Die World Socialist Web Site unterstützt Will Lehmans Kandidatur für die Präsidentschaft der US-amerikanischen Autoarbeitergewerkschaft UAW. Weitere Informationen zu dessen Kampagne finden sich auf der Website WillForUAWPresident.org.
Will Lehman ist Arbeiter bei Mack Trucks in Macungie im US-Bundesstaat Pennsylvania, und er kandidiert für das Amt des Präsidenten der United Auto Workers (UAW). In den letzten Tagen hat er Tausende von Arbeitern in der Autoproduktion und in anderen Betrieben in den USA erreicht. In den Mittelpunkt seiner Kandidatur stellt Lehman die Frage, wie die Belegschaft die Macht übernehmen kann.
Am Montag wurden die Stimmzettel für die erste Direktwahl der UAW-Spitze versandt. An der Abstimmung, die von gerichtlich bestellten Wahlbeobachtern begleitet wird, können 900.000 beruflich aktive und verrentete Gewerkschaftsmitglieder teilnehmen. Die Stimmzettel müssen bis zum 18. November in die Post gegeben werden, damit sie bis zum 28. November sicher eingegangen sind.
Lehmans Wahlkampf hat in den letzten Wochen an Schwung gewonnen. In mehreren Werken, vor allem in Detroit und Chicago, haben Arbeiter Wahlkomitees eingerichtet, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu erreichen.
Obwohl die Unterstützung für Will wächst, wissen viele Beschäftigte immer noch nicht über die Wahl Bescheid und kennen nicht die Kandidaten, die zur Wahl stehen. Die UAW-Bürokratie tut ihrerseits nur sehr wenig, um die Wahl bekannt zu machen. Tatsächlich möchte die Gewerkschaft die Wahlbeteiligung gering halten, um auf diese Weise sicherzustellen, dass ihre handverlesenen Kandidaten gewinnen.
Die Wahl fällt in eine Zeit, da Stellantis einen umfangreichen Stellenabbau angekündigt hat, nämlich die Streichung der dritten Schicht im Werk Warren Truck Assembly Plant nördlich von Detroit. Stellantis droht mit der Schließung dieses Montagewerks und macht die Beschäftigten für Produktionsmängel und übermäßige Fehlzeiten verantwortlich. Das Unternehmen ignoriert dabei die hohe Fluktuation aufgrund einer üblen Behandlung der Beschäftigten: Ein erheblicher Prozentsatz der Beschäftigten bei Warren Truck sind „Zusatzkräfte“, die mit einem Stundenlohn von weniger als 16 Dollar beginnen. Damit liegen sie noch unter dem Lohn, der in vielen Fastfood-Restaurants gezahlt wird.
Ein Unterstützer von Will Lehman bei Stellantis in Detroit erklärt, warum er die Kampagne unterstützt: „Es gibt ein echtes Interesse an Wills Kandidatur. Wir haben was Besseres verdient. Wir können es uns nicht leisten, dass die Menschen ihre Arbeitsplätze wegen der Gier der Unternehmen verlieren, wegen ihrer egoistischen, unbeherrschten Habsucht. Das ist abstoßend.“
Im Volvo Trucks Werk New River Valley in Dublin, im US-Bundesstaat Virginia, hat ein Wahlkampfteam am Montag starke Unterstützung für Lehman gewonnen. Die Beschäftigten haben im vergangenen Jahr gestreikt und mehrere Versuche der UAW-Bürokratie unter Leitung von UAW-Präsident Ray Curry abgelehnt, ihnen einen schlechten Tarifabschluss aufzudrücken.
Große Unterstützung findet Lehmans Forderung, die Bürokratie abzuschaffen und die Macht auf die Belegschaft zu übertragen durch den Aufbau eines globalen Netzwerks von Aktionskomitees. Das Unterstützerteam verteilte mehr als tausend Flugblätter und gewann viele Beschäftigte zur Mitarbeit in einem lokalen Wahlkomitee.
