Die Kampagne des 34-jährigen Autoarbeiters bei Mack Trucks in Pennsylvania (USA), der bei der Wahl zum Präsidenten der Autoarbeitergewerkschaft UAW (United Auto Workers) kandidiert, trifft auch in Deutschland auf breite Unterstützung. Bei den Wahlen, die zwischen September und November per Briefwahl abgehalten werden, tritt Lehman u. a. gegen den amtierenden UAW-Präsidenten Ray Curry an.
Das kommt in Deutschland gut an. Marin, 25, lebt in Düsseldorf und bildet sich gerade zum Webentwickler fort. Er hatte sich das Video der UAW-Präsidentschaftskandidaten-Debatte angesehen und war begeistert. „Ich finde es gut, dass Will diese Kampagne als Sozialist führt. Viele Arbeiter haben bestimmt ähnliches gedacht, aber konnten es nicht artikulieren. In den USA ist der Sozialismus total verpönt. Aber jetzt kommt Will und erklärt das, in einfachen und klaren Worten.“
Marin sieht die direkte Verbindung der „Frage der Gewerkschaften und den Kampf gegen die Bürokratie mit der Systemfrage, dass die gesamte Gesellschaft nach den Bedürfnissen der Arbeiter organisiert werden muss und nicht nach denen der Unternehmen. Auch, dass er die Klassenfrage aufbringt und klar macht, ist wichtig. Das wird in den USA und überall unterdrückt.“
Wie Will in der Kampagne und speziell gegenüber dem aktuellen UAW-Vorsitzenden Ray Curry auftritt, beeindruckt ihn. „Will macht das selbstbewusst und offensiv. Es gefiel mir, dass er sich die anderen Bürokraten in der Debatte persönlich, direkt und hart, aber immer sachlich vorgenommen hat. Will sagt klar, dass es nicht um die Frage geht, die eine Führung gegen die andere auszutauschen, sondern dass es darum geht den Apparat abzuschaffen und die Macht zurück an die Arbeiter zu geben.“
Sehr gut fand er, wie Will auf die Frage der Korruption geantwortet hat, die nicht bei den Arbeitern, sondern einzig bei den Bürokraten liegt. „Da sitzen die Nutznießer des parasitären UAW-Systems. Das ist klar und unmissverständlich.“
Wills Internationalismus spricht ihn an. „Darin liegt unsere Stärke, wenn wir uns international abstimmen. Und das kann Will nicht alleine machen. Deshalb reicht es auch nicht, ihn zu wählen. Das muss der erste Schritt sein, sich ihm anzuschließen. Es liegt an uns, eine wirkliche Demokratie aufzubauen.“
Max hatte Will Lehman schon beim internationalen Treffen indischer und deutscher Fordarbeiter zu Beginn seiner Kampagne kennengelernt.
Der Fordarbeiter aus Saarlouis verfolgt sie seitdem gespannt. „Es ist alles richtig, was der junge Kollege macht“, betont er. „Die ganze Korruption der Gewerkschaftsführung richtet sich gegen uns.“ Er spricht aus eigener Erfahrung. „Wir haben in Ford Saarlouis ein Aktionskomitee, das aufdeckt, was bei uns alles falsch läuft, um den Kollegen die Augen zu öffnen.“ Die IG Metall und der Betriebsrat bei Ford Saarlouis hatten die Arbeiter im mörderischen Bieterwettbewerb mit dem Werk in Almussafes (Valencia) von den dortigen Kollegen gespalten. Nach der Entscheidung gegen den saarländischen Standort arbeiten sie nun an der Abwicklung des Werks.
„Der Betriebsrat erzählt die ganze Zeit, wir lassen uns nicht spalten“, erzählt Max. „Aber was er meint, ist, wir lassen keine andere Meinung zu. Ihm ist unser Aktionskomitee ein Dorn im Auge.“
Im Moment höre man gar nichts, es werde so getan als hätte man noch viel Zeit und alles sei in Ordnung: „Friede, Freude Eierkuchen“, berichtet er. Am letzten Samstag habe die IG Metall ein Solidaritätsfest veranstaltet, auf dem aber nur die IG Metall und ihre engsten Anhänger kamen. „Den meisten war nicht nach feiern zumute.“
Deswegen unterstützt er die Kampagne von Will: „Ich habe ihn ja kennengelernt, es ist absolut richtig, dass er darangeht, die Arbeiter unabhängig zu organisieren gegen die Gewerkschaftsfunktionäre, die nicht uns, sondern die Konzerne und ihre eigenen Interessen vertreten.“ In Deutschland sei das ja nicht anders. „Das ist ja ein weltweites Problem.“
Max berichtet: „Unsere Betriebsräte arbeiten hier wie eine Mafia. Die Gewerkschaftsbeiträge sehen viele von uns als eine Art Schutzgeld. Denn wenn du nicht in der Gewerkschaft bist, hast du schlechte Karten im Betrieb. Wenn die dich raushaben wollen, dann schaffen sie das. Es ist daher jetzt an der Zeit, dass wir den Gewerkschaftsfunktionären und ihren Betriebsräten entgegentreten.“
Mohamed arbeitet in der Metallindustrie in Duisburg. „Ich unterstütze das sehr, was Will sagt und macht“, sagt er. „Ich habe die Artikel gelesen und mir auch einige Videos von ihm angeschaut. Man muss gegen die Gewerkschaftsbürokraten auftreten. Sie vertreten nicht unsere Interessen. Ich habe das aus eigener Erfahrung erlebt. Wenn sich Arbeiter unabhängig organisieren, wie Will Lehman es vorschlägt, könnten wir für unsere Interessen eintreten. Und wir könnten unter uns offen und ehrlich miteinander umgehen. Das ist ja im Moment im Betrieb kaum möglich. Jeder Fehler, jedes falsche Wort kann aktuell dazu führen, dass man seinen Job verliert. Deswegen wünsche ich Will viel Erfolg.“
