Entscheidung des britischen High Court im US-Berufungsverfahren: Assange muss an seine Mörder ausgeliefert werden

Der High Court des Vereinigten Königreichs hat entschieden, dass die Regierung den WikiLeaks-Gründer Julian Assange an die Vereinigten Staaten ausliefern kann, wo ihm eine lebenslange Haftstrafe nach dem Espionage Act bevorsteht.

Damit ist die Klage der US-amerikanischen Behörden gegen ein Urteil vom Januar erfolgreich. Sie hatten sich gegen die Entscheidung der damaligen Bezirksrichterin Vanessa Baraitser gewandt, die besagte, dass Assange aufgrund seines hohen Suizidrisikos nicht an die USA ausgeliefert werden dürfe.

WikiLeaks-Gründer Julian Assange wird vom Gericht abgeführt; 1. Mai 2019 (AP Photo/Matt Dunham, File)

Lord Burnett, der zusammen mit Lord Justice Holroyde den Vorsitz führte, wusste, was er dem US-amerikanischen und britischen Imperialismus schuldig war. Er urteilte am Freitag, da die USA „Zusicherungen“ gegeben und versprochen hätten, Assange keinen extrem repressiven Haftbedingungen zu unterwerfen, bestehe die Suizidgefahr nicht mehr.

Assange soll an das Land ausgeliefert werden, dessen Regierung und Sicherheitsdienste ein Mordkomplott gegen ihn geschmiedet hatten. Darüber haben Assanges Verteidiger während der zweitägigen Berufungsverhandlung im Oktober den High Court unterrichtet. Sie haben Beweise vorgelegt, wonach die CIA geplant hatte, Assange in London zu ermorden, zu entführen, zu überstellen oder zu vergiften.

Die diplomatischen „Zusicherungen“ der USA, auf die sich die Richter in ihrem jüngsten Urteil berufen, sind ein zynischer Betrug. Schon ihr Wortlaut enthält den Vorbehalt, dass, sollte Assange irgendwann in der Zukunft etwas tun, das eine Einzelhaft in einem Hochsicherheitsgefängnis rechtfertigen würde, alle Garantien hinfällig wären.

Das US-Justizministerium, das Pentagon und die CIA sind entschlossen, Assange im Gefängnis verrotten zu lassen, weil er ihre Verbrechen aufgedeckt hat. Gegen Assange liegen 18 Strafanzeigen vor, weil er im Jahr 2010 Tausende geheimer Akten und diplomatischer Kabel veröffentlicht hatte. Damit hatte er Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufgedeckt, die für den Tod von Zehntausenden von Menschen verantwortlich waren. Die Anklage gegen Assange sieht eine Strafe von bis zu 175 Jahren Gefängnis vor.

Während der Berufungsanhörung im Oktober behauptete Rechtsanwalt James Lewis QC, der für die Gangster im Weißen Haus und im Pentagon spricht, solche „verbindliche“ diplomatische Zusicherungen der USA seien eine „feierliche Angelegenheit“, sie würden „nicht wie Smarties ausgeteilt“.

Vier Zusicherungen sind am 5. Februar 2021 in einer diplomatischen Note übermittelt worden. Sie besagen, dass Assange nicht den „besonderen administrativen Maßnahmen“ (SAMs) unterworfen und in keinem ADX-Florence-Supermax-Gefängnis festgehalten werden soll. Während seiner Haft in den USA soll er eine „angemessene klinische und psychologische Behandlung“ erhalten. Auch würden die USA unter Umständen einer Überstellung Assanges nach Australien zustimmen, so dass er die Haftstrafe eventuell dort verbüßen könnte.

Entgegen aller medizinischen Befunde beharrten die USA auch darauf, dass Assanges mentaler Zustand „nicht annähernd“ schwer genug sei, um eine Auslieferung auszuschließen.

Diese Lügen akzeptierte Richter Lord Burnett als „feierliche“ Zusage: „Dieses Risiko [des Suizids] ist unserer Meinung nach durch die angebotenen Zusicherungen ausgeschlossen. Daraus folgt, dass wir überzeugt sind, dass die Richterin [Baraitser] die entsprechende Frage anders beantwortet hätte, hätten ihr die Zusicherungen vorgelegen.“

Assanges Anwälte haben die Zusicherungen der USA zu Recht als „bedeutungslos“ und „vage“ bezeichnet. Sie erklärten, dass das Risiko einer Isolationshaft für Assange damit keineswegs beseitigt sei. Wie die Anwälte betonten, hatte Richterin Baraitser sich auf medizinische Expertisen zu Assanges mentalem Zustand gestützt, als sie urteilte, dass die „besonderen administrativen Maßnahmen“, denen Assange höchstwahrscheinlich unterworfen würde, schwerwiegende negative Auswirkungen auf seine geistige Gesundheit haben würden.

