Australische SEP veranstaltet erfolgreichen sechsten Parteitag

Die australische Socialist Equality Party hielt vom 24. bis zum 27. September einen viertägigen Parteitag ab, auf dem die Perspektive der Partei dargelegt und ihre Führung gewählt wurde. Die Veranstaltung umfasste intensive Diskussionen sowie Beiträge aus Australien und der ganzen Welt, vorgetragen von Vertretern des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), der trotzkistischen Weltbewegung.

Aktivisten der SEP erhalten während der Wahl 2022 große Unterstützung von Arbeitern und Jugendlichen in Brisbane (WSWS)

Der Parteitag begann mit einer Würdigung und einer Schweigeminute für Wije Dias, der bis zu seinem Tod im Juli jahrzehntelang Vorsitzender der sri-lankischen SEP war.

Cheryl Crisp, nationale Sekretärin der SEP (Australien), hielt einen umfassenden Eröffnungsbericht, in dem sie die Beratungen des Parteitags in den Kontext der beispiellosen wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen Krise des globalen kapitalistischen Systems stellte.

Crisp betonte, dass das IKVI die Pandemie als „auslösendes Ereignis“ der Weltgeschichte analysiert hat. Die Pandemie hat den fundamentalen Konflikt zwischen den sozialen Rechten und Bedürfnissen der arbeitenden Bevölkerung und der Dominanz einer winzigen Wirtschafts- und Finanzelite über die Gesellschaft offengelegt. Sie hat zudem alle grundlegenden Widersprüche des Kapitalismus auf einen neuen Höhepunkt getrieben.

Mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine wurde dieser „Auslöser“ betätigt. Crisp erklärte, dass der Stellvertreterkrieg der USA und der Nato gegen Russland einen folgenschweren Wendepunkt in der Weltpolitik markiert und die unmittelbare Gefahr eines globalen atomaren Flächenbrands heraufbeschworen hat.

Während die herrschende Elite auf die zunehmende globale Krise mit Austerität, Krieg und einer Hinwendung zu Diktatur reagiert hat, ist die Arbeiterklasse in große soziale Kämpfe eingetreten. Diese haben sich auf der ganzen Welt und auch in Australien entwickelt und fanden ihren Ausdruck in Rebellionen gegen die alten Organisationen – vor allem die Gewerkschaften – die den Klassenkampf in den letzten 40 Jahren unterdrückt haben.

Crisp erklärte, dass die Arbeiterklasse durch die Wiederaufnahme ihrer Kämpfe eine neue Ära revolutionärer Umwälzungen einleite. Die Klassenkämpfe bestätigten die Einschätzung des IKVI, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der sozialistischen Revolution sein werden.

In diesem Zusammenhang hob Crisp die entscheidende Rolle des subjektiven Faktors hervor, die aktive Intervention der Partei. Sie bekräftigte die Einschätzung des Vorsitzenden der internationalen Redaktion der WSWS, David North, dass die trotzkistische Bewegung in die fünfte Phase ihrer Geschichte eingetreten ist. Diese werde charakterisiert durch die Überschneidung ihrer politischen Linie und Aktivitäten mit der Bewegung der Arbeiterklasse.

Crisp erklärte: „Wir gehen an die derzeitige Lage nicht als außenstehende Zuschauer heran. Wir treten in die globale Krise ein, nachdem wir festgestellt haben, dass es keine andere revolutionäre Tendenz gibt, die glaubhaft behaupten kann, das Erbe des Marxismus, geschweige denn des Trotzkismus, zu vertreten. Es hat ein politischer Selektionsprozess stattgefunden.“ Bedingungen seien entstanden, unter denen die trotzkistische Bewegung im Kampf für die sozialistische Revolution die Führung wichtiger Klassenkämpfe übernehmen könne.

Die Diskussionen an den folgenden Tagen des Parteitags waren von diesen Einschätzungen geprägt.

Eine entscheidende Komponente war die breite internationale Beteiligung von Vertretern des IKVI. Der Parteitag erhielt Grüße von führenden Angehörigen der Socialist Equality Parties in den USA, Großbritannien, Deutschland, Kanada, Sri Lanka und Frankreich.

Die Grüße eines führenden Mitglieds der neuen türkischen Sektion des IKVI unterstrichen die weltweite Erweiterung der trotzkistischen Bewegung; dies betonten ebenso die Reden von Vertretern der sympathisierenden Socialist Equality Groups in Neuseeland und Brasilien.

Die internationale Beteiligung war alles andere als zeremonieller Natur. Die Beiträge wiesen darauf hin, dass Arbeiter weltweit angesichts der anhaltenden Pandemie, der galoppierenden Inflation und des Krieges mit der gleichen Situation konfrontiert sind. Das IKVI macht überall wichtige Erfahrungen bei der Intervention in die Kämpfe der Arbeiterklasse.

Der Kongress diskutierte, ergänzte und verabschiedete einstimmig vier Resolutionen, die in den kommenden Wochen auf der WSWS veröffentlicht werden.

Die erste Resolution trug den Titel: „Baut eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gegen imperialistischen Krieg auf!“ Sie warnt, dass der Krieg in der Ukraine nur der Startschuss für einen globalen Konflikt ist, mit dem die imperialistischen Mächte eine Neuaufteilung der Welt anstreben. Australien steht in diesem Programm an vorderster Front, u.a. durch seine vollständige Integration in die aggressive Konfrontation der USA mit China.