Mark arbeitet seit 40 Jahren in diesem Werk, seit es zu White Motors gehört. „Die Gewerkschaft ist furchtbar“, sagt er. „Sie erreichen gar nichts. Ich werde ihn – Lehman – zu 100 Prozent unterstützen, jeden, der Curry rausschmeißt und die Basis mit ins Boot holt. Das ist es, was wir brauchen.“
Auf die Frage nach dem Volvo-Streik im Jahr 2021 sagt er: „Sie haben uns wirklich verarscht. Das waren die Gewerkschaft und die Unternehmen, aber vor allem die Gewerkschaft. Die Gewerkschaft setzt sich nicht für uns ein. Ich habe ihnen gesagt: ‚Steht auf, ihr täuscht doch eine Streikpostenkette nur vor.‘ Ich bin in den Kohlefeldern aufgewachsen und weiß, was ein echter Streikposten ist. Wir haben am Straßenrand gestanden! Ein echter Streikposten reicht quer über die Straße. Man hält den Verkehr auf und stoppt die Streikbrecher. Darum geht es bei einer Streikpostenkette.“
Er fährt fort: „Während des Streiks haben sie sich allerhand geleistet (...) Sie haben Lastwagen vom Parkplatz weggeholt, um sie bei den Händlern zu montieren.
Es spielt keine Rolle, was sich das Unternehmen einfallen lässt, die Gewerkschaft nickt alles ab. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass wir eine Gewerkschaft haben. Wir haben überhaupt kein Streikrecht mehr. Sie ließen uns zweimal über denselben Vertrag abstimmen, weil ihnen das Ergebnis nicht gefiel.“
Über Volvo sagt Mark: „Ihr Ruf ist im Laufe der Jahre so schlecht geworden, dass aus der ganzen Gegend keiner mehr hier arbeiten will. Es gab eine Zeit, in der man einen Job hier sehr schätzte, aber heute sagen die Leute, die hier arbeiten, es die Hölle.“
Auf die Frage, was er von den Aktionskomitees hält, antwortet Mark: „Wir brauchen so etwas. Wir haben im Moment nichts. Ich habe sogar schon überlegt, aus der Gewerkschaft auszutreten. Es gibt eine Menge Leute, die ausgetreten sind. Sie haben niemanden, der sie vertritt.“
Dana, eine weitere Volvo Trucks-Arbeiterin, ist seit 2004 in der Gewerkschaft. Zu den Aktionskomitees sagt Dana: „Ich halte die Aktionskomitees für eine großartige Idee. Sie sollen die Meinung der Beschäftigten einholen, denn die wissen, was in den Betrieben vor sich geht, sie wissen, was geschehen muss. Es ist ihre Zukunft. Es ist auch die Zukunft meiner Familie. Ich arbeite hier, mein Mann arbeitet hier, und mein Sohn arbeitet auch hier.“
Auf die Frage, was sie von Lehmans Forderung halte, alle Stufentarife abzuschaffen, sagt sie: „Wir arbeiten hier alle die gleichen Stunden, machen die gleichen Pausen, und wir sollten auch gleich bezahlt werden.“
Ein Wahlkampfteam, das durch die Staaten des Mittleren Westens reist, machte am Montag zweimal in Ford-Werken in der Region Chicago Halt. Es besuchte das Ford-Presswerk in Chicago und anschließend das nahe gelegene Montagewerk (CAP), wo Lehmans Unterstützer während des Mittagschichtwechsels mit den Beschäftigten sprachen. In den Werken ist die Wut über die harten Arbeitsbedingungen weit verbreitet, wie auch über die temporären Entlassungen aufgrund von Lieferengpässen und die völlige Geringschätzung der Arbeiter durch den UAW-Apparat.
„Das Zweiklassensystem bei den Löhnen mag keiner, und es richtet in den Betrieben großen Schaden an“, sagt ein Arbeiter, der schon seit 26 Jahren im Stanzwerk Chicago Heights arbeitet. „Die UAW hätte es nie akzeptieren dürfen. Wir müssen es loswerden.“
Ein junger Arbeiter sagt: „Meine Freunde, die nicht hier im Werk arbeiten, verdienen mehr Geld als ich.“ Er verweist auf die niedrigen Löhne und fehlenden Sozialleistungen für Neueingestellte.
