Lisa Diaz, britische Aktivistin für Corona-sichere Schulen, wird Opfer einer konzertierten Medienkampagne

Die Aktivistin Lisa Diaz wird mit ihrer Kampagne SafeEdForAll (Safe Education for All) übel verunglimpft. Das Interview, das sie letzten Montag in der jüngsten ITV-Sendung Good Morning Britain (GMB) gab, stößt seither auf Verleumdungen und die Propaganda der Tory-Regierung, die auch Labour und die Gewerkschaften vertreten: Die Arbeiterklasse müsse lernen, mit Covid-19 als Endemie zu leben.

Lisa wurde eingeladen, um zu erklären, warum sie ihre Tochter Helena seit Beginn der Pandemie nicht mehr in die Schule schickt. Klar und präzise schilderte sie die Gefahren, die Kindern durch das Virus drohen, und die unsicheren Bedingungen an britischen Schulen. Den beiden Moderatoren Richard Madeley und Susanna Reid ging es jedoch in Wirklichkeit darum, Lisas Bedenken als Unsinn hinzustellen. Nur wenige Minuten nach der Sendung erschienen in den großen Zeitungen die ersten Angriffe auf die Aktivistin, die unerschrocken für sichere Schulen eintritt.

Lisa und ihre Tochter Helena (Lisa Diaz @Sandyboots2020)

In dem Interview erklärte Lisa: „Wir sind in Sorge, dass Covid-19 unsere Kinder gesundheitlich schädigt. Derzeit befinden sich so viele Kinder mit Covid-19 im Krankenhaus wie nie zuvor. Laut [der Beratergruppe] Independent SAGE gab es in den letzten drei Wochen mehr Hospitalisierungen von Kindern als in der ganzen ersten Welle der Pandemie. Die Behauptung, Omikron verursache einen milderen Verlauf, ist also nur ein Märchen.

Laut der Health and Security Agency sind 128 Kinder an Covid-19 gestorben. Ehrlich gesagt, ist meine größte Angst als Mutter, dass meine Kinder Long Covid bekommen. Laut dem Office for National Statistics leiden 117.000 Kinder in Großbritannien für mehr als vier Wochen an Long Covid; 20.000 von ihnen geht es seit mehr als einem Jahr schlecht.“

Susanna Reid versuchte daraufhin, Lisa als irrationale, überängstliche Mutter darzustellen. Sie erklärte: „Sie haben also im Grunde große Angst.“ Lisa korrigierte sie höflich: „Ich bin informiert.“ Sie erklärte, die Regierung mache den Eltern nicht deutlich, welche Gefahren ihren Kindern drohen.

Reid fuhr fort: „Wir alle sind informiert, aber die Mehrheit der Eltern schickt ihre Kinder in die Schule.“

Screenshot aus dem Video mit Lisa Diaz (links unten) im Interview mit GMB. Die Moderatoren Richard Madeley und Susanna Reed sind oben im Bild. (YouTube/GMB)

Natürlich ging Reid mit keinem Wort auf die Rolle ein, die die staatlich gesteuerte Desinformation spielt, und sie verschwieg auch, dass viele ihre Kinder nur widerwillig in die Schule schicken. Viele Eltern müssen selbst unter unsicheren Bedingungen arbeiten, oder die Androhung von Geldstrafen lässt ihnen keine andere Wahl.

Der Gesundheitsredakteur von GMB, Dr. Hilary Jones, trat im Lauf der Pandemie immer wieder als rationaler Gegenpart zu Reids aggressivem Co-Moderator Madeley auf. Aber auch er konzentrierte am Montag seine Bemühungen darauf, die Gefahren für Kinder durch Omikron herunterzuspielen.