Die Resolution arbeitete die treibenden Kräfte des Krieges heraus: die grundlegenden Widersprüche des kapitalistischen Systems, vor allem zwischen dem integrierten Charakter der Weltwirtschaft und der Aufteilung der Welt in feindliche kapitalistische Nationalstaaten. Genau wie im 20. Jahrhundert haben diese Widersprüche einen Zerreißpunkt erreicht. Es droht die Gefahr einer nuklearen Katastrophe.

Weiter betonte die Resolution, die einzige Alternative sei die Schaffung einer internationalen Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse, die sich gegen die Quelle des Konflikts richtet – das Profitsystem selbst.

Die zweite Resolution trug den Titel „Die Corona-Katastrophe und die politische Krise des australischen Kapitalismus“. Darin wurden die weitreichenden Auswirkungen der globalen Pandemie auf Australien geschildert.

Letzten Dezember hatten die Regierungen Australiens die erfolgreichen Mitigationsmaßnahmen eingestellt und stattdessen auf die Durchseuchung der Bevölkerung gesetzt. Die Folge waren mehr als zehn Millionen Infektionen, der Zusammenbruch des Krankenhaussystems und offiziell etwa 13.000 Tote. Während des Parteitags plante die Labor-Bundesregierung die Aufhebung der wenigen noch verbliebenen Einschränkungen.

Die Resolution ging auch darauf ein, dass sich die herrschende Elite seit Beginn der Pandemie zunehmend außerparlamentarischen und autoritären Herrschaftsformen zuwendet. Diese Maßnahmen, darunter die geheime Übernahme von mannigfaltigen Ministerbefugnissen durch Premierminister Scott Morrison und die Bildung eines parteiübergreifenden Nationalkabinetts, sollten explosiven Aufständen der Arbeiterklasse begegnen.

Die SEP ist die einzige Partei, die für die Eliminierung des Virus gekämpft hat, d.h. für die einzige wissenschaftlich begründete Strategie zur Beendigung der Pandemie. Die Resolution verpflichtete die Partei zu einer Vertiefung dieses Kampfs, u.a. durch die Bildung von Aktionskomitees im Kampf gegen die Gewerkschaften, die die profitgetriebene Politik der Herdenimmunität durchsetzen.

Eine weitere Resolution mit dem Titel „Baut die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) auf!“ umriss die Perspektive der Partei, aggressiv in die Kämpfe der Arbeiterklasse einzugreifen. Sie schilderte die Rolle der IWA-RFC, die von der WSWS und dem IKVI ins Leben gerufen wurde, bei der Schaffung des organisatorischen und politischen Rahmens einer globalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen Krieg, Austerität und die Pandemie. Die Initiative zielt darauf ab, der entstehenden Rebellion der Arbeiterklasse gegen die Gewerkschaftsbürokratien politische Anleitung zu geben.

Die Resolution betonte das Anwachsen des Klassenkampfs in Australien, das sich in diesem Jahr in einem Anstieg der Zahl der Arbeitskämpfe um ein Sechsfaches äußerte. Diese Kämpfe entwickelten sich trotz der Versuche der Gewerkschaften, sie zu unterdrücken.

Die SEP beschloss auf dem Parteitag, ihre Interventionen auszuweiten, vor allem in den wichtigen Sektoren Logistik, Gesundheit und Bildung, um Arbeiter bei der Gründung von Aktionskomitees zu unterstützen.

Eine abschließende Resolution forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung von Julian Assange, dem australischen Journalisten und WikiLeaks-Herausgeber, der in Großbritannien im Gefängnis sitzt, und dem die Auslieferung an die USA und eine lebenslange Haftstrafe droht, weil er US-amerikanische Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.

Die Resolution erklärte, der Angriff auf Assange sei die Speerspitze einer allgemeinen Hinwendung zu Autoritarismus, die sich gegen die wachsende soziale und politische Opposition richtet. Die australische Labor-Regierung steht an der Spitze dieses Angriffs und lehnt Forderungen nach der Freilassung von Assange ab. Das steht im Einklang mit ihrer Unterstützung des US-Militarismus und der Angriffe auf demokratische Rechte im Inneren. Es unterstreicht, dass Assanges Freiheit die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse erfordert.

Abgesehen von der Annahme der vier Resolutionen wurde auch die Führung der SEP für die nächsten zwei Jahre gewählt. Das neue Nationalkomitee der Partei umfasst einen breiten Querschnitt der Parteimitgliedschaft, darunter jahrzehntelange Führungspersönlichkeiten, Arbeiter, die für die Perspektive der Partei gekämpft haben, und jüngere Mitglieder, die in den letzten 15 Jahren für die Partei gewonnen wurden.

Cheryl Crisp wurde vom Nationalkomitee erneut zur nationalen Sekretärin gewählt, Max Boddy zu ihrem Stellvertreter und Peter Symonds zum nationalen Redakteur der WSWS.

In ihrer Abschlussrede betonte Crisp nochmals die entscheidende Rolle, die die Partei in der gegenwärtigen Periode spielt. Es seien Bedingungen entstanden, unter denen die SEP in der Arbeiterklasse umfassend rekrutieren und als Teil des IKVI die führende Rolle in den sich entfaltenden Kämpfen spielen könne. Diese Perspektive werde sich jedoch nicht automatisch verwirklichen, sondern müsse erkämpft werden.

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