wenn er nicht von dem ständigen Druck der Isolation, Willkür und Verfolgung befreit würde. Großbritannien foltert ihn buchstäblich zu Tode.“
Melzer fügte hinzu: „Da Assange aus medizinischer Sicht eindeutig nicht in der Lage war, seinem eigenen Prozess per Videolink beizuwohnen, wie können sie dann überhaupt die Möglichkeit erwägen, ihn einem Schauprozess in den USA auszusetzen, in einem Land, das sich weigert, Folterer und Kriegsverbrecher zu verfolgen, das aber Whistleblower und Journalisten verfolgt?“
Assanges Covid-Infektion ist das jüngste in einer ganzen Reihe von Verbrechen, die seine Entführer von der britischen Regierung im Auftrag von Washington und Langley ihm zugefügt haben. Die World Socialist Web Site schrieb im ersten Jahr der Pandemie:
Man kann nur zu dem Schluss kommen, dass Assanges Verfolger hoffen, dass Covid-19 für sie die Drecksarbeit erledigen und den bedeutendsten Journalisten des 21. Jahrhunderts umbringen wird.
Im September 2021 bewies eine Untersuchung von Yahoo News, dass die CIA Jahre zuvor, als Assange noch als Flüchtling in der ecuadorianischen Botschaft lebte, schon Pläne ausgeheckt hatte, um ihn zu ermorden. Das Gerichtsverfahren, das seine Auslieferung anstrebt, verfolgt dasselbe Ziel mit anderen Mitteln: Sie wollen ihn in einem US-Supermax-Gefängnis begraben.
Am Samstag fand der größte Protest statt, der bisher zur Verteidigung von Assange organisiert worden war. Er zog Menschen aus vielen Ländern und einem breiten Spektrum an Altersgruppen und sozialer Herkunft an.
Diese Kundgebung zeigte das Potenzial, das für eine massenhafte, globale Kampagne besteht, um den WikiLeaks-Gründer zu befreien und sein Leben und seine Gesundheit zu schützen. Da die Realität des imperialistischen Kriegs, den seine Arbeit aufgedeckt hat, jetzt so akut ist, ist auch die Bedrohung für Assanges Leben sehr ernst. Deshalb muss die Kampagne für seine Freilassung dringend in die internationale Arbeiterklasse gebracht werden.