Jones erklärte, er kenne diese Zahlen und Statistiken nicht, weil NHS England in letzter Zeit nicht viele Statistiken veröffentlicht habe. Dann behauptete er jedoch, dass „Kinder unter 17 Jahren nur etwa zwei Prozent der Hospitalisierungen ausmachen“. Dies ist eine Lüge: Die tatsächliche Zahl liegt bei sechs Prozent. Alleine in den ersten sechs Januartagen wurden 747 Kinder hospitalisiert. Er gab zu, dass einige Daten aus Südafrika darauf hindeuten, dass Omikron bei Kindern schwerere Verläufe verursacht als Delta, fügte jedoch hinzu: „Ich habe dafür noch keine Bestätigung gefunden.“

Jones verleumdete Lisa dann auf abscheuliche Weise, indem er andeutete, sie würde ihr Kind schlecht behandeln, weil sie versucht, sie vor Covid-19 zu schützen: „Wenn sie ihr Kind nicht zu Hause gefangen hält, und das Kind auch niemals nach draußen geht … Das Kind hat vermutlich auch ein Leben neben der Schule ...“

Madeley fiel ein und ergänzte den Satz: „Wenn Sie Ihre Tochter nicht ununterbrochen isolieren, dann besteht immer die Gefahr, dass sie sich ansteckt, wenn sie mit einkaufen oder spazieren geht.“ Er fügte hinzu, dass Lisas Tochter auch dann nicht geschützt wäre , wenn Lisa zustimmen würde, sie nach zwei Impfungen wieder in die Schule zu schicken: „Das würde sie ja nicht davor schützen, sich mit dem Virus anzustecken.“

Die GMB-Moderatoren reihten eine Falschdarstellung an die andere. Lisa antwortete ihnen: „Es gibt in den Grundschulen keine anderen Mitigations-Maßnahmen als Fenster-Öffnen und ein bisschen Hygiene-Theater.“ Sie zitierte als Antwort auf Madeleys Äußerung eine Studie des wissenschaftlichen Beraters der Regierung, Stephen Reicher: „Ihm zufolge ist die Exposition mit dem Virus in einem Klassenzimmer oder Büro eintausend Mal größer als in einem Supermarkt.“

Das Argument, jeder werde irgendwo mit dem Virus in Kontakt kommen und eine Infektion riskieren, basiert auf dem Tenor der aktuellen Politik, man müsse die ungehinderte Ausbreitung von Covid-19 akzeptieren, was Lisa ablehnt. Sie antwortete in dem Interview: „Wir brauchen eine mehrschichtige Herangehensweise. Es geht nicht darum, nur das eine oder das andere zu tun. Impfstoffe, Belüftung oder Masken reichen nicht aus (…) Wir müssen die Übertragungen verringern, und wir brauchen auch Mitigations-Maßnahmen.“

Diese weit verbreitete und auf Wissenschaft gestützte Ansicht stört die Herrschenden, weshalb Regierungspolitiker und ihre Sprachrohre in den Medien alles tun, um sie schlechtzumachen und zum Verstummen zu bringen. Es geht nur darum, die Wirtschaft im Interesse der Konzerne und der Superreichen wieder im Normalbetrieb laufen zu lassen.

Zahlreiche höhnische Medienberichte unterstützten die Bestrebungen von GMB.

Die Sun reagierte auf das Interview mit Lisa mit Schwärmerei über „eine Reihe von höchst positiven Studien, die zeigen, dass Omikron milder ist als andere Varianten [und] eine Reihe von Maßnahmen in Schulen, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten.“ Danach wiederholte sie die Behauptung der Regierung, Boosterimpfungen schützten auch gegen Omikron und böten die beste Möglichkeit, durch die Pandemie zu kommen.

Die Daily Mail bezog sich auf Lisas „Behauptung“, Omikron habe zu einem Rekordanstieg der Hospitalisierungen von Kindern geführt, und schrieb dazu: „Dabei zeigen die Studien, dass die Omikron-Variante mildere Verläufe hat.“

Der Daily Mirror fügte hinzu: „Wissenschaftler erklären seit Anfang der Pandemie, dass die Covid-19-Symptome bei Kindern viel milder ausfallen als bei Erwachsenen. Und offenbar sind die Symptome bei Omikron sogar noch milder als bei früheren Varianten.“

Die Mediengruppe Reach, eine der größten in Großbritannien, zu der auch der Mirror gehört, verbreitete auch im schottischen Daily Record und Lokalzeitungen wie den Manchester Evening News ähnliche Artikel.

