Die vollständige Klageschrift ist hier abrufbar.
Am Donnerstag reichte der UAW-Präsidentschaftskandidat Will Lehman Klage gegen die US-Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) und den gerichtlich bestellten Wahlaufseher ein. Die Klage verlangt, die Frist für die Stimmabgabe bei den ersten Direktwahlen der UAW-Führung zu verlängern und Maßnahmen zu erzwingen, um die Mitgliedschaft über die stattfindende Wahl in Kenntnis zu setzen.
Die Klage Lehman gegen UAW wurde vor einem Bundesgericht in Michigan eingereicht. Sie verteidigt das Recht aller Mitglieder, in einer Wahl ihre Stimme abzugeben, die ein echter demokratischer Ausdruck des Willens der Mitglieder ist.
Der Wahlaufseher hat den gestrigen 18. November als Frist für die Einsendung der Stimmzettel angegeben, um sicherzustellen, dass sie rechtzeitig zur Auszählung eingehen. Der US Postal Service hat jedoch berichtet, dass bisher nur 9 Prozent der Mitglieder ihre Stimmzettel abgegeben haben. Viele Arbeiter berichten, dass sie keine Stimmzettel erhalten haben und dass Arbeiter an ihren Arbeitsplätzen nicht wissen, dass eine Wahl stattfindet.
„Bei dieser Klage geht es darum, die Rechte der gesamten Mitgliedschaft zu schützen“, erklärte Will Lehman der World Socialist Web Site. „Die Führung der UAW hat unkontrollierte Macht, frei von der Mitsprache der beitragszahlenden Arbeiter, schon lange bevor ich überhaupt geboren wurde. Sie informieren Arbeiter nicht über die Wahl, weil sie nicht wollen, dass wir eine echte Chance haben, sie rauszuwerfen.
Dass die Verteidigung der Arbeiterrechte der UAW-Führung übertragen wurde, ist der Grund für die niedrige Wahlbeteiligung von 9 Prozent. Ihr Ziel war es nie, den Arbeitern ein Mitspracherecht zu geben. Ihr einziges Anliegen ist der Schutz ihrer Posten um jeden Preis. Die Stimme der Arbeiterinnen und Arbeiter muss gehört werden.“
In der Klage von Lehman heißt es: „Ohne ein sofortiges Eingreifen dieses Gerichts wird die derzeit stattfindende Wahl weit hinter diesen grundlegenden Garantien zurückbleiben. Die UAW und der Wahlaufseher haben nicht annähernd für eine angemessene Information von hunderttausenden UAW-Mitglieder gesorgt. Arbeiter an der Basis sind UAW-Direktwahlen nicht gewöhnt und würden normalerweise nicht erwarten, Stimmzettel zu erhalten.“
Die Anklage enthält Aussagen dutzender Arbeiter, die berichteten, dass sie keine Stimmzettel erhalten haben und dass es äußerst schwierig war, einen solchen beim gerichtlich bestellten Wahlaufseher zu beantragen und zu erhalten.
In einem Bericht über ein Gespräch mit Lehman nach der Einreichung der Klage schrieb die Detroit News, dass Lehman „auf Gespräche hinwies, die er mit Gewerkschaftsmitgliedern auf dem Weg zur und von der Arbeit geführt hatte. Die Arbeiter waren sich nicht bewusst, dass die Wahl noch läuft, oder hatten keinen Stimmzettel erhalten. Lehman fügte hinzu, dass nicht jeder E-Mails über die Wahl erhalten habe und dass die Nachrichten, die er selbst erhalten habe, im Spam-Ordner gelandet seien.
Die Detroit News verlinkten dann auf ein Video der Debatte von Will Lehman mit Ray Curry, Shawn Fain und anderen Kandidaten. „Ein virtuelles Forum mit Präsidentschaftskandidaten wurde auf YouTube weniger als 20.000 Mal aufgerufen“; außerdem haben „einige Mitglieder möglicherweise den von der UAW gesendeten Briefwahl-Stimmzettel fälschlicherweise als Benachrichtigung für die Zwischenwahlen zum Kongress und Senat identifiziert“.
Die Times of Northwest Indiana, eine Publikation mit einer großen Leserschaft in der Industrieregion um die Stadt Gary, zitierte aus Lehmans juristischer Klageschrift.
