Inmitten der Herbstwelle: Studien zeigen Gefahr von Corona-Infektionen für Kinder

Während sich eine massive Corona-Herbstwelle entwickelt und die Hospitalisierungszahlen in die Höhe schießen, zeigen immer mehr Studien, welche gefährliche Folgen eine Corona-Infektion auch für Kinder hat.

Die Zahl der Corona-Infektionen ist in den letzten Wochen exponentiell angestiegen. Jeden Tag infizieren sich in Deutschland über 100.000 Menschen. Allein am Donnerstag wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) 145.000 Infektionen gemeldet. Noch vor einer Woche infizierten sich im Schnitt jeden Tag „nur“ 62.000 Menschen. Derzeit sind nach offiziellen Angaben 1,4 Millionen Menschen in Deutschland infiziert. Das ist rund jeder 60. Einwohner.

Die tatsächlichen Zahlen liegen noch weit höher. In die Statistiken des RKI fließen nur positive PCR-Tests. Viele Menschen machen jedoch nach einem positiven Schnelltest keinen PCR-Test mehr. Die Testinfrastruktur und die Testpflicht wurden fast vollständig zurückgefahren. Die hohe Test-Positivrate von 47,8 Prozent lässt die hohe Dunkelziffer erahnen.

Mit dem Anstieg der Infektionszahlen schnellt auch die Zahl der schweren Verläufe in die Höhe. Die adjustierte Hospitalisierungsinzidenz liegt mittlerweile bei fast 20, was 15.000 Hospitalisierungen pro Woche entspricht. Damit hat sie sich in nicht einmal zwei Wochen verdoppelt. Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Personen liegt bei 1706.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnt vor einer Überlastung der Kliniken. „Im Vergleich zur Vorwoche“ sei die Belegung mit Covid-Infizierten „um 50 Prozent gestiegen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Man laufe „flächendeckend ... auf extrem schwierige Wochen zu“.

Die dramatische Situation ist das Ergebnis der bewussten Durchseuchungspolitik der Regierung. Mit dem am 1. Oktober in Kraft getretenen aktuellen Infektionsschutzgesetz hat die Ampel-Koalition nahezu alle verbliebenen Schutzmaßnahmen beseitigt. Neue Maßnahmen – allen voran Lockdowns, wie die Schließung von Schulen – werden durch das Gesetz verhindert.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) betonte jüngst, wie in allen anderen Lebensbereichen gelte nun auch an den Schulen die Devise „Leben mit dem Virus“.

Wie kriminell diese Politik ist, zeigen aktuelle Studien über die dramatischen Langzeitfolgen einer Corona-Infektion gerade auch für Kinder. Eine kürzlich erschienene Studie des Uniklinikums Erlangen, die die Langzeitfolgen von Corona-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen untersucht, gelangt zu dem Ergebnis, dass es bei Minderjährigen infolge einer Infektion zu enormen Lungenveränderungen kommt.

Durch Untersuchungen mit einem speziellen MRT stellten die Forscher fest, dass der Luft- und Blutfluss der Lunge bei den Teilnehmern der Studie nicht mehr ordnungsgemäß funktionierte. „In der Gruppe der Genesenen betrug die V/Q-Ratio 62 Prozent, in der Gruppe mit Long Covid 60 Prozent – beide Male ein deutlich niedrigerer Wert als die Ratio von 81 Prozent bei den gesunden Kontrollpersonen“, erklärte PD Dr. Ferdinand Knieling, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in der Kinderklinik des Uniklinikums Erlangen.

Das bedeutet, dass der Luft- und Blutfluss der Infizierten deutlich geringer war, als bei nicht infizierten Kindern und Jugendlichen. Wie lange die Infektion her war, spielte laut Knieling keine Rolle, die Lungenfunktion sei in jedem Fall niedriger gewesen.

Eine weitere kürzlich erschienene Studie des Uniklinikums Düsseldorfs und der Krankenkasse AOK stellte fest, dass Kinder armer Familien ein deutlich höheres Risiko haben, schwer an Covid-19 zu erkranken, als Kinder reicher Familien.

