Zwei Wochen Regierung Meloni: Sozialabbau, Flüchtlingshetze und Diktaturvorbereitung

Zweieinhalb Wochen nach der Regierungsübernahme von Giorgia Meloni in Italien zeichnen sich die Grundlinien der Politik ihrer ultrarechten Regierung ab. Sie setzt die Kriegspolitik der Nato und den kapitalfreundlichen Wirtschaftskurs der Vorgängerregierung von Mario Draghi fort und verbindet sie mit hemmungsloser Flüchtlingshetze und drakonischen Angriffen auf demokratische Grundrechte.

Giorgia Meloni und der britische Premier Rishi Sunak treffen sich in Scharm el-Scheich [Photo by governo.it / CC BY-NC-SA 3.0]

Bereits in ihrer ersten Regierungserklärung hatte die Vorsitzende der faschistischen Fratelli d’Italia ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Europäischen Union und zur Nato abgelegt. „Italien ist voll und ganz Teil Europas und der westlichen Welt“ und werde die europäische Integration „nicht bremsen oder sabotieren“, versicherte Meloni. Italien werde im Ukrainekrieg „weiterhin ein verlässlicher Partner der NATO“ sein und fest „an der Seite des ukrainischen Volkes stehen, das von der russischen Föderation angegriffen wurde“.

Melonis erste Auslandsreise führte nach Brüssel, wo sie von der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, herzlich empfangen wurde. Gegenwärtig befindet sie sich auf der Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich, wo sie sich mit alten und neuen politischen Freunden trifft, die vorwiegend rechts stehen.

Voller Stolz veröffentlichte sie auf ihrem Twitter-Account ein Bild, das sie mit dem Schlächter von Kairo, Abdel Fatah El-Sisi, zeigt. „Wunderbar, @RishiSunak kennenzulernen,“ schrieb sie nach einem Treffen mit dem neuen britischen Premier. „Eine großartige Gelegenheit, unsere Freundschaft zu erneuern, das transatlantische Band zu stärken und unsere Bereitschaft zu bekräftigen, die vor uns liegenden wichtigen Herausforderungen gemeinsam anzugehen.“

„Ich freue mich, meinen Freund @P_Fiala wiederzusehen,“ meldete sie eine Stunde später. „Unsere Zusammenarbeit ist der Schlüssel, um die schwierigen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und für unsere gemeinsamen Werte einzustehen.“ Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala ist Mitglied der rechtskonservativen ODS. Dazwischen hatte Meloni „Seine Majestät König Abdullah II. und seine königliche Hoheit der Kronprinz Al Hussein“ getroffen und die die „langjährigen Wurzeln“ der „Freundschaft zwischen Italien und Jordanien“ gepriesen. Auch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz führte sie ein freundliches Gespräch.

Ende letzter Woche präsentierte die neue Regierung ihren ersten Haushaltsplan. „Meloni setzt den Draghi-Kurs fort,“ jubelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die sonst nicht müde wird, die italienische Finanzpolitik zu kritisieren. Trotz Wirtschaftskrise und Rekordinflation soll die staatliche Neuverschuldung von 5,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 4,5 Prozent 2023 und 3,7 Prozent 2024 sinken. 2021 hatte sie noch 7,2 Prozent betragen. Das erfordert massive Kürzungen bei den Sozial-, Gesundheits- und Bildungsausgaben.

Lediglich um Unternehmen und Haushalte von den steigenden Energiekosten zu entlasten, will die Regierung bis Ende nächsten Jahres 30 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Alle anderen anfallenden Mehrausgaben müssen durch Einsparungen im selben Ressort finanziert werden, wie Finanzminister Giancarlo Giorgetti (Lega) betonte.

Um den Widerstand der Arbeiterklasse und der Jugend gegen diese Angriffe zu unterdrücken, errichtet die Regierung Meloni einen Polizeistaat und mobilisiert den rechten Bodensatz der Gesellschaft durch rücksichtslose Angriffe auf Flüchtlinge.

Kaum an der Macht, sperrte sie die italienischen Häfen für Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen. Ende letzter Woche harrten schließlich hunderte Flüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen auf überfüllten Schiffen vor der italienischen Küste aus.

Ende der Woche ließ die Regierung dann zwar zwei Schiffe in italienische Häfen einlaufen. Es durften aber nur Kranke und Minderjährige aussteigen, gesunde Erwachsene mussten an Bord bleiben. Die Regierung Meloni vertritt den Standpunkt, dass Länder wie Deutschland, unter deren Flagge die Schiffe fahren, die Flüchtlinge aufnehmen müssen.

Die Regierung Meloni versucht mit diesen rechtswidrigen Methoden die Seenotrettung völlig zu unterbinden und die Hilfsorganisationen zu kriminalisieren.

Innenminister Matteo Piantedosi, der der Lega nahesteht, hat ein „Nationales Komitee für öffentliche Ordnung und Sicherheit“ einberufen, das aus Spitzenbeamten des Innenministeriums, der Küstenwache, des Verteidigungsstabs sowie der Geheimdienste besteht. Es hat die Aufgabe, Flüchtlinge von Italiens Küsten abzuhalten. Piantedosi will Auffanglager jenseits des Mittelmeers errichten, in denen Flüchtlinge festgehalten und ihre Personalien erfasst werden. Nur eine festgelegte und kontrollierte Quote soll dann nach Europa kommen dürfen.