„Dies ist die erste Direktwahl in der Geschichte der UAW“, argumentieren Lehmans Anwälte in der Klage. „Die Mitglieder hatten in der Vergangenheit keine praktische Erfahrung, ihre Führung direkt zu wählen. Direktwahlen finden nur statt, weil die jüngste UAW-Führung verurteilt wurde, die Rechte ihrer Mitglieder systematisch und massenhaft verletzt zu haben, indem sie Gewerkschaftsgelder missbraucht und Bestechungsgelder von Unternehmen angenommen hatte. Unter diesen Umständen ist die Weigerung, eine freie und faire Wahl abzuhalten, kein Zufall. Sie spiegelt die Weigerung der etablierten UAW-Führung wider, ihre eigene Abwahl zuzulassen. Das amerikanische Arbeitsrecht (LMDRA) hat ausdrücklich die Bundesgerichte dazu ermächtigt, solche Situationen zu verhindern.“
Die Times schließt ihren Artikel mit den Worten: „Ein UAW-Sprecher reagierte nicht auf Bitten um Stellungnahme.“
Unterstützer von Will Lehman besuchten am Donnerstagnachmittag das Stellantis (Chrysler) Warren Truck Montage-Werk, um die Arbeiterinnen und Arbeiter über Lehmans Klage gegen die UAW und den gerichtlich bestellten Wahlaufseher zu informieren.
Viele Arbeiter brachten ihre Unterstützung für die Klage zum Ausdruck und forderten, dass die Mitglieder einen weiteren Monat Zeit für die Abstimmung erhalten. „Ja, ich unterstütze die Klage“, sagte ein Arbeiter. „Viele Arbeiter erhalten ihre Stimmzettel nicht, und einige Vertrauensleute sagen den Aushilfskräften auf Teilzeitbasis, dass sie kein Wahlrecht hätten. Ich habe meinen Stimmzettel bekommen und werde heute Abend wählen.“
„Das ist lächerlich“, sagte der Arbeiter, als der Lehman-Unterstützer ihm mitteilte, dass der Wahlaufseher bisher von weniger als 10 Prozent der Wahlberechtigten Stimmzettel erhalten hätte. „Das ist weniger als beim Referendum für die Entscheidung ‚ein Mitglied, eine Stimme‘. [Im Dezember 2021 hatten UAW Mitglieder entschieden, dass die UAW-Führung durch alle Mitglieder und nicht durch Delegierte gewählt werden solle.] Es wird die UAW-Funktionäre begünstigen, wenn sie die Wahl geheim halten und die Leute im Unklaren lassen können. Der einzige Grund, warum so viele Leute in meinem Betrieb von der Wahl wissen, ist, dass ihr seit dem Sommer regelmäßig hier draußen wart.“
Ein anderer Arbeiter kommentierte die Klage von Will mit den Worten: „Es ist völlig legitim. Man muss alles tun, was nötig ist, um die Stimmzettel an alle zu verteilen.“ Ein anderer Arbeiter fügte hinzu: „Ich kenne eine Menge Leute, die nicht einmal von der Wahl wissen. Überall im Betrieb sollten Aushänge darüber informieren.“
Eine junge Arbeiterin sagte: „Ich habe die Kontakt-Nummer angerufen, um den Wahlzettel zu bekommen. Die Antwort war, dass sie ihn nicht mehr ausgeben würden. Wir sollten alle das Recht haben, zu wählen. Ich habe für mich und meinen Vater angerufen, der nach 35 Jahren hier in den Ruhestand gegangen ist“, sagte sie und bemerkte, dass keiner von ihnen einen Stimmzettel erhalten hatte.
Zur Forderung von Lehman, den Arbeitern weitere 30 Tage Zeit zu geben, um ihre Stimmzettel zu erhalten und zu wählen, sagte sie: „So sollte das sein. Es ist so früh, so kurz nach der Wahl der Regierung. Die [UAW]-Wahl wurde irgendwie dazwischengeschoben. Ich kann mir ehrlich gesagt gut vorstellen, dass viele Leute bei allem, was uns zugeschickt wurde – für die Wahl, für den Gouverneur und so weiter – wahrscheinlich einen Fehler gemacht und den Stimmzettel weggeworfen haben, weil er wie Propaganda und der übliche Wahl-Jargon aussah.
Ich wusste bis vor etwas mehr als einer Woche nichts, als ich von einem Kollegen per SMS aufgefordert wurde, für eine Streikabstimmung ins Bezirksbüro zu kommen. Es ging nicht unbedingt um die Abstimmung über die UAW International. Ich brauche einen Stimmzettel. Ich weiß nicht, ob ich ihn mit all den anderen Wahlunterlagen weggeworfen habe. Ich habe jetzt eine Nachricht an alle in meinem Team verschickt. ‚Wenn ihr ihn zu Hause habt, füllt ihn aus und schickt ihn ein. Es geht um unsere Zukunft. Ihr müsst euch wirklich darüber im Klaren sein.‘“
Ein anderer Arbeiter kommentierte die Klage mit den Worten: „Ich bin total damit einverstanden. Es ist das universelle Recht jedes einzelnen, seine Stimme abzugeben und nicht von jemand anderem daran gehindert zu werden, seinen Stimmzettel zu erhalten und abzuschicken. Wenn also eine Klage notwendig ist, um unser Wahlrecht durchzusetzen, dann bin ich voll dafür. 100 Prozent.“