Am Sonntag haben die Arbeiter des Volvo Truck-Werkes in Dublin (Virginia) im New River Valley entschieden gegen einen auf sechs Jahre angelegten Tarifvertrag gestimmt, den die Gewerkschaft United Auto Workers vorgelegt hatte. Das Ergebnis war überwältigend – 90 Prozent der Arbeiter und 91 Prozent der Angestellten wiesen den unternehmensfreundlichen Deal zurück.
Laut den Arbeitern war die Beteiligung in der fast 3.000-köpfigen Belegschaft sogar noch größer als bei der ersten Abstimmung am 16. Mai, bei der 91 Prozent der Arbeiter und 83 Prozent der Angestellten mit „Nein“ gestimmt hatten. In den Tagen vor der Abstimmung am Sonntag wurde die Erklärung des Aktionskomitees der Volvo-Arbeiter, die zur Abstimmung mit „Nein“ aufrief, großflächig im Werk verteilt.
Bei den letzten drei Tarifverträgen, die die UAW ausgehandelt hatte, mussten die Arbeiter jedes Mal umfangreiche Zugeständnisse akzeptieren. Diesmal sind sie jedoch entschlossen, das Stufensystem bei Löhnen und Zusatzleistungen abzuschaffen, beträchtliche Verbesserungen bei ihren Löhnen durchzusetzen und sich gegen die Versuche zu wehren, ihnen höhere Gesundheitskosten und Zehn-Stunden-Schichten aufzuzwingen sowie die Leistungen für Rentner zu kürzen.
Am Freitag erschienen auf Einladung des Volvo-Managements führende nationale und regionale Vertreter der UAW, um innerhalb des Werks für den Tarifvertrag zu werben. Auf ihre Behauptung, es sei kein Geld für eine Verbesserung des Deals vorhanden, reagierten die Arbeiter jedoch mit Wut und Hohn.
Der Mutterkonzern von Volvo Trucks, die schwedische Volvo Group, fordert weitere Zugeständnisse von den Arbeitern. Gleichzeitig plant das Unternehmen die Verteilung der 2,3 Milliarden Dollar, die es aus dem Verkauf ihrer japanischen Tochtergesellschaft UD Trucks erzielt hat, an seine Aktionäre. Zuvor hatte es Anfang des Jahres bereits mit zirka 3,68 Milliarden Dollar die höchsten Dividenden seiner Geschichte gezahlt.
Volvo-Arbeiter erklärten gegenüber der World Socialist Web Site, die Stimmung für einen Kampf sei überwältigend: „Die Leute sind extrem wütend und ungeduldig, sie wollen, dass das jetzt erledigt wird... Die Gewerkschaftsbosse sind ins Werk gekommen, um Reden zu schwingen und alle davon abzubringen, aber das ist nach hinten losgegangen. [Der Präsident der Ortsgruppe 2069] Matt Blondino erklärte, es tue ihm leid, dass er keine bessere Vereinbarung aushandeln konnte, aber wir müssten mehr für unsere Krankenversicherung zahlen, weil das Lohnniveau steigt.“
Der Arbeiter fügte hinzu: „Ein Arbeiter, dessen Lohn 2008 um sieben Dollar pro Stunde gekürzt worden war, sagte zu Blondino: ,Ihr habt uns diese Zugeständnisse aufgezwungen und behauptet, wir müssten mithelfen, weil die Zeiten schwer wären. Ihr betrügt uns noch immer, obwohl das Unternehmen Milliarden macht.‘ Momentan hat die Gewerkschaft keinen guten Ruf. Die Leute sind verärgert darüber, dass die Funktionäre ständig Ausreden für das Unternehmen erfinden, und wollen, dass sie verschwinden. Dieses Unternehmen zahlt seinen Investoren Dividenden in Milliardenhöhe. Sie müssen den Reichtum wirklich mit denjenigen teilen, die das Geld erarbeiten.“
Über die Rolle des Volvo-Aktionskomitees erklärte er: „Das Komitee hat eine wichtige Rolle dabei gespielt. Ohne seine Erklärungen hätten nicht alle mitgemacht. Jeden Tag haben die Arbeiter auf eure Website [die WSWS] geschaut. Informiert zu bleiben und ein Komitee zu haben, war wichtig. Unsere Erklärungen haben dafür gesorgt, dass alle informiert blieben und sich beteiligten.“
Weiter erklärte er, die Arbeiter bräuchten jetzt eine Strategie, um den Kampf fortzuführen. Er warnte, die UAW werde immer neue faule Tarifverträge vorlegen: „Ich weiß nicht, was für einen Mist sie anbringen werden. Einige der Alten sagen, sie werden erst nach zwei oder drei Ablehnungen etwas Besseres vorlegen. Wir hätten das schon vor Jahren machen sollen. Ich glaube nicht, dass die UAW will, dass wir in den Streik treten. Technisch gesehen könnten wir bereits streiken. Sie werden wahrscheinlich morgen Nachmittag eine Nachricht auf der Facebook-Seite der Niederlassung posten.
