Die Hochschulgruppe der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) wird an der Humboldt-Universität Berlin erneut mit zwei Abgeordneten ins Studierendenparlament (StuPa) einziehen. Die IYSSE traten als einzige Liste mit einem Programm gegen Krieg und Militarismus zur Wahl an und erhielten am vergangenen Dienstag 47 Stimmen (2,8 Prozent) von Studierenden aller Fachrichtungen.
Obwohl die Wahlen zum Studierendenparlament unter Bedingungen des mörderischen Nato-Stellvertreterkriegs in der Ukraine und der größten deutschen Aufrüstung seit Hitler stattfanden, wurden diese Fragen ausschließlich von den IYSSE thematisiert. „Die Gefahr eines nuklearen Weltkriegs war noch nie so groß wie heute“, warnte die Hochschulgruppe in ihrem Wahlprogramm.
„Unser Wiedereinzug ins StuPa der Humboldt-Uni ist ein großer und bedeutender Erfolg“, sagte IYSSE-Spitzenkandidat Gregor Kahl gegenüber der World Socialist Web Site. „Wir haben mit hunderten Studierenden die Kriegspolitik der deutschen Eliten und die Hintergründe des Ukrainekrieges diskutiert. Unser Aufruf, der Gleichschaltung und Militarisierung der Universitäten entgegenzutreten, traf auf große Resonanz. Bei Vorträgen in Hörsälen und Diskussionen auf dem Campus haben wir festgestellt, dass unter Studierenden große Unterstützung für eine internationale Massenbewegung gegen den Krieg herrscht. Unsere Kampagne hat der weitverbreiteten Opposition gegen Krieg einen bewussten politischen Ausdruck verliehen.“
Das Wahlergebnis ist gerade deshalb bedeutsam, weil rechte Gruppierungen mit Unterstützung der Universitätsleitung versucht haben, den Wahlkampf der IYSSE unmöglich zu machen. Sie zerstörten dermaßen systematisch die Plakate und Flyer der trotzkistischen Hochschulgruppe, dass es Studierenden kaum noch möglich war, sich über das Programm und die Veranstaltungen der IYSSE zu informieren. Ukrainische Nationalisten hatten die antimilitaristische Position der IYSSE als „russisch-imperialistisch“ diffamiert.
Die IYSSE waren diesem Versuch, jede Kritik am deutschen Militarismus und dem Nato-Stellvertreterkrieg in der Ukraine vom Campus zu verbannen, entschieden entgegengetreten. Sie zeigten auf, wie die Universitätsleitung seit Jahren ein Klima der Einschüchterung schafft, um studentische Kritik an rechten und militaristischen Positionen zu unterdrücken.
Schon seit drei Jahren weigert sich die Universitätsleitung, einen tätlichen Angriff des rechtsradikalen Professors Jörg Baberowski auf den IYSSE-StuPa-Abgeordneten Sven Wurm zu verurteilen und Maßnahmen gegen den Professor einzuleiten. Die IYSSE hatten deshalb im Juni Dienstaufsichtsbeschwerde gegen HU-Präsidentin Julia von Blumenthal eingereicht, die unter Studierenden auf große Zustimmung stieß.
In der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Blumenthal stellte Wurm fest: „Dass dieser rechtsextreme Ideologe nun dazu übergegangen ist, als rechtsradikaler Aktivist selbst über den Campus zu ziehen, studentische Wahlwerbung zu zerstören und Studierende tätlich anzugreifen, ist auch die Verantwortung des Universitätspräsidiums. Es hat die rechtsradikalen Strukturen, die sich an Baberowskis Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte herausgebildet haben, seit Jahren unterstützt und verteidigt.“
„Unzählige Kommilitonen waren entsetzt darüber, dass die Universitätsleitung rechten Professoren und Aktivisten einen politischen Freifahrtschein erteilt und sogar Gewalt gegen Studierende duldet“, berichtete Kahl dazu. „Wenn an einer der führenden deutschen Unis studentische Kritik mit Gewalt beantwortet wird, dann ist das ein Angriff auf die demokratischen Rechte aller Studierenden und hat internationale Bedeutung.“
Baberowski ist ein zentraler Ideologe der extremen Rechten und für seine Relativierung der Nazi-Verbrechen und seine Verharmlosung Hitlers international berüchtigt – und er ist nicht allein. In der IYSSE-Wahlveranstaltung am 26. Juni wurde aufgezeigt, dass der Rechtsruck an der Uni systematisch gefördert wird und dazu dient, die Kriegspolitik der Bundesregierung ideologisch zu verbrämen. In der Woche davor hatten die IYSSE die historischen und wirtschaftlichen Ursachen des Ukrainekriegs analysiert und ein sozialistisches Programm dargelegt, um Arbeiter in der Ukraine, Russland und weltweit gegen den Krieg zu vereinen und die Aufrüstung zu stoppen.
Im Rahmen einer vom studentischen Wahlvorstand organisierten Debattenrunde warnte Kahl vor der Gefahr eines atomaren Schlagabtauschs zwischen Russland und der Nato und stellte fest, dass sich ein dritter Weltkrieg entwickle. Vor diesem Hintergrund erläuterte er die sozialistische Perspektive der IYSSE und die politische Bedeutung der Auseinandersetzung mit den HU-Professoren Jörg Baberowski und Herfried Münkler. Anschließend appellierte er an die anwesenden Studierenden, den engen Rahmen der Hochschulpolitik zu durchbrechen und den Kampf gegen Krieg aufzunehmen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Kampagne der IYSSE gipfelte am Montag in einer internationalen Veranstaltung, in deren Rahmen die IYSSE-Sprecher Samuel Tissot aus Paris und Thomas Scripps aus London von den Klassenkämpfen Frankreich und dem Vereinigten Königreich berichteten. Tissot und Scripps wiesen nach, dass die nationalen Gewerkschaftsbürokratien und die pseudolinken kleinbürgerlichen Parteien und Strömungen, die sie verteidigen, eine Schlüsselrolle dabei gespielt haben, die Kämpfe entlang von nationalen und beruflichen Grenzen zu spalten.
IYSSE-Kandidat Christopher Khamis stellte abschließend fest: „Eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gegen Krieg und Kapitalismus ist kein schöner Traum, sondern entwickelt sich konkret. Als Jugendorganisation der Vierten Internationale kämpfen wir um die Führung dieser Bewegung und treten dafür ein, sie mit einem sozialistischen Programm gegen den Kapitalismus zu vereinen. Das ist die einzige Möglichkeit, den Krieg zu stoppen. Ich rufe euch alle auf, an diesem Kampf teilzunehmen und Mitglied der IYSSE zu werden.“
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