Auch legte Assanges Anwaltsteam bei der zweitägigen Berufungsverhandlung im Okober Beweise für die „extremen Überwachungsmaßnahmen“ gegen ihren Mandanten vor. Sie stammen aus der Zeit, als er gezwungen war, in der ecuadorianischen Botschaft Zuflucht zu suchen. Die Anwälte bewiesen, dass damals CIA-Pläne bestanden, Julian Assange „ernsthaft zu schaden“. Dies stieß jedoch auf taube Ohren, denn das Urteil stand von vorneherein fest. Assanges Verlobte Stella Moris bezeichnete es als „schweren Justizirrtum“.

Die beiden hochrangigen Richter haben angeordnet, dass der Fall an das Bezirksgericht Westminster zurückverwiesen werde. Zusätzlich haben sie den verhandelnden Bezirksrichter angewiesen, den Fall an die britische Innenministerin Priti Patel weiterzuleiten. Dieser reaktionären Ministerin wird es obliegen, den Gnadenstoß gegen Assange auszuführen.

Wenn sich Assange jetzt an das Oberste Gericht wendet, ist es mehr als zweifelhaft, ob seine Berufung zugelassen wird.

Schon Baraitsers früheres Urteil war genau darauf ausgerichtet, als es die Auslieferung ausschließlich aus medizinischen Gründen, wegen der „realen“ Suizidgefahr, untersagte. Die Berechtigung des Auslieferungsantrags der USA hatte Baraitser in ihrem Urteil vom Januar in vollem Umfang bestätigt.

Lord Holroyde, der zweite Richter am High Court, klopfte Baraitser sogar auf die Finger, weil sie die US-Behörden nicht von ihrer „vorläufigen“ Entscheidung in Kenntnis gesetzt hatte, denn sonst hätten diese ihre jetzt gegebenen Zusicherungen damals schon abgeben können.

Die WSWS bezeichnete am 28. Oktober die Entscheidung der USA, gegen Baraitsers Urteil in Berufung zu gehen, als „juristische Farce im Dienst eines abscheulichen Verbrechens“.

Wir schrieben: „Assange wird verfolgt, weil er auf WikiLeaks Kriegsverbrechen, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt sowie Massenüberwachung, Putschpläne und staatliche Korruption offengelegt hat. Die Urheber dieser Verbrechen, die USA und andere imperialistische Staaten, sind entschlossen sich zu rächen. Assange soll lebenslang eingesperrt, körperlich und seelisch zugrunde gerichtet oder sogar ermordet werden.“

Im September berichtete Yahoo! News unter Berufung auf Gespräche mit mehr als 30 Quellen, dass die CIA auf höchster Ebene Pläne zur Entführung oder Ermordung von Assange erwogen hatte. Ein früherer Agent bestätigte, dass der ehemalige CIA-Direktor und Außenminister Mike Pompeo diese Gespräche geführt hatte. Später sagte Pompeo dazu, er werde sich dafür nicht entschuldigen.

Das jünste Urteil ist der Höhepunkt eines jahrzehntelangen Versuchs, Assange zum Schweigen zu bringen. Daran waren die Regierungen der USA, Großbritanniens und Australiens beteiligt, und Schweden und Ecuador unterstützten sie.

Schweden half bei der Organisation einer verdeckten Operation im August 2010, bei der falsche und völlig unglaubwürdige Beschuldigungen sexueller Übergriffe behauptet wurden. Auf dieser Grundlage versuchte Schweden, Assanges Auslieferung zu erreichen, um ihn dann an die USA zu überstellen. Ecuador hob im April 2019 Assanges diplomatische Immunität auf und ermöglichte es einem britischen Polizeikommando, ihn zu ergreifen und in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh zu verschleppen, wo er bis heute einsitzt.

Washington und London konnten sich auch auf die ständige, aktive Kollaboration des Guardian, der New York Times und der übrigen großen internationalen Medien verlassen. Sie führten eine Verunglimpfungs- und Verleumdungs-Kampagne, die Jahr für Jahr übler wurde. Obwohl sie am Ende doch erkennen müssen, welch schwerwiegende Folgen seine Auslieferung für die Pressefreiheit haben wird, waren sie es, die den Weg dafür ebneten.

Das Gleiche gilt für die Labour Party und verschiedene sozialdemokratische Parteien auf der ganzen Welt. Auch die „Labour-Linke“ von Jeremy Corbyn hat ihre Loyalität gegenüber dem Imperialismus und den rechten Kräften in der eigenen Partei über alle prinzipiellen Überlegungen gestellt. Unzählige pseudolinke Strömungen schlossen sich den Bemühungen der CIA an, Assange zu dämonisieren, indem sie erfundene Sexualvorwürfe und Gender-Politik als Vorwand nutzten, um die imperialistische Kampagne zur Ergreifung von Assange zu unterstützen.

Dagegen werden Millionen Menschen auf der ganzen Welt in dem schmutzigen Gerichtsurteil vom Freitag eine juristische Travestie und ein politisch motiviertes Verbrechen erblicken. Das schafft die Grundlage für die Mobilisierung der einzigen gesellschaftlichen Kraft schaffen, die Julian Assange wirklich befreien kann, der internationalen Arbeiterklasse. Für sie ist Assange ein Held, weil er dafür kämpfte, die imperialistischen Kriegstreiber zur Rechenschaft zu ziehen.

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