Wir werden kämpfen müssen, um von [der UAW] wegzukommen und etwas Neues aufzubauen. Aber jeder will etwas. Wir halten alle zusammen. Wir müssen weitermachen und Erklärungen des Komitees veröffentlichen.
Es stehen harte Zeiten bevor, der Aktienmarkt könnte zusammenbrechen. In den letzten Jahren gingen den Leuten die Augen auf, nicht nur bei Volvo, sondern auch den Kohlebergleuten in Alabama oder den Leuten in Indien, denen es genauso geht wie uns. Sie arbeiten genauso hart wie wir.“
Ein anderer Volvo-Arbeiter erklärte: „Diese Abstimmung zeigt erneut, dass wir mit ihren miesen Tarifverträgen nicht zufrieden sind. Sie werden sich mehr Mühe geben müssen. Wenn sie wieder einen faulen Kompromiss vorlegen, werden wir auch dagegen stimmen.
Die UAW hat sich wirklich Mühe gegeben, uns diesen hier aufzuzwingen. Ein Arbeiter hat ein Video gemacht, auf dem er einen Gewerkschaftsvertreter wegen der Leistungskürzungen für Rentner zur Rede stellt. Er sagte: ,Alle in diesem Werk werden irgendwann Rentner sein. Das Unternehmen versucht, sie auszuhungern und in die Armut zu treiben.‘ Nur kurze Zeit später verschwand das Video aus dem Netz.
Das Komitee hat definitiv eine Rolle bei der Ablehnung dieses Tarifvertrags gespielt. Es hat das Bewusstsein der Arbeiter angehoben und ihrer zunehmenden Stimmung gegen das Unternehmen und die Gewerkschaft Ausdruck verschafft. Sie konnten den offenen Brief [an UAW-Funktionäre] und andere Äußerungen des Widerstands lesen. Sie waren wütend, dass das Unternehmen Dividenden an die Reichen verteilt, während wir nur Almosen bekommen.
Die große Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Gerüchten zufolge könnten Volvo bald die Teile ausgehen; dann wäre es dem Unternehmen lieber, wenn wir streiken statt Arbeitslosenhilfe zu kassieren.“
Ein anderer Arbeiter erklärte: „Ich finde es toll, alle halten zusammen.“ Er erklärte, die UAW-Führer würden während eines Streiks immer noch gut bezahlt werden, aber die Arbeiter bekommen nur „275 Dollar Streikgeld pro Woche statt der 800 bis 1000 Dollar, die sie gewohnt sind.“
Das Volvo-Aktionskomitee erklärte am Freitag in einer Stellungnahme mit dem Titel „Wir brauchen eine Strategie, um zu gewinnen“, dass das Aktionskomitee die Versuche der UAW zurückweist, die Arbeiter mit der Aussicht auf einen langen, vergeblichen Streik einzuschüchtern. „Wir sagen, dass der Streik unsere Waffe ist. Wir müssen ihn benutzen, um dem Unternehmen zu drohen und nicht den Arbeitern.“ Es entwarf eine Strategie für einen siegreichen Kampf gegen das Unternehmen, die auch die Vereinigung des Kampfs bei Volvo mit den Kämpfen anderer Sektionen der Arbeiterklasse umfasst.
Die massive Ablehnung im New-River-Valley-Werk ist der jüngste Ausdruck des zunehmenden Widerstands unter Arbeitern in den USA und der Welt, der durch die Reaktion der herrschenden Klasse auf die Pandemie enorm verschärft wird. Diese Kämpfe entwickeln sich in direktem Konflikt mit den korporatistischen Gewerkschaften.
In Alabama streiken 1.100 Kohlebergarbeiter seit zwei Monaten gegen Warrior Met, nachdem sie einen Tarifvertrag der United Mine Workers of America mit überwältigender Mehrheit abgelehnt haben. In Sudbury (Ontario) in Kanada haben 2.400 Bergarbeiter bei Vale Inco die Arbeit niedergelegt, nachdem sie einen Tarifvertrag der United Steelworkers abgelehnt haben. Diese hatten im Juni 2020 einem besonderen einjährigen Tarifvertrag zugestimmt, um die Arbeiter während der Pandemie weiter arbeiten zu lassen.
Andere bedeutende Kämpfe sind die der Pflegekräfte in Massachusetts und der Stahlarbeiter bei ATI in Pennsylvania und anderen Bundesstaaten, der Lehrer und Busfahrer in Brasilien, der Autoarbeiter in Indien und der Kupferbergarbeiter in Chile.
Die Entwicklung dieser Kämpfe zu einer gemeinsamen Gegenoffensive gegen die herrschende Klasse erfordert den Aufbau von Aktionskomitees wie dem, das die Arbeiter bei Volvo gegründet haben. Zu diesem Zweck hat das Internationale Komitee der Vierten Internationale die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees ins Leben gerufen.
Volvo-Arbeiter: Setzt euch unter volvowrfc@gmail.com oder per Textnachricht an 001 540 307-0509 mit dem Volvo-Aktionskomitee in Verbindung.
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