Ein anderer, erfahrener Arbeiter sagt: „Ich finde es nicht gut, dass sie den neuen Arbeitern die Renten und andere Vergünstigungen vorenthalten. Die jungen Leute werden wirklich über den Tisch gezogen. Ich befürchte, dass sie beim nächsten Vertrag unsere Gesundheitsversorgung angreifen, und die UAW wird das mitmachen.“
Mehrere Arbeiter sprachen über drohende Entlassungen im Werk. Durch den Einsatz von Robotern und anderen neuen Technologien werden Arbeitsplätze abgebaut. In einigen Fällen werden Leiharbeiter, die weniger als die Hälfte des Tariflohns verdienen, eingesetzt, um die so genannten Altbeschäftigten zu ersetzen.
„Mit der neuen Elektrofahrzeugproduktion drohen sie mit dem Abbau von Arbeitsplätzen, und wir haben gehört, dass es zu Entlassungen kommen wird“, sagt ein Presswerk-Arbeiter mit 27 Jahren Betriebszugehörigkeit. Ein Unterstützer Lehmans aus dem Wahlkampfteam erklärt, dass Lehman jeglichen Arbeitsplatzabbau ablehnt und dass fortschrittliche Technologien zum Nutzen der Arbeiter eingesetzt werden müssen, indem die Wochenarbeitszeit ohne Lohneinbußen verkürzt wird, statt Arbeitsplätze abzubauen. „Ich stimme dem vollkommen zu“, antwortet der Arbeiter. „Wenn es das ist, wofür er steht, werde ich für ihn stimmen.“
Auch im Ford-Montagewerk Chicago (CAP) stehen die Wahlkampfhelfer am Werkstor und teilen Handzettel über Lehmans Kampagne an die Ford-Arbeiter aus.
Eine Arbeiterin sagt, sie verfolge den Wahlkampf und habe Lehman bei der Debatte mit UAW-Präsident Ray Curry und den anderen Kandidaten zugehört. Was ihr am meisten auffiel, war die Frage des Moderators, wie Lehman mit dem UAW-Apparat zusammenarbeiten würde. „Will antwortete, er werde mit keinem von ihnen zusammenarbeiten, und das fand ich toll“, sagt die Arbeiterin.
Lehman betont die Notwendigkeit, dass die Arbeiter in jeder Fabrik Aktionskomitees bilden, um die Macht vom UAW-Apparat auf die Arbeiter in den Betrieben zu übertragen. Diese Komitees, so Lehman, sollen die Arbeiter mobilisieren, um ihre Arbeitsbedingungen zu verteidigen und kollektive Maßnahmen vorzubereiten. Ziel ist es dabei, den Missbrauch von Leiharbeitern zu beenden, die Zweiklassenlöhne abzuschaffen und für substanzielle Lohnerhöhungen und einen Lebenshaltungskostenschutz angesichts der Inflation zu kämpfen.
Ein anderer Arbeiter mit 12 Jahren Betriebszugehörigkeit sagt dem Unterstützerteam: „Wir haben hier keine Gewerkschaft, nur die Geschäftsführung hat eine. Wir haben gerade erfahren, dass die Ortsgruppe jeden Monat mehr als eine halbe Million Dollar an Beiträgen von uns einzieht. Auf der letzten Sitzung hatten die Funktionäre der Ortsgruppe 551 die Frechheit, uns zu bitten, die Erhöhung der Spesenkonten für ihre Handys und andere Dinge zu genehmigen.
Wir haben gerade Nullstundenkurzarbeit hinter uns, und dasselbe steht uns wieder bevor. Die Gewerkschaft lässt uns völlig allein. In all meinen Jahren bin ich noch nie so oft temporär entlassen worden. In diesem Jahr war es mindestens sechsmal der Fall. Jedes Mal, wenn das passiert, muss man seine Verbindlichkeiten stunden. