Am Freitag setzten die Arbeiter des Fiat-Chrysler-Fertigungswerks Jefferson North (JNAP) in Detroit ihre mutige Arbeitsniederlegung fort. Arbeiter der „Mannschaft B“ betraten das Werk um 16:30 Uhr und weigerten sich zu arbeiten, solange vom Unternehmen und der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsprotokolle wie Maßnahmen zur sozialen Distanzierung und Hygienerichtlinien missachtet werden, um die Profite zu maximieren.
Die Produktion in dem Werk stand nicht nur wegen des Arbeitskampfs gegen den Konzern und die UAW still, sondern auch, weil sich viele Arbeiter aus berechtigten gesundheitlichen Bedenken weigerten, zur Arbeit zu erscheinen.
Die Arbeitsniederlegung in der Fabrik mit 5.000 Beschäftigten begann am Donnerstagmittag, als Arbeiter der „Mannschaft A“ erfahren hatten, dass mindestens drei ihrer Kollegen positiv auf Covid-19 getestet worden waren.
Die Arbeiter der „Mannschaft B“ streikten von Donnerstag 16:30 bis etwa Freitagmorgen 2:00, als das Management und UAW-Funktionäre versuchten, einige von ihnen wieder an die Arbeit zu zwingen. Doch die Arbeiter der „Mannschaft C“ setzten den Kampf fort, als sie am Freitagmorgen um 3:30 Uhr eintrafen. Die Arbeiter veröffentlichten Videos, in denen sie um Unterstützung baten, eines davon wurde allein auf Twitter 1.600-mal angesehen.
Die Arbeiter agieren unabhängig von und gegen die UAW und nehmen den Kampf wieder auf, den die Autoarbeiter in Indiana, Michigan, Ohio und Ontario (Kanada) im März begonnen hatten. Sie hatten sich damals geweigert, unter unsicheren Bedingungen zu arbeiten und brachten die nordamerikanische Autoindustrie für fast zwei Monate zum Erliegen.
Der Autoworker Newsletter der World Socialist Web Site berichtete als erstes über die Arbeitsniederlegung bei JNAP, nachdem er von Arbeitern des Werks darüber informiert worden war. Er veröffentlichte einen Artikel, der innerhalb von Stunden zehntausende Arbeiter erreichte. In den nationalen Medien wurde der spontane Streik totgeschwiegen, und erst am Freitagnachmittag berichteten lokale Medien darüber. In deren Berichterstattung wurde die fragwürdige Behauptung des Managements wiederholt, es gebe keine bestätigten Corona-Fälle in dem Werk.
Der wichtige Kampf der JNAP-Arbeiter entwickelt sich vor dem Hintergrund zunehmender Militanz und wachsenden Widerstands der Arbeiter gegen den Angriff der herrschenden Klasse auf das Leben und die Rechte der arbeitenden Bevölkerung während der Corona-Pandemie. Die Back-to-Work-Kampagne, die von der Trump-Regierung angeführt, aber auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene von demokratischen Funktionären umgesetzt wird, geht ungehemmt weiter, obwohl ihre katastrophalen Folgen sichtbar sind: der tägliche Rekordanstieg der Infiziertenzahlen und eine explosionsartige Zunahme der Krankenhauseinweisungen im ganzen Land.
Die ausgemachte Kriminalität des Vorgehens der herrschenden Elite und beider Parteien sorgt dafür, dass der bewusste Widerstand gegen die kapitalistische Ausbeutung unter breiten Schichten der Arbeiter wächst. Dieser Prozess ist international. Überall auf der Welt vertreten kapitalistische Regierungen die gleiche mörderische Politik der „Herdenimmunität“ und lösen damit unter den Arbeitern Wut und Widerstand aus.
Ein Arbeiter des Fiat-Chrysler-Getriebewerks in Kokomo, Indiana, erklärte gegenüber dem Autoworker Newsletter: „Sie setzen uns alle wegen des allmächtigen Dollars dem Virus aus. Ein Leben ist unbezahlbar. Unser Leben ist mehr wert als ein Getriebe. Momentan kauft sowieso niemand Autos. Es ist traurig, dass ihnen Getriebe wichtiger sind als unser Leben.“
Die herrschende Unternehmer-Klasse hat die Produktion weltweit wieder hochgefahren, obwohl es in den meisten Ländern keine Massentests und Kontaktverfolgung gibt. Damit gefährdet sie das Leben, die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeiter, um in Fabriken, Logistikzentren, Einzelhandelsgeschäften, Krankenhäusern, Fleischverarbeitungs- und Landwirtschaftsbetrieben, Büros und an anderen Arbeitsplätzen Profite zu erwirtschaften.