Harald ist Lehrer in Duisburg und verfolgt aufmerksam den Wahlkampf von Will Lehmann auf der World Socialist Web Site. „Es handelt sich offensichtlich ganz unabhängig von der Art des Berufs oder der Nation weltweit bei den Gewerkschaften um das selbe verrottete System.“ Er selbst war früher als Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) „gezwungen worden, den Zielen der Arbeitgeber zuzustimmen, die die Beschäftigten gespalten hatten“ – in angestellte und verbeamtete Lehrkräfte. Harald nennt diese Spaltung „ein beinahe altindisches Kastensystem aus sehr unterschiedlich und nie ausreichend bezahlten Kollegen“. Daher habe Will Lehmann vollkommen Recht: „Die Bürokratie muss kompromisslos beseitigt werden, sonst werden auch wir Lehrer weiter am Ring durch die Manege geführt und betrogen.“
Harald weist aber auch noch auf einen sehr aktuellen Grund hin, „warum wir dem internationalen Aufruf Will Lehmans folgen sollten“: „Bildungsbeschäftigte und Ruheständler auch in Deutschland verlieren gerade durchschnittlich 8,5 Prozent ihrer Einkünfte, nur weil die Bildungsgewerkschaften die Dreistigkeit besessen haben, uns mit jährlichen 1,4 % jährlicher Lohnanpassung und einem tarifvertraglichen Streikverzicht zu knebeln. Einige Beschäftigte an der Basis sind noch ratlos, die meisten wütend und die ersten überzeugt, dass nur eine berufsübergreifende und internationale Zusammenarbeit der Beschäftigten einen Ausweg aus der Dauerkrise der Lohnsenkung darstellt.“ Dann betont Harald:
„Der Automobilarbeiter Will Lehman aus den USA, der sich dort auch in einem bedeutenden Streik von Lehrern für bessere Schulen und ausreichende Bezahlung eingesetzt hat und von ihnen klar unterstützt wird, vermittelt damit den hunderttausenden betrogenen Bildungsbeschäftigten in Deutschland eine komplett neue und erfolgversprechende Perspektive. Die Zukunft des Lehrerberufs und der Schulen ist von den Gewerkschaftsbürokraten als verlängertem Arm der Arbeitgeber zerstört worden und kann nur von den Beschäftigten der Basis in harten, selbstorganisierten Arbeitskämpfen zurückerobert werden. Es reicht nicht aus, die Spitzenfunktionen neu zu besetzen, der gesamte Apparat muss durch Komitees der Beschäftigten ersetzt werden.“
David, 35, ist Speditionskaufmann aus Berlin. Ihn würde es freuen, „wenn Will die Wahl gewinnt“. Denn „jetzt muss der Widerstand organisiert werden“. Ihn bewegt gerade vor allem die explodierende soziale Spaltung. „Es ist ganz klar, dass es aktuell auf eine materiell totale Spaltung der Gesellschaft hinausläuft. Eine große Anzahl Arbeiter wird jetzt als Folge des Kriegs und der Inflation zu armen Schluckern. Das kann ja so nicht weitergehen.“
Auch er begrüßt die internationale Ausrichtung Wills Kampagne. „Wenn wir uns nur national organisieren und vernetzen, kann uns das Kapital, das international vagabundiert, gegeneinander ausspielen. Ich für meinen Teil, helfe gerne, wenn es darum geht, Arbeiter international zu vereinen. Die beste Unterstützung ist, wenn wir selbst hier etwas Substantielles aufbauen. Auch hier in Deutschland und Europa muss man aktiv werden.“
Frank engagiert sich als Krankenpfleger im Aktionskomitee Pflege. Er verfolgt mit großem Interesse die Kampagne von Will. „Es ist zu hoffen, dass er Unterstützung gewinnt. Es würde auch enorm positive Auswirkungen für Deutschland haben, wenn er sich in den USA gegen die Gewerkschaftsbürokratie durchsetzt. Dann wäre hier klar, dass selbst die eingefahrensten Strukturen und anscheinend ewigen Verhältnisse aufgebrochen werden können.“
Denn die Probleme hier seien die gleichen wie in den USA und letztlich in allen Ländern. „Die Gewerkschaften verfolgen ihre eigenen Interessen. Die einzelnen Funktionäre sitzen auf warmen Posten, an denen sie hängen.“ Die korrupten Verhältnisse, wie sie Will Lehman bei der UAW aufbringt, sei bei Verdi, der Gewerkschaft, die ihre Kontrolle über die Alten- und Krankenpflege ausübt, nicht anders. „Die Arbeitgeber laden die Gewerkschafter zu Verhandlungen in teure Hotels ein, Gewerkschaftsfunktionäre sitzen in Aufsichtsräten, haben wahrscheinlich auch Aktien der Unternehmen, für die sie gewerkschaftlich verantwortlich sind. Da wäscht doch eine Hand die andere.“
Daher sei es jetzt an der Zeit, „sich unabhängig und international zu organisieren“. „Will geht da voran.“
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