Die Studie betrachtete den Zeitraum von Beginn der Pandemie bis Juli 2021, also bis vor Beginn der Delta-Welle. Eingeflossen sind die Versicherungsdaten von fast 700.000 bei der AOK versicherten Kindern und Jugendlichen. 1600 von ihnen (0,2 Prozent) mussten aufgrund einer Corona-Erkrankung hospitalisiert werden.

Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass für Kinder, deren Eltern arbeitslos sind oder schlecht bezahlte Arbeit haben, das Risiko auf eine Hospitalisierung 1,4 Mal so hoch ist. Für Kinder, die in einem benachteiligten Wohngebiet leben, ist das Risiko sogar dreimal so hoch. Beide Zahlen sind unabhängig von Vorerkrankungen – gehen also allein aus den sozialen Bedingungen hervor.

Die Studie ist die Nachfolgerin einer Studie, mit der die AOK in den ersten Monaten von 2020 das Risiko für einen schweren Verlauf bei Langzeitarbeitslosen untersuchte. Die Studie kam anhand der Daten von 1,3 Millionen Versicherten zu dem Ergebnis, dass Bezieher von Arbeitslosengeld I ein um 17,5 Prozent erhöhtes Risiko auf einen Corona-bedingten Krankenhausaufenthalt haben und Bezieher von Arbeitslosengeld II sogar ein um 84 Prozent erhöhtes Risiko. Die Ergebnisse sind in beiden Fällen unabhängig von Alter und Geschlecht.

Auch die offiziellen RKI-Zahlen zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialem Stand und Todesfällen durch Covid-19. Während der zweiten Corona-Welle im Winter 2020/21 starben in den reicheren Bevölkerungsgruppen im Schnitt rund 45 von 100.000 Männern und 30 von 100.000 Frauen, wohingegen in den ärmeren Bevölkerungsgruppen knapp 80 von 100.000 Männern und rund 40 von 100.000 Frauen starben.

„Soziale Unterschiede beeinflussen die Gesundheitschancen beträchtlich. Das zeigt sich auch in der Covid-Pandemie. Doch die gesundheitliche Verfassung sollte nicht vom sozialen Status abhängen“, erklärte Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, nach Veröffentlichung der ersten Studie. „Dass Armut und Gesundheit zusammenhängen, wissen wir seit langem,“ sagte Prof. Nico Dragano vom Universitätsklinikum Düsseldorf.

Tatsächlich leben arme Männer im Schnitt zehn Jahre weniger als reiche. Bei Frauen sind es acht Jahre. Arme Menschen leiden auch häufiger unter Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Krankheiten. Häufig haben sie nicht die Mittel, sich medizinisch ausreichend oder optimal behandeln zu lassen.

Die Pandemie hat die Klassenfrage auch im Bereich der Gesundheit deutlich verschärft. Arbeiter leben überwiegend in beengten Wohnverhältnissen. Home Office ist für viele nicht möglich, ohne eigenes Zimmer, genügend Platz und ausreichende IT-Ausstattung. Die Gewerkschaften haben zudem eine entscheidende Rolle dabei gespielt, Arbeiter unter unsicheren Bedingungen zurück an die Arbeitsplätze zu zwingen, wo es regelmäßig zu Corona-Ausbrüchen kommt.

Allein in der zuletzt erfassten Woche hat das RKI 65 Ausbrüche an Arbeitsplätzen und 45 Ausbrüche in Ausbildungsstätten registriert. Aufgrund mangelnder Infrastruktur und Erfassungsmöglichkeiten liegen die tatsächlichen Zahlen aber weit darüber.

Die zunehmenden Erkenntnisse über die gefährlichen Folgen von Infektionen mit dem Virus und die erneut explodierenden Infektions- und Todeszahlen unterstreichen den kriminellen Charakter der Politik der herrschenden Klasse. Für ihre kapitalistischen Profitinteressen opfert sie die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung. Allein in Deutschland erlagen bereits über 150.000 Menschen dem Virus.

Um das Massensterben zu stoppen und die wissenschaftlich notwendigen Maßnahmen zur Beendigung der Pandemie durchzusetzen, ist das Eingreifen der Arbeiterklasse notwendig – ausgestattet mit einem internationalen sozialistischen Programm.

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