Berliner Senat unterstützt Fusionspläne von Vonovia und Deutsche Wohnen

Mit der im Mai angekündigten Fusion der Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen entsteht der größte Immobilienkonzern Europas. Vonovia ist im Besitz von 400.000 Wohnungen in Deutschland. Deutsche Wohnen hat einen Bestand von 150.000 Wohnungen, davon rund 113.000 im Großraum Berlin. Die Konzerne und Anteilseigner erwarten von dem Zusammenschluss höhere Gewinne, während die Mieter mit weiter steigenden Mieten rechnen müssen.

Besonders im Großraum Berlin würde der Einfluss des neuen Unternehmens wachsen. Von den knapp 1,63 Millionen Berliner Mietwohnungen würde der Megakonzern knapp zehn Prozent halten. Damit gewinnt das Unternehmen deutlich mehr Einfluss auf die Gestaltung der Mietpreise. Hinzu kommt, dass solch großen Fusionen meist weitere folgen. Zum einen kann ein Unternehmen dieser Größe leicht weitere kleinere Anbieter schlucken, zum anderen werden Konkurrenten sich ebenfalls zusammenschließen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Protest gegen Deutsche Wohnen (Bild: Uwe Hicksch/CC BY-NC-SA 2.0) [Photo by Uwe Hicksch / CC BY-NC-SA 2.0]

Vonovia bietet für den Konkurrenten über 18 Milliarden Euro. Einschließlich der Dividende für das Jahr 2020 würden die Anteilseigner 53,03 Euro für jede Deutsche-Wohnen-Aktie erhalten. Der Börsenwert des fusionierten Unternehmens beliefe sich auf 48 Milliarden Euro.

Es ist mittlerweile der dritte Anlauf für eine Fusion. 2016 war der erste Versuch gescheitert, weil die Deutsche Wohnen das Kaufangebot von Vonovia nicht annahm. Anfang 2020 gab es einen weiteren erfolglosen Versuch. Dass die Fusion vom Bundeskartellamt nicht genehmigt wird, ist unwahrscheinlich. Die Behörde hatte bereits beim ersten Versuch eine Fusion ohne Auflagen bewilligt.

Der Zeitpunkt der Ankündigung der Fusion ist nicht zufällig gewählt. Mit der Aufhebung des Berliner Mietendeckels durch das Bundesverfassungsgericht wurde die uneingeschränkte Bereicherung von Immobilienspekulanten gerichtlich legitimiert. Obwohl der vom Berliner Senat auf den Weg gebrachte Mietendeckel zu keiner Zeit wirklich geeignet war, die dramatische Explosion der Mietpreise in der Hauptstadt zu stoppen, entschied das Gericht, dass jede noch so beschränkte Beschneidung der Profitgier der Immobilienspekulanten nicht statthaft sei.

Der von Rot-Rot-Grün 2019 beschlossene Mietendeckel war von vornherein ein reines Täuschungsmanöver. Er beseitigte weder die akute Wohnungsnot noch die horrenden Profite der Immobilienkonzerne. So rechnete Vonovia, das fast eine halbe Million Wohnungen besitzt und verwaltet, davon zehn Prozent in Berlin, mit einem Rückgang der Gesamtmieterträge von weniger als einem Prozent.

Mit dem Urteil kam trotzdem eine neue Welle von Mieterhöhungen auf die Einwohner Berlins zu. Neben den horrenden Nachforderungen können die im Februar 2020 eingefroren Mieten nun wieder alle drei Jahre um 15 Prozent erhöht werden, wie es das fälschlicherweise als „Mietpreisbremse“ bezeichnete Bundesgesetz aus dem Jahr 2015 vorsieht. Dies hat an den Börsen Jubelstimmung ausgelöst. Die Kurse der großen Immobilienkonzerne schnellten in die Höhe.

Auf die Mieter von Vonovia und Deutsche Wohnen kommen mit der Fusion weitere Kosten zu. „Irgendjemand muss ja die Milliarden aufbringen, die jetzt dafür verwendet werden, dass der eine den anderen schluckt. Und letztlich wird man dieses Geld dann möglicherweise doch aus den Mieterinnen und Mietern herausholen wollen”, bemerkte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes dazu.

Gegen die extremen Mietpreise in der Hauptstadt gibt es seit Jahren massive Proteste, an denen sich Zehntausende beteiligten. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils gegen den Mietendeckel protestierten trotz Pandemie über 10.000 Menschen gegen das Urteil und für die Enteignung der Immobilienhaie.

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat bereits weit über 130.000 Unterschriften für ein Volksbegehren über eine Vergesellschaftung von Wohnungen gesammelt. Obgleich die Initiative wenig mit einer wirklichen Enteignung zu tun hat und viel zu beschränkt ist, um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu lösen, drückt sie breite Unterstützung für ein Vorgehen gegen die skrupellosen Immobilienunternehmen aus.

Dem steht der Berliner Senat aus SPD, Grünen und Linkspartei entgegen. Diese Parteien haben durch ihre Politik der letzten Jahrzehnte nicht nur die Explosion der Mieten und die damit einhergehende soziale Misere ausgelöst, nun üben sie auch offen den Schulterschluss mit den Immobilienhaien gegen die Bevölkerung.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) begrüßte die Fusionspläne überschwänglich. Unmittelbar nach ihrer Bekanntgabe berief Müller eine gemeinsame Pressekonferenz mit den CEOs von Vonovia und Deutsche Wohnen ein. Er schwärmte, es sei ein „ganz wichtiger Tag“ und ein „Schritt nach vorn“.

Mit der Bemerkung, es gebe ein „neues Miteinander von Politik und Unternehmen“, das „nicht konfrontativ, sondern kooperativ“ sei, machte er deutlich, dass Rot-rot-grün die Interessen von Vonovia und Deutsche Wohnen unterstützt. Auch der Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (Linke), begrüßte die Fusion und bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen den Konzernen und dem Senat als „Fortschritt“.

Die Regierungsparteien begründen ihre Unterstützung damit, dass der fusionierte Konzern dem Land 20.000 Wohnungen in der Hauptstadt zum Kauf anbiete. Zudem versprechen Deutsche Wohnen und Vonovia angeblich, Mieterhöhungen in den nächsten fünf Jahren zu deckeln. Zudem sollen die Kosten für die Sanierung des Wohnungsbestandes zum Energiesparen nicht voll auf die Mieter umgelegt werden.

Abgesehen davon, dass die vagen Versprechen von Immobilienhaien ohnehin nichts wert sind, würden sie damit keinerlei Zugeständnisse machen. DIW-Ökonom Claus Michelsen weist in der Zeit darauf hin, dass die Mieten in bestehenden Verträgen in Deutschland im Durchschnitt jährlich ohnehin nur um ein bis zwei Prozent steigen. Die Deckelung der Mieten sei daher „kein besonders großes Entgegenkommen“. Das Versprechen könnten die Unternehmen „sehr gut einhalten, ohne ihr Geschäftsergebnis zu gefährden“.

„Interessanter wäre es gewesen, wenn sie gesagt hätten, wir halten die Preise bei den Neuvermietungen konstant“, sagt der Immobilienexperte. Denn in diesem Bereich steigen die Preise in der Regel deutlich schneller. Auch das Angebot, dem Land Berlin 20.000 Wohnungen zu verkaufen, sieht er kritisch. Schließlich muss der Preis dafür noch verhandelt werden. Und dass ein börsennotierter Konzern Wohnungen zu Sonderkonditionen verscherbelt, ist kaum vorstellbar, so die Zeit.

Tatsächlich wäre ein solcher Ankauf ausschließlich für den Konzern ein gutes Geschäft. Von 2002 bis 2011 haben SPD und Linke unter dem Vorwand des „Schuldenabbaus“ 150.000 von 400.000 Wohnungen im Landesbesitz an Immobilienhaie verkauft. Größtenteils wurden die Wohnungen unter 25 Prozent des damaligen Werts verkauft. Seither hat sich der durchschnittliche Wert von Berliner Wohnungen mehr als verdoppelt. Im Interview mit dem Tagesspiegel gesteht Schell ein, dass die Wohnungen nun „für ein Vielfaches zurückgeholt werden“ müssten.

Hinzu kommt, dass die Immobilien, die für einen Verkauf im Gespräch sind, in einem extrem schlechten Zustand sind, da sie aus Kostengründen von den Konzernen nie grundlegend saniert wurden. So sollen Gebäude möglicherweise mit Asbest belastet sein. Eine notwendige Sanierung würde riesige Mengen an Steuergeldern verschlingen.

Tatsächlich sind sich SPD, Grüne und Linke darüber im Klaren, dass eine Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen die Situation für Hunderttausende von Haushalten in Berlin und bundesweit verschärft. Mit ihrer schamlosen Unterstützung des Deals versucht die Berliner Landesregierung, jeden Protest gegen die steigenden Mieten und für die Enteignung der Immobilienhaie zu untergraben.

Eine besonders abstoßende Rolle spielt dabei die Linke. Während sie mit Blick auf die anstehenden Senatswahlen offiziell für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ aufruft, unterstützt sie tatsächlich die Fusion von Deutsche Wohnen und Vonovia zu Europas größtem Immobilienkonzern und die Befriedigung von dessen Profitinteressen auf Kosten der Bevölkerung.

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