Der Schauprozess in Großbritannien wird fortgesetzt:

Die Arbeiterklasse muss Julian Assange verteidigen!

Mit einer weiteren Gerichtsverhandlung in London begannen am gestrigen Montag die letzten drei Wochen der jüngsten Etappe in der jahrzehntelangen Verfolgung von Julian Assange. Der WikiLeaks-Verleger soll an die USA ausgeliefert werden, wo ihm 175 Jahre Gefängnis drohen, weil er amerikanische Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen, Staatsstreiche und Interventionen auf der ganzen Welt aufgedeckt hat.

Wie immer die Entscheidung des Gerichts ausfällt, sie wird wahrscheinlich zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führen. In jedem Fall ist das Szenario nur allzu real, das ihm nun droht und vor dem Assange zehn Jahre lang gewarnt hat. Er soll wegen völlig legaler Verlagstätigkeiten vor ein geheimes US-Gericht gezerrt und strafrechtlich verfolgt werden, und seine CIA-Häscher könnten ihn für immer in die schlimmste Gefängnishölle wegsperren.

Experten und Medienkommentatoren, die solche Warnungen als Verschwörungstheorie abtaten, sind verstummt. Sie haben alle Verleumdungen kolportiert, mit denen die öffentliche Unterstützung für Assange untergraben werden sollte. Im Land der Magna Charta ist eine juristische Travestie im Gange, aber die bürgerliche Presse nimmt entweder gar nicht davon Notiz, oder sie verbannt das Thema in kurze Absätze im hintersten Teil der Zeitung.

Die Anhörungen finden statt, weil der Versuch des britischen Staates, Assange zu töten, indem man ihn der Gefahr einer Corona-Infektion aussetzt, bisher gescheitert ist.

Während der gesamten Pandemie wird Assange im Hochsicherheitsgefängnis von Belmarsh festgehalten, wo man ihm eine Maske und jeden anderen Schutz verweigert, obwohl sich schon Dutzende Häftlinge und Gefängnismitarbeiter am Coronavirus angesteckt haben. Ein Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde zurückgewiesen, obwohl Assange überhaupt nicht wegen eines Verbrechens verurteilt ist. Auch stoßen alle Warnungen vor einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands auf taube Ohren.

Assange ist mit einem Gerichtsverfahren konfrontiert, das über sein ganzes Leben entscheidet, aber er kann sich mit seinen Anwälten seit sechs Monaten nicht ungestört treffen. Nur wenige Wochen vor der Wiederaufnahme des Verfahrens haben die US-Staatsanwälte eine Ersatzanklage eingereicht. Dies geschah über ein Jahr, nachdem sie eigentlich ihre abschließende Anklageschrift hätten einreichen müssen. Die Ersatzklage basiert auf den Lügen und Verleumdungen von FBI-Informanten. Damit wird offensichtlich bezweckt, Assanges Anwaltsteam, das seine Vorbereitung des Falls schon abgeschlossen hatte, mit Zehntausenden von Dokumenten zu überschütten, um jede Möglichkeit einer wirkungsvollen Verteidigung zu unterbinden.

Das Auslieferungsersuchen der USA hätte nach Recht und Gesetz schon unmittelbar nach seiner Einreichung offiziell zurückgewiesen werden müssen.

Es verstößt gegen unzählige Verträge, Gesetze und internationale Konventionen. Dazu gehört das Verbot der Auslieferung aus Großbritannien an die USA wegen politischer Vergehen und das Verbot der Zurückweisung („Refoulement“) von Personen, denen Asyl gewährt wurde, an ihre Verfolger. Schließlich ist es absolut verboten, jemanden der Wahrscheinlichkeit grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Bestrafung auszusetzen – genau das droht aber zweifellos Assange, wenn es an die USA ausgeliefert wird.

Das Verteidigungsteam des WikiLeaks-Gründers verfügt über detaillierte Beweise dafür, dass die CIA Assange illegal überwacht hat, als er als politischer Flüchtling in der ecuadorianischen Botschaft in London lebte. Seine Treffen mit seinen Anwälten wurden abgehört, was eine eklatante Verletzung des Anwaltsgeheimnisses darstellt, und sogar sein Kleinkind wurde ausspioniert. Damit werden grundlegende Menschenrechte verletzt.

Trotz aller Gesetzlosigkeit gehen die Anhörungen unbeirrt weiter, und das gesamte politische, mediale und juristische Establishment Großbritanniens unterstützt dieses Vorgehen. Diesem Prozess steht eine Richterin vor, deren Ehemann die engsten Verbindungen zu den Geheimdiensten und zum Militär aufweist. Die konservative Regierung und die Labour-Opposition unterstützen den Schauprozess ausdrücklich. Die Gewerkschaften und die Pseudolinke sind gegen eine Verteidigung Assanges.

Die einzige gangbare politische Strategie, für Assanges Freiheit zu kämpfen, besteht in einer Mobilisierung der Arbeiterklasse. Sie muss den Kampf gegen alle offiziellen Parteien aufnehmen, wie auch gegen das von ihnen allen verteidigte Profitsystem.

Assanges schreckliche Notlage kann unmöglich isoliert betrachtet werden. Sie ist ein scharfer Ausdruck der Tatsache, dass sich Regierungen auf der ganzen Welt mehr und mehr der Zensur und Polizeistaatsmethoden bedienen. Inmitten des Zusammenbruchs des Kapitalismus‘ und einer Eskalation des imperialistischen Militarismus‘ ist es ihre Reaktion auf das Aufkommen großer Klassenkämpfe.

Gerade die Regierungen, die Assange verfolgen, führen Krieg gegen ihre eigene Bevölkerung. In Großbritannien, den USA und Australien reagieren die Regierungen auf die Pandemie, indem sie Millionen von Arbeitern dem tödlichen Virus aussetzen, damit die kapitalistische Produktion wieder läuft und die Profite wieder sprudeln.

Breite Bevölkerungsschichten müssen die Kosten der Wirtschaftskrise bezahlen, die durch die Pandemie erst recht angeheizt worden ist. Während die Regierung die arbeitende Bevölkerung mit Massenarbeitslosigkeit konfrontiert, Sozialhilfe und Arbeitslosengeld untergräbt und den Angriff auf Löhne und Arbeitsbedingungen verstärkt, händigt sie den Banken, Finanzspekulanten und Oligarchen Billionen-Summen aus.

Der Klassenkampf im eigenen Land wird von einem eskalierenden Krieg im Ausland begleitet. Beispielhaft dafür sind die ständigen Provokationen und Drohungen der USA und anderer Staaten wie Deutschland gegen China und Russland, die einen globalen nuklearen Flächenbrand riskieren.

Nichts davon ist mit demokratischen Normen vereinbar. Wohl wissend, dass ihre kriminelle Politik den Widerstand breiter Massen anheizt, reagieren die herrschenden Eliten mit dem stumpfen Instrument der Repression.

Dieselben US-Behörden, die Assange vernichten wollen, bedienen sich seit drei Monaten und nach mehreren Polizeimorden der staatlichen Gewalt gegen die Massenproteste. Trump ist bereit, sich diktatorischer Methoden zu bedienen. Das zeigt sich sowohl an seiner Drohung, das Militär rechtswidrig gegen die Opposition im eignen Land einzusetzen, als auch an seiner Begünstigung der faschistischen Kräfte in den USA.

Was seinen offiziellen Gegner im Wahlkampf, den Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei, Joe Biden, angeht, so sucht er Unterstützung bei Kriegsverbrechern und Geheimdienstagenten. Bidens Programm ist Internetzensur, militärische Konfrontation mit Russland und China und Finanzhilfen für die Wall Street in Höhe von weiteren Billionen Dollar.

Die herrschenden Eliten sind sich einig in ihrem Angriff auf die demokratischen Rechte. Dies wird durch die Tatsache illustriert, dass die beiden offiziellen Kandidaten bei den US-Präsidentschaftswahlen im November, Biden und Trump, den Rachefeldzug gegen Assange unterstützen, obwohl sie damit die in der US-Verfassung verankerte Pressefreiheit frontal angreifen. Ein ähnliches parteiübergreifendes Verhalten ist in jedem anderen Land zu beobachten.

Die Vorstellung, ein Teil des politischen Establishments könnte Assange zu Hilfe kommen, ist eine hoffnungslose Illusion.

Der ehemalige britische Labour-Führer Jeremy Corbyn, der gelegentlich behauptete, Sozialist zu sein, hat sich geweigert, Assange zu verteidigen, und hat die Kontrolle über die Partei an die rechten Blair-Anhänger übergeben. Bernie Sanders, der behauptete, er führe mithilfe der wirtschaftsfreundlichen Demokraten eine „politische Revolution“, wollte Assanges Namen nicht einmal erwähnen. Heute ist er Bidens enthusiastischster Unterstützer.

Solche bankrotten Politiker zu hofieren (wie das auch die offizielle Assange-Kampagnengruppe Don't Extradite Assange tut) dient nur dazu, die latente Massenunterstützung für den WikiLeaks-Gründer zu demobilisieren, zu verwirren und sie hinter dieselben Kräfte zu lenken, die für die Verfolgung Assanges verantwortlich sind.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die soziale Kraft, die den Kampf für seine Freiheit führen kann und muss, nur die internationale Arbeiterklasse sein kann. Überall auf der Welt nehmen Lehrer und Erzieher, Autoarbeiter, Pflegekräfte und viele andere den Kampf gegen die Regierungen und Konzernmanager auf, die bereit sind, ihr Leben der Pandemie-Gefahr auszusetzen.

Die Verfolgung von Assange zielt nicht nur darauf ab, einen mutigen Journalisten und Verleger für immer zum Schweigen zu bringen, der historische Kriegsverbrechen aufgedeckt hat. Sie ist vielmehr ein Versuch, diese aufkommende Bewegung einzuschüchtern und einen Präzedenzfall für weitaus größere Bestrafungen und Justizverschwörungen zu schaffen.

Gerade weil die Arbeiterklasse die Hinwendung zur Diktatur niemals akzeptieren wird, muss und wird sie Assange verteidigen.

Die World Socialist Web Site appelliert an Arbeiter, Studenten und junge Menschen, sich am Kampf gegen die Auslieferung Assanges und für seine bedingungslose Freilassung aktiv zu beteiligen. Der Kampf für seine Freiheit ist euer Kampf! Er ist untrennbar mit eurem Kampf gegen Ungleichheit und gegen die Angriffe auf euer Leben verbunden, wie auch gegen das kapitalistische System, das die globale Krise hervorgebracht hat.

Wir begrüßen und ermutigen die Organisation von Versammlungen und Diskussionen in Stadtteilen, Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz, sowie von öffentlichen Protesten und Kundgebungen überall da, wo sie sicher durchgeführt werden können. In den Betrieben sollten Resolutionen verabschiedet werden, die ein Ende von Assanges Verfolgung fordern und andere Teile der Arbeiterklasse auffordern, sich diesem Kampf anzuschließen.

Wer dies unterstützt und sich für Pressefreiheit und demokratische Rechte einsetzen möchte, sollte sich registrieren, um den Assange-Newsletter der WSWS zu erhalten,. und sich am Kampf für den Sozialismus beteiligen, um allen imperialistischen Kriegen ein Ende zu setzen.

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