Londoner Busfahrer fordern Wiedereinstellung von David O’Sullivan

Die Busfahrer am Knotenpunkt Brent Cross im Nordwesten Londons haben dem entlassenen Busfahrer David O’Sullivan bei seinem Besuch am 18. September ihre Unterstützung zugesagt. O’Sullivan wurde im Februar von der Busgesellschaft Metroline entlassen, nachdem er sich unter Corona-Bedingungen auf sein Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz gemäß Paragraph 44 des Informationsrecht (Employment Rights Act) berufen hatte.

O’Sullivan wurde zur Zielscheibe, weil er seine Kollegen vor der Verbreitung von Covid-19 auf dem Betriebshof gewarnt hatte und dringende Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Menschenleben gefordert hatte.

Nach Paragraph 44 haben Arbeiter das Recht, sich von einem Arbeitsplatz zu entfernen, der eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben darstellt. Metroline weigerte sich, auf die Sicherheitsbedenken von O’Sullivan einzugehen. Stattdessen fand eine interne Disziplinaranhörung statt, die größtenteils in O’Sullivans Abwesenheit abgehalten wurde. Sie befand ihn der „Verbreitung falscher und schädlicher Informationen“ und der „Anstiftung zu unrechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen“ für schuldig. Er wurde wegen groben Fehlverhaltens entlassen.

David O'Sullivan im Gespräch mit Busfahrern in Brent Cross

O’Sullivan klagt gegen seine ungerechtfertigte Entlassung und hat eine Crowdfunding-Aktion gestartet, um seinen Rechtsstreit zu finanzieren. Der 58-jährige Vater von vier Kindern ist seit fast dreißig Jahren bei den Londoner Verkehrsbetrieben beschäftigt und hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Eine Vorverhandlung ist vor dem Arbeitsgericht für den 23. November anberaumt, eine vollständige Anhörung ist für nächstes Jahr geplant.

Am 7. Januar hatte das Londoner Bus Rank-and-File Aktionskomitee, dem O’Sullivan angehört, warnend darauf hingewiesen, dass es in der Cricklewood-Werkstatt schon mindestens 12 Infektionen gebe. In seiner Erklärung forderte das Komitee sofortige Maßnahmen, um die Übertragung des Virus am Arbeitsplatz zu unterbinden. Bereits Monate zuvor, im September 2020, hatte das Komitee einen offenen Brief an den Geschäftsführer von Metroline, Steve Harries, gerichtet, der Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit enthielt. Der Brief ging auch an den Unite-Gewerkschaftssekretär John Murphy und den Verkehrsdezernenten Peter Kavanagh, der für die Verkehrsgesellschaft Transport for London (TfL) zuständig ist. Alle Appelle des Aktionskomitees blieben unbeantwortet.

Die Warnungen des Komitees vor den Risiken auf dem Betriebshof London-Cricklewood haben sich inzwischen bestätigt.

Im Mai gab das Büro des Londoner Bürgermeisters Sadiq Khan bekannt, dass es in der Werkstatt zwischen Oktober 2020 und Anfang Januar 46 Fälle von Covid-19 gegeben habe. Aktualisierte Zahlen, die von Khans Büro letzten Monat veröffentlicht worden sind, zeigen, dass es in Cricklewood zwischen dem 2. Oktober 2020 und dem 2. August 2021 nicht weniger als 56 Covid-19-Infektionen gab.

Die Situation in Cricklewood ist nur die Spitze des Eisbergs. Covid-19-Infektionen grassieren in allen Londoner Buswerkstätten. In der Zeit zwischen dem 5. Oktober 2020 und dem 3. August dieses Jahres wurden sage und schreibe 2.665 Fahrer positiv getestet. Eine Liste der einzelnen Fälle in den Depots und Werkstätten ist hier zu finden.

Wie viele Fahrer und andere Arbeiter sich schon vor Oktober 2020 angesteckt hatten, ist nicht bekannt. Transport for London hat sich mehr als acht Monate lang nicht die Mühe gemacht, Informationen über Covid-Fälle bei den Busbetrieben zu sammeln. Selbst als die Zahl der Todesfälle unter den Fahrern zunahm, wurden die Infektionen systematisch verschwiegen, eine Praxis, die während der gesamten Pandemie aufrechterhalten wurde. Während der ersten Infektionswelle, zwischen März und Mai 2020, starben 27 Busfahrer. Inzwischen ist diese Zahl auf 54 gestiegen, und insgesamt sind 69 Londoner Busfahrer an Covid-19 gestorben. Im gesamten TfL-Bus-, Bahn- und U-Bahnverkehr sind 95 Beschäftigte an dem Coronavirus gestorben.

Dieses Blutbad ist das Ergebnis einer Politik, die von den Verkehrsbetrieben, TfL, der Regierung Johnson und dem Labour-Bürgermeister von London, Khan, mit Unterstützung der Gewerkschaften durchgesetzt wird. Dabei geht es nur um Profit und nicht um das Leben der Menschen. Niemand ist für diese Todesfälle zur Rechenschaft gezogen worden, aber Beschäftigte, die sich zu Wort melden und für Sicherheit kämpfen, werden schikaniert und entlassen.

„Ich hoffe, dass du gewinnst“, sagte ein Fahrer aus Cricklewood am Samstag zu O’Sullivan. „So ist Metroline, und die Gewerkschaft arbeitet mit ihnen zusammen. Sie greifen hart durch, wenn‘s ihnen passt, dafür haben sie freie Hand.“

Er sagte, das Unternehmen habe versucht, die Fahrer einzuschüchtern, damit sie keine Bedenken äußerten, und viele seien wegen kleinerer Probleme diszipliniert oder entlassen worden: „Weil sie so wenig Fahrer haben, tun sie das im Moment nicht. Aber wir haben immer noch kein Mitspracherecht.

