Letzte Woche sind zwischen Montagabend und Mittwochmorgen zwei Lehrerinnen und eine Hilfslehrerin der Broward County Public Schools im Süden Floridas an Covid-19 gestorben. Dazu kam als vierter, damit verbundener Todesfall eine ehemalige Schülerin von Broward County, die beruflich mit dem Schulbezirk zu tun hatte.
Die Todesfälle ereigneten sich eine Woche vor Beginn des neuen Schuljahrs, während der sich die Lehrkräfte auf die Rückkehr in die Klassenzimmer vorbereiteten. Seit dem 1. August haben sich laut dem Coronavirus-Dashboard des Schulbezirks 138 Lehrer und Angestellte sowie mindestens 15 Schüler mit dem Coronavirus infiziert.
Die Präsidentin der Lehrergewerkschaft von Broward, Anna Fusco, gab die Namen der verstorbenen Lehrerinnen bekannt: Janice Wright (48) von der Pinewood Elementary School, Yolanda Hudson Williams (49), Hilfslehrerin an der Dillard Elementary School, und Katina Jones (49), ebenfalls Lehrerin an der Dillard Elementary School.
Laut Presseberichten waren alle drei verstorbenen Grundschullehrerinnen nicht geimpft. Die Vorsitzende der Schulbehörde von Broward County, Rosalind Osgood, erklärte: „Viele Leute haben noch keine Impfung bekommen. ... Es wird lebensgefährlich, nicht geimpft zu sein.“
Osgood erwähnte jedoch nicht, dass Lehrer, Personal, Schüler und Eltern nicht in „Lebensgefahr“ wären, wenn die Schulen und die nicht systemrelevanten Unternehmen geschlossen blieben, als Teil einer breiten Kampagne zur Unterdrückung des Virus. Stattdessen liegt die Zahl der Neuinfektionen in Florida mit über 21.000 pro Tag höher als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt während der Pandemie. Der Bundesstaat ist damit für 22 Prozent aller täglichen Neuinfektionen und ein Viertel aller Todesfälle in den USA verantwortlich.
Die Positivrate liegt in Florida insgesamt bei 18,9 Prozent, was auf ein hohes Ausmaß von Community-Übertragungen hindeutet, vor allem, weil nur 49,8 Prozent der in Frage kommenden Bevölkerung des Bundesstaats vollständig geimpft ist.
Im ganzen Bundesstaat stoßen die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen. In den 261 Krankenhäusern werden 15.441 Menschen wegen Covid-19 behandelt. Mehr als 91 Prozent der Intensivpflegebetten sind belegt, fast die Hälfte davon mit Corona-Patienten.
In Florida gibt es laut dem Coronavirus in Kids (COVKID) Tracking and Education Project, einem Programm des Women’s Institute for Independent Social Enquiry, auch landesweit die meisten Corona-Fälle unter Kindern. Die Florida Times Union berichtete über die Forschungsergebnisse des Instituts: „Bis zum 7. August lagen in Florida laut dem Projekt 8,1 pro 100.000 Kinder unter 17 Jahren wegen Covid-19 im Krankenhaus. Vom 1. bis zum 7. August mussten in Florida 7.341 Kinder unter 17 Jahren wegen Covid-19 in Krankenhäuser aufgenommen werden.
Florida verzeichnet außerdem mit 20,6 pro 100.000 die höchste Rate bei Jugendlichen zwischen 18 und 19. Vom 1. bis zum 7. August gab es in dieser Altersgruppe 100 neue Hospitalisierungen. ... Zum Vergleich: Landesweit liegt die Hospitalisierungsrate laut dem Projekt bei 4,8 pro 100.000 unter Jugendlichen zwischen 18 und 19 und bei Kindern bis 17 Jahren bei 2,2 von 100.000.“
Diese tragischen Zahlen sind das direkte Ergebnis der Öffnungskampagne von Gouverneur Ron DeSantis. Der rechtsradikale, mit Trump verbündete Republikaner, der auch als möglicher Präsidentschaftskandidat gilt, hat selbst gegen die grundlegendsten Gesundheitsmaßnahmen zur Eindämmung des Virus Widerstand geleistet. Er hat sogar die Maskenpflicht auf Schulbezirksebene für illegal erklärt und angedroht, Schulbezirken die Mittel zu entziehen und Schulbeamten, die sich seiner Anweisung widersetzen, das Gehalt nicht zu zahlen.
DeSantis hatte sich an die Spitze der Kampagne gegen die Datenwissenschaftlerin Rebekah Jones gestellt. Im Mai 2020 hatte er sie von ihrem Posten im Gesundheitsministerium entlassen, nachdem sie sich öffentlich beschwert hatte, der Bundesstaat würde die Zahl der Corona-Infektionen systematisch untererfassen.
Eltern und Lehrkräfte leisten zunehmend Widerstand gegen DeSantis‘ Maskenverbot und organisierten u.a. Proteste in Miami-Dade County, Duval County, St. Johns County und anderen Counties des Bundesstaats. Einige lokale Schulbehörden haben sich dem Dekret des Gouverneurs widersetzt.
In Broward County nördlich von Miami-Dade County, wo sich u.a. Fort Lauderdale befindet, stimmte die Schulbehörde mit acht zu einer Stimme für die Aufrechterhaltung der Maskenpflicht. In Leon County, wo sich die Bundesstaatshauptstadt Tallahassee befindet, hat die Schulbehörde eine Maskenpflicht für alle Schüler bis zur achten Klasse eingeführt. In Alachua County müssen die ersten zwei Wochen des Schuljahres Masken getragen werden. In Miami-Dade County, dem größten Schulbezirk des Bundesstaats, hat Oberschulrat Alberto Carvalho angedeutet, dass noch vor Wiederaufnahme des Unterrichts am 23. August eine Maskenpflicht eingeführt werden könnte.