Doch die Arbeiter leisten zunehmend Widerstand. Beim Pistazienhersteller Primex Farms in der Nähe von Wasco (Kalifornien) streikt seit Donnerstag eine Gruppe von 50 Landarbeitern für kostenlose Gesichtsmasken, Handschuhe und Transparenz über bestätigte positive Fälle. Die Arbeiter hatten den Streik organisiert, nachdem sie von einem lokalen Nachrichtensender erfahren hatten, dass 31 Landarbeiter des Unternehmens an Covid-19 erkrankt waren. Das Unternehmen, das in Kalifornien Pistazienplantagen von mehr als 2.000 Hektar Gesamtgröße, Nuss- und Trockenfruchtbetriebe besitzt, hatte seine Arbeiter nicht über die Infektionen informiert.
Im Riverside Community Hospital in Kalifornien haben 1.000 Pflegekräfte und Hilfspersonal, die im Ortsverband 121RN der Service Employees International Union (SEIU) organisiert sind, gegen HCA Healthcare gestreikt. Sie kämpfen gegen Lohnsenkungen, chronische Unterbesetzung und einen Mangel an qualitativ hochwertiger Schutzausrüstung, die das Personal vor einer Ansteckung mit Covid-19 schützen soll.
Am 19. Juni beteiligten sich im mexikanischen Matamoros 3.200 Arbeiter der Autozuliefererbetriebe an einem spontanen Streik gegen das Unternehmen Tridonex Cardone, nachdem bekannt wurde, dass dort zwei Kollegen gestorben waren, die sich vermutlich mit Covid-19 infiziert hatten. Die Arbeiter forderten mehr Informationen und die Schließung der Betriebe, bis Sicherheitsregeln erfüllt werden.
Bei diesen Kämpfen geraten die Arbeiter in einen unversöhnlichen Konflikt mit dem kapitalistischen System und den Gewerkschaften, die in der Back-to-Work-Kampagne mit den Unternehmen zusammenarbeiten und ihnen helfen, unsichere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die Gewerkschaften versuchen, Arbeiter weltweit voneinander zu isolieren, obwohl sie für die gleichen Konzerne arbeiten, gegen das gleiche kapitalistische System und für die gleichen Arbeitsplatz- und Gesundheitsschutzmaßnahmen gegen ein Virus kämpfen, das keine nationalen Grenzen kennt.
Die World Socialist Web Site ruft alle Autoarbeiter in den USA und der Welt auf, die JNAP-Arbeiter zu unterstützen und den Kampf auf die gesamte Branche auszudehnen.
Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Arbeiter den Kampf in die eigene Hand nehmen und unabhängig von den Gewerkschaften führen. Die WSWS ruft alle Arbeiter dazu auf, Sicherheitskomitees zu gründen, die demokratisch aus der Belegschaft gewählt, organisiert und kontrolliert werden, um für den Gesundheitsschutz und die wirtschaftliche Sicherheit aller Mitarbeiter zu kämpfen. Dazu sollte die Schließung aller nicht-systemrelevanten Betriebe bis zum Ende der Pandemie gehören, ferner voller Lohnausgleich, volle Gesundheitsleistungen, das Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz, qualitativ hochwertige Schutzausrüstung und kostenlose medizinische Pflege für erkrankte Arbeiter.
Diese Komitees müssen die Bedingungen in den Werken überwachen und eine Verringerung des Arbeitstempos und angemessene Ruhepausen fordern. Sie werden mit Arbeitern und Werken im ganzen Land und der Welt kommunizieren und zusammenarbeiten sowie notfalls die Produktion einstellen, um die Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten zu schützen.
Die Arbeiter in den USA müssen sich mit ihren Brüdern und Schwestern im Rest der Welt vereinen und die notwendigen Maßnahmen fordern, um die Pandemie aufzuhalten und Menschenleben zu retten. Diese Maßnahmen werden nicht von den kapitalistischen Regierungen umgesetzt werden, da sie den Interessen der Wirtschafts- und Finanzeliten dienen, die im Widerstreit zu Wissenschaft, internationaler Zusammenarbeit und der Organisation aller notwendigen Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie stehen.
Der Kampf um die grundlegenden Rechte der Arbeiter ist ein politischer Kampf gegen das kapitalistische System.
Siehe auch:
Für ein internationales Vorgehen der Arbeiterklasse gegen die Covid-19-Pandemie!
[24. Juni 2020]
Verhindert die Ausbreitung von Covid-19 und rettet Leben! Baut Aktionskomitees in den Betrieben auf!
[23. Mai 2020]