Wir haben keine Masken“, fuhr er fort. „Die Firmenmasken mit dem Firmenlogo wurde uns schon vor langer Zeit ausgeteilt. Wir waschen sie immer wieder, und sie nutzen sich ab, aber wir bekommen keine neuen. Auch um Handdesinfektionsmittel müssen wir noch immer kämpfen.“

Er kommentierte: „Wie man sieht, impft die Regierung jetzt auch Kinder, um die Schulen offen zu halten und uns weiter zur Arbeit zu schicken. Wenn wir sterben, holen sie einfach jemand anderes, der unseren Platz einnimmt.“

Ein anderer Fahrer aus Cricklewood begrüßte O’Sullivan freundlich und berichtete, er sei einer derjenigen, bei denen im Januar Covid-19 diagnostiziert worden war. Er sagte: „Ich war sehr, sehr wütend auf das Unternehmen. Im Januar dieses Jahres hatte ich nach Neujahr Covid-19. Ich hatte Fieber und machte den Covid-Test – und er war positiv, also konnte ich nicht zur Arbeit kommen. Ich war 10 Tage lang krankgeschrieben und kehrte dann zur Arbeit zurück.

Ein paar Wochen später, im Februar, hatte ich Urlaub, aber als ich meine Abrechnung sah, war das Urlaubsgeld das absolute Minimum. Weil ich Covid hatte, wurde mir der Urlaubszuschlag abgezogen, etwa 25 £ pro Tag. Sie waren offenbar der Meinung, dass ich mit Covid zur Arbeit hätte kommen sollen. Die Regeln sind falsch. Ich hatte das Virus, und sie sagten: ‚Ihnen steht nur das Minimum zu.‘ Ich musste dafür büßen, dass ich das Virus hatte!

So ist die Politik, und das zeigt auch, was die Gewerkschaft wert ist: Sie hat allem zugestimmt. Wir brauchen jemanden wie dich, der vorangeht. Du bist sehr, sehr mutig. Ich möchte dich wirklich unterstützen für das, was du tust. Du kämpfst für uns alle.“

Er sagte noch: „Ich hoffe sehr, dass du gewinnst. Wenn sie verlieren, werden sie sehr schlecht dastehen, und deshalb haben sie diesen Rechtsanwalt, diesen Queen's Council genommen. Ihr müsst mehr in den Medien präsent sein. Bitte lasst es mich wissen, wie es mit dem Fall weitergeht. Ich werde auf jeden Fall zur Crowdfunding-Aktion beitragen und dich unterstützen.“

Mitglieder der britischen Socialist Equality Party machten auch Kampagne am Betriebshof Golders Green, und etwa ein Dutzend Fahrer meldete sich an, um regelmäßig über O’Sullivans Kampagne informiert zu werden und weitere Informationen vom Londoner Bus Rank-and-File Komitee zu erhalten.

Ein Fahrer aus Cricklewood sagte später zu O'Sullivan, er sei schockiert gewesen, von dem Ausmaß der Todesfälle zu erfahren: „Das sind eine Menge Leute – 95 TfL-Mitarbeiter! – das ist wirklich kriminell. Und 54 davon sind Busfahrer. Die Busbetriebe kümmern sich einzig und allein um den Kilometerstand; das ist wirklich schlimm, was hier passiert.“

Er berichtete noch: „Ich bin der einzige Brotverdiener in der Familie. Ich habe kleine Kinder, für die ich verantwortlich bin, also trage ich immer meine Maske, auch wenn es unangenehm ist. Ich möchte das Virus nicht mit nach Hause nehmen. Wir haben ständig mit vielen Menschen zu tun, jeden Tag, und wir müssen sicher sein. Das Unternehmen stellt uns zwar PSA zur Verfügung, aber nicht genug. Die Gewerkschaft tut nichts dagegen, sie setzt sich nicht für die Fahrer ein.“

Im April 2020 hatte die Gewerkschaft Unite in mehreren gemeinsamen Schreiben mit den Unternehmen behauptet, dass Masken nicht notwendig seien, und sie organisierte keinen einzigen Streik oder irgendeine andere Form des Arbeitskampfs, um das Leben der Arbeiter zu schützen.

Der Fahrer schloss mit den Worten: „Wenn sich alle Fahrer zusammentun, sind wir stark, und genau das versucht ihr zu erreichen. Dieser Fall ist beindruckend, weil du die Wahrheit gesagt hast und Recht hattest, und viele Fahrer unterstützen dich und wollen, dass du gewinnst, und wenn du gewinnst, wird es für sie [das Management] schlecht aussehen, und die Fahrer werden sich freuen. Ich unterstütze dich und will, dass du gewinnst.“

Jeder Arbeiter sollte O’Sullivans Kampf unterstützen. Er ist ein Testfall für die Rechte von systemrelevanten Arbeitern in der Pandemie, und er muss zur Speerspitze eines Kampfs gegen die Politik der Herdenimmunität werden, welche die herrschende Klasse und die wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften und die Labour Party durchsetzen. Bitte spendet für O’Sullivans Crowdfunding-Fonds und studiert die Informationen auf der WSWS-Kampagnenseite. Nächste Woche wird eine neue Erklärung zum Start der zweiten Phase der Crowdfunding-Sammlung folgen.

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