Auch hier knüpfen Meloni und ihr Innenminister an die Politik der Vorgängerregierungen sowie der Europäischen Union an. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex hat die Seenotrettung vor Jahren eingestellt, schiebt Migranten mittels Pushbacks illegal zurück und sperrt sie dies- und jenseits der europäischen Grenze in unmenschliche Lager. Seit 2014 sind als Folge dieser Politik über 25.000 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken, das sind etwa vier Mal so viel wie die Zahl der Zivilisten, die laut Schätzung der UN bisher im Ukrainekrieg gestorben sind.

Doch während die EU und Frontex versuchen, ihr mörderisches Tun zu verheimlichen, bemüht sich die Regierung Meloni um größtmögliche Öffentlichkeit. Wie alle rechten und faschistischen Bewegungen nutzt sie den Terror gegen Flüchtlinge, um einen rechten Mob aufzuhetzen.

Obwohl sie versucht, dies herunterzuspielen, wimmelt es auch in der Regierung selbst von offenen Faschisten. Es werden immer neue Fälle bekannt.

So sind 17 Jahre alte Bilder des Staatssekretärs im Verkehrsministerium, Galeazzo Bignami aufgetaucht, die das Mitglied der Fratelli d’Italia mit einer Hakenkreuz-Armbinde auf einer Junggesellenfeier zeigen. Von der Staatssekretärin im Forschungsministerium, Augusta Montaruli, zirkuliert ein Foto, auf dem sie während einer Pilgerfahrt in Mussolinis Geburtsstadt Predappio den „römischen Gruß“ zeigt. Der Staatssekretär im Justizministerium, Andrea Delmastro Delle Vedove, hat auf Facebook den belgischen Nazi-Kollaborateur und SS-Offizier Léon Degrelle zitiert.

Kaum im Amt, hat die Regierung Meloni auch erste Vorbereitungen für die gewaltsame Unterdrückung politischen und sozialen Widerstands getroffen. Per Dekret schuf sie einen neuen Straftatbestand. Wer eine „Versammlung“ von mehr als fünfzig Personen organisiert oder daran teilnimmt, indem er „in den Raum von öffentlichen und privaten Grundstücken oder Gebäuden anderer Personen eindringt“, wird mit Gefängnis zwischen drei und sechs Jahren sowie einer Geldbuße von bis zu 10 000 Euro bestraft, wenn sich aus der Veranstaltung „eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit ergeben kann“.

Den Vorwand für das Dekret lieferte eine harmlose Rave-Party in einer stillgelegten Halle in Modena, zu der 3500 junge Leute gekommen waren. Als der Eigentümer der Halle Anzeige erstattete, weil er den Einsturz der Halle fürchtete, riegelte die Polizei das Gebäude ab. Darauf verließen die Raver das Gelände friedlich, ohne dass es zu Zwischenfällen kam.

Sollte das Dekret „in seiner jetzigen Fassung den Weg durchs Parlament überleben, könnten auch die Streikbesetzung einer Schule, Universität oder Fabrik und die Besetzung von verlassenen Gebäuden geahndet werden,“ kommentiert die FAZ. „Viele glauben, mit der ‚Anti-Rave-Norm‘ habe sich die Regierung in Wirklichkeit ein Werkzeug erschaffen, um Manifestationen des kollektiven Dissens durch präventive Repression und Überwachung zu unterdrücken. In dieser Lesart war der illegale Rave bloß ein willkommener Anlass.“

Dass der Widerstand gegen die Politik der gesamten herrschenden Klasse wächst, zeigen nicht nur immer wieder aufflammende Streiks im öffentlichen und privaten Bereich, sondern auch die wachsende Opposition gegen die Kriegspolitik der Nato.

Am vergangenen Wochenende gingen nach Angaben der Organisatoren italienweit mehr als 100.000 Menschen auf die Straße, um für einen Verhandlungsfrieden in der Ukraine zu demonstrieren. Zu den Demonstrationen hatten mehr als 500 Organisationen, darunter auch die Gewerkschaften, aufgerufen.

Doch dieselben Parteien, die in den vergangenen Jahren die Nato gstärkt, die sozialen Angriffe auf die Arbeiterklasse organisiert und den Rechten so an die Macht verholfen haben, versuchen jetzt, die wachsende Opposition fehlzuleiten und zu lähmen. Drei ehemalige Regierungschefs traten auf den Kundgebungen als Redner auf: Giuseppe Conte (Fünf Sterne) und Enrico Letta (Demokraten) in Rom sowie Matteo Renzi (Italia Viva) in Mailand.

Soziale Angriffe, Krieg und Diktatur können nur durch eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse bekämpft werden, die mit diesen bankrotten Parteien bricht und für ein internationales, sozialistisches Programm eintritt.

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