In Duval County besteht eine Maskenpflicht, allerdings können Eltern ihren Kindern eine Erlaubnis ausstellen, ohne Masken zur Schule zu kommen. Am Dienstag, dem ersten Schultag in Duval County, meldeten sich 90 Lehrer krank und 13.030 Schüler kamen nicht zum Unterricht.
Letzte Woche stimmte die staatliche Schulbehörde einstimmig dafür, Eltern eine Bewerbung für den Wechsel auf eine Privatschule zu ermöglichen, falls ihre Kinder „wegen Covid-19 schikaniert werden“. Dies wird definiert als „bedrohende, diskriminierende, beleidigende oder entmenschlichende Behandlung in verbaler, schriftlicher oder physischer Form in Verbindung mit oder als Folge der Protokolle des Schulbezirks in Bezug auf Covid-19. Dazu gehören die Maskenpflicht, die Trennung oder Isolation von Schülern oder die Pflicht zum Test auf Covid-19.“
Florida ist das Epizentrum einer neuen und noch tödlicheren Covid-19-Welle, die das ganze Land erfasst hat und von der noch ansteckenderen Delta-Variante angetrieben wird. Die Ursache für diesen neuen Ausbruch von Erkrankungen und Todesfällen, die in vielen Teilen des Landes die Krankenhäuser überlastet, ist die kriminelle Politik der gesamten herrschenden Klasse und beider Parteien.
Obwohl die Daten unwiderlegbar beweisen, dass sich Covid-19 in katastrophalem Ausmaß unter Kindern und Jugendlichen im Schulalter ausbreitet – 14,3 Prozent aller landesweiten Fälle von Covid-19 sind Kinder – und sich die Kinderkliniken mit Corona-Patienten füllen, fordern die Biden-Regierung und Vertreter beider Parteien auf Bundesstaats- und kommunaler Ebene die vollständige Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Schulen.
Wenn dieser mörderische Kurs nicht sofort beendet wird, werden die tragischen Todesfälle in Broward County nur der Auftakt zu einer menschlichen und sozialen Katastrophe sein, von der noch zahllose weitere Kinder, Lehrkräfte, Schulpersonal, Eltern und große Teile der arbeitenden Bevölkerung betroffen sein werden. Die Motivation für diese mörderische und rücksichtslose Politik ist nicht die Sorge um die Bildung und geistige Gesundheit von Schülern, wie die verantwortlichen Politiker und Regierungsvertreter behaupten. Tatsächlich haben neue wissenschaftliche Studien gezeigt, dass Kinder nach einer Infektion und Genesung unter einem langfristigen Rückgang ihrer kognitiven Fähigkeiten leiden.
Vielmehr geht es ihnen um die nackten wirtschaftlichen Interessen der Wirtschafts- und Finanzoligarchie. Sie wird vor nichts haltmachen – nicht einmal vor der Zerstörung der Gesundheit und des Lebens von Kindern –, um Arbeiter zur Rückkehr in die vom Virus kontaminierten Arbeitsplätze zu zwingen, damit die Profite wieder in vollem Ausmaß fließen und die Aktienkurse noch höher steigen.
Unter diesen Bedingungen ist die Rolle der Lehrergewerkschaften politisch kriminell. Sowohl die American Federation of Teachers als auch die National Education Association unterstützen uneingeschränkt die Wiederöffnung der Schulen. Sie versuchen, ihren Verrat zu vertuschen, indem sie eine Impf- und Maskenpflicht für Lehrkräfte in den geöffneten Schulen unterstützen. Allerdings wird es zu einer weiteren Explosion der Infektionen und Todesfälle führen, wenn landesweit 40 Millionen ungeimpfte Kinder in Schulen gepfercht werden, wo sie die gleiche Luft atmen und dem in der Luft enthaltenen Virus ausgesetzt sind, egal ob sie Masken tragen oder nicht.
Der anhaltende Anstieg der Todesfälle vor allem unter Lehrern zeigt noch eindringlicher die Notwendigkeit, die Öffnung der Schulen zu stoppen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu unterdrücken und Menschenleben zu retten. Solche öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen werden jedoch nicht unter der Schirmherrschaft der Bundes- und Bundesstaatsregierungen, der Schulbehörden oder der Gewerkschaften durchgeführt werden, da sie alle die unsichere Öffnung der Schulen befürworten.
Die Lehrer müssen den Kampf für die Rettung von Menschenleben selbst in die Hand nehmen. Die Socialist Equality Party und ihre Schwesterparteien im Rest der Welt haben alle Lehrkräfte aufgerufen, Aktionskomitees zu gründen und sich an alle Sektionen der Arbeiterklasse zu wenden, das Gleiche zu tun und den Widerstand gegen Schulöffnungen mit einem breiteren Vorgehen zur Beendigung der Pandemie zu kombinieren. Dazu gehört die Forderung nach vollem Einkommensausgleich für alle Arbeiter, die von den zur Rettung von Menschenleben notwendigen Maßnahmen betroffen sind.
Diese Maßnahmen müssen kombiniert werden mit einem allgemeinen Appell an die Arbeiterklasse in den USA und der Welt, einen politischen Kampf gegen das kapitalistische System zu führen, das durch seine inkompetente und mörderische Reaktion auf die Corona-Pandemie seinen vollständigen Bankrott gezeigt hat.