Silicon Valley Bank: zweitgrößte Bankenpleite der USA

Am Freitag, den 10. März 2023, wurde die Silicon Valley Bank (SVB), die sowohl Neugründungen im Hightech-Bereich als auch deren Anleger betreute, geschlossen. Damit geht sie als zweitgrößter Bankenzusammenbruch in die Geschichte der USA ein.

Mit Vermögenswerten in Höhe von 209 Mrd. US-Dollar (ca. 196 Mrd. Euro) wird der Untergang der SVB nur von der Pleite der Washington Mutual im Jahr 2008, zu Beginn der weltweiten Finanzkrise, in den Schatten gestellt. Die staatliche Einlagenversicherungsgesellschaft FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) beschlagnahmte die Vermögenswerte der SVB mit Unterstützung der örtlichen Polizei von Santa Clara.

Polizeibeamte beim Verlassen der SVB [AP Photo/Jeff Chiu]

Die SVB hatte vor knapp 18 Monaten einen Börsenwert von 44 Mrd. Dollar. Jetzt befindet sie sich in den Händen von Insolvenzverwaltern der FDIC, die nach einer gescheiterten Kapitalerhöhung in Höhe von 2,5 Mrd. Dollar eingeschaltet wurde.

Noch am Donnerstag versicherte der SVB-Chef Kunden und Anlegern, dass die Bank trotz ihrer Probleme auf einem soliden finanziellen Fundament stehe. Jedoch ohne Erfolg.

Die SVB war kein unbedeutendes Kreditinstitut. Sie war die sechzehnt-größte Bank der USA und eng in die Hightech-Branche des Silicon Valley eingebunden. Dort betreute sie rund die Hälfte aller von Risikokapitalgebern finanzierten Start-ups.

Die Dimension und das Tempo des Kollapses kommentierte ein hochrangiger Manager eines milliardenschweren Risikokapitalfonds gegenüber der Financial Times wie folgt: „Die seit 40 Jahren bestehenden Geschäftsbeziehungen der SVB zum Silicon Valley haben sich innerhalb von 14 Stunden in Luft aufgelöst.“

Das Scheitern der SVB ist eine direkte Folge der Politik der US-Zentralbank (Fed). Sie erhöhte die Leitzinsen so schnell wie seit 40 Jahren nicht mehr, um den steigenden Lohnforderungen der Arbeiter angesichts der höchsten Inflation seit 40 Jahren Paroli zu bieten.

Während der vorangegangenen extrem lockeren Geldpolitik war sehr viel Geld in den Hightech-Sektor geflossen. Daher suchte die SVB nun nach sicheren Anlagemöglichkeiten für ihre zusätzlichen Barbestände und meinte, diese in Form von vermeintlich sicheren US-Staatsanleihen und hypothekengesicherten Wertpapieren gefunden zu haben.

Der Wall Street Journal, das über den Untergang der SVB berichtete, warf die Frage auf, wie eine Bank, die einige der sichersten Vermögenswerte der Welt erwarb, innerhalb von zwei Tagen Konkurs gehen konnte.

Weiter heißt es im Wall Street Journal, dass das Wertpapiervermögen der Bank von etwa 27 Mrd. Dollar im ersten Quartal 2020 auf etwa 121 Mrd. Ende 2021 angestiegen war. Dieser fantastische Anstieg war eine direkte Folge der massiven 4 Billionen-Finanzspritze der Fed, die nach dem Marktstillstand im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie in das Finanzsystem gepumpt wurde.

Doch als die Fed im vergangenen Jahr begann, die Zinssätze anzuheben, und damit die Verzinsung von Staatsanleihen und anderen Schuldtiteln stieg, sank ihr Marktwert – die Renditen und Kurse dieser Anleihen entwickeln sich gegenläufig –, wodurch die SVB schwere Verluste hinnehmen musste. Berechnungen zufolge erlitt die SVB einen Verlust von 15 Mrd. Dollar auf ihre langfristigen Wertpapiere im Gesamtwert von 91 Mrd. Dollar.

Ein weiterer entscheidender Faktor war die Veränderung der Geldströme. Anstatt neues Geld von Anlegern zu erhalten, die auf das nächste Startup-Wunder aus dem Silicon Valley setzen, begannen viele Geld abzuheben, da sie ihr liquides Kapital verbraucht hatten.

Der SVB-Kollaps löste eine Schockwelle aus, die vergleichbare Banken und das gesamte Bankensystem erschütterte. Der Aktienhandel der ähnlich gelagerten Bankengruppen PacWest, Western Alliance und First Republic wurde aufgrund starker Kursverluste zeitweise ausgesetzt. Die Aktien von PacWest schlossen am betreffenden Tag mit einem Minus von 38%, bei Western Alliance fiel der Kurs um 21%, und bei First Republic brach er um 15% ein.

First Republic gab eine Stellungnahme ab, in der sie auf ihre „weiterhin bestehende Sicherung und Stabilität aufgrund ihrer hervorragenden Eigenkapital- und Liquiditätsbasis“ verwies. Derartige Erklärungen bedeuten im Prinzip gar nichts, denn wenn eine Bank etwas Gegenteiliges behauptet oder auch nur entfernt andeutet, dass etwas nicht in Ordnung ist, kann das zu einem Kurssturz führen.

Im vorliegenden Fall haben die Märkte guten Grund, die rosige Finanzlage von First Republic zu bezweifeln. Die jüngsten Jahresberichte offenbarten eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Marktwert der Vermögenswerte, hauptsächlich Kredite, und ihrem Buchwert.

Laut dem Wall Street Journal lag der Marktwert der „durch Liegenschaften gesicherten Hypotheken“ Ende letzten Jahres bei 117,5 Mrd. Dollar, während der Buchwert sagenhafte 136,8 Mrd. Dollar betrug.

„Die Differenz zum Marktwert dieser einzelnen Vermögenskategorie überstieg das gesamte Eigenkapital von First Republic in Höhe von 17,4 Milliarden Dollar“, heißt es in dem Artikel. Das Journal schreibt weiter, dass der Gesamtwert der Konzern-Finanzanlagen um 26,9 Mrd. Dollar niedriger als in der Bilanz ausgewiesen ist, und fügte hinzu, dass ein Unternehmenssprecher es ablehnte, diese Abweichung zu kommentieren.

Die Übernahme der SVB durch die FDIC dürfte signifikante unmittelbare Konsequenzen nach sich ziehen. Zwar sind Einlagen bis zu 250.000 Dollar staatlich versichert, jedoch liegt der Großteil der Kundeneinlagen deutlich über diesem Wert. Die Bank meldete Ende letzten Jahres, dass von den insgesamt 173 Mrd. Dollar an inländischen Einlagen 151 Mrd. Dollar nicht versichert waren.

Als die großen Probleme der Bank am Donnerstag offensichtlich wurden, versuchten die Anleger, ihr Geld herauszuholen, um es anderweitig unterzubringen.

Die Start-up-Unternehmen im Silicon Valley stehen infolge des Zusammenbruchs vor großen Problemen. Ein Branchenvertreter twitterte, es handele sich um ein „Massenaussterben“.

Die Tragweite des SVB-Zusammenbruchs und seine potenziellen Folgen für den Bankensektor, der bereits in den vergangenen Tagen an der Wall Street gebeutelt wurde, sind so gewaltig, dass sich das US-Finanzministerium gezwungen sah, eine offizielle Stellungnahme abzugeben. Darin heißt es, man habe sich mit Spitzenbeamten der Federal Reserve, der FDIC und der Aufsichtsbehörde OCC, die alle an der Bankenaufsicht beteiligt sind, getroffen, um die Situation zu prüfen.

In der Erklärung heißt es, Finanzministerin Janet Yellen habe „uneingeschränktes Vertrauen in die Bankenaufsichtsbehörden“ bekundet und versichert, dass das Bankensystem „nach wie vor widerstandsfähig“ sei.

Selbstverständlich konnte sie nicht wirklich etwas anderes sagen. Trotzdem bleiben alle Kernfragen offen. Etwa: Warum konnten die neuen Vorschriften, die nach der Krise von 2008 eingeführt wurden, den Markstillstand im März 2020 nicht verhindern? Ein Ereignis übrigens, für das die Finanzaufsichtsbehörden auch nach fast drei Jahren noch keine Erklärung, geschweige denn eine Lösung gefunden haben.

Fest steht, dass die massive Geldspritze der Fed in Höhe von 4 Billionen Dollar eine neue Runde extremer Spekulationen auf allen Finanzmärkten ausgelöst hatte. Doch jetzt, wo die Zinssätze rapide steigen und damit der Zustrom neuen Geldes versiegt, erzeugt sie eine neue folgenschwere Finanzkrise.

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