Die Zeitung MyLondon, die ebenfalls zu Reach gehört, gab jeden Anschein von Objektivität auf und schrieb: „Die Zuschauer der ITV-Sendung Good Morning Britain attackieren die ,grausame‘ Mutter, die ihre Tochter wegen Covid seit 20 Monaten nicht mehr in die Schule lässt.“ Der Artikel behauptete, die Zuschauer seien „empört“, die meisten hätten Lisa kritisiert.

Tatsächlich unterstützten viele Lisa Diaz. Mehrere von GMB ausgewählten Twitter-Kommentare kritisierten ihre Diffamierung und die Moderatoren. Hier einige von ihnen: „Danke [Lisa] für deinen Kampf für die Gesundheit der britischen Kinder“, „Gut, wie Lisa ihre Ansichten rübergebracht hat“, „Gut, dass wir Leute wie Lisa haben, die den Mund aufmachen“, oder „Sie hat keine Angst, sie ist nur informierter als andere... auch als Dr. Hilary Jones.“

Andere warfen den GMB-Moderatoren vor, dass sie „Unsinn verbreiten“, „einseitige und faktisch falsche Dinge senden“, „dumme Vergleiche anstellen“ und „keine Ahnung von den grundlegenden Fakten zu Covid-19 haben“.

Einer schrieb: „Es ist absolut lächerlich, dass in den zwei Jahren seit Beginn der Pandemie noch nichts Ernsthaftes unternommen worden ist, um die Schulen sicher zu machen.“ Ein anderer schrieb: „Diese Regierung hat die Kinder an zu vielen Fronten hängen gelassen... Die Masseninfektionen, das Leben mit Covid, die Herdenimmunität und die Politik des Aussitzens sind nicht nur unwissenschaftlich, sondern auch moralisch abstoßend.“

Gegenüber der World Socialist Web Site erklärte Lisa nach dem Interview mit GMB: „Sie wollen nicht, dass die Wahrheit bekannt wird, weil sie wehtut. Wenn die Leute statt einem Haufen Lügen die Wahrheit erfahren würden, dann hätten alle Eltern zu Recht Angst um ihre Kinder. Deshalb müssen sie die Wahrheit unterdrücken...

Die Parallelen zu dem Film Don't Look Up sind erschütternd. Ich erkläre lediglich die Wissenschaft und was wirklich passiert. Man kann alle Tatsachen überprüfen. Aber es passt nicht ins Narrativ. Wenn man zugibt, dass viele sterben und auch immer mehr Kinder sterben, dann kann man nicht mehr argumentieren, wir sollten damit leben. Das geht nicht, und das wissen sie.“

Sie fügte hinzu: „Ich weiß, dass es nicht nur um mich und meine Kinder geht. Es geht darum, was allen angetan wird. Alleine in diesem Land sind mehr als 170.000 Menschen gestorben. Tausende, darunter Kinder, leiden an Long Covid.“

Millionen sehen das genauso. Dass diese Stimmung bisher nur einen begrenzten organisierten Ausdruck gefunden hat, liegt an dem mangelnden Widerstand von Seiten der Labour Party, der Liberal Democrats, der anderen Parteien und der Gewerkschaften. Sie verhindern jede Bewegung der Arbeiterklasse, unterstützen die Öffnung der Schulen und fordern nur ein paar zusätzliche Eindämmungs-Maßnahmen.

Um den politischen Kampf dagegen zu organisieren, hat das Educators Rank-And-File Safety Committee in Großbritannien, das in der Pandemie für den Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees für sichere Bildung kämpft, am 11. Januar ein besonderes Online-Treffen organisiert. Die WSWS wird darüber berichten. Das nächste Treffen des Netzerks der Aktionsmomitees für sichere Bildung in Deutschland findet am 18. Januar um 19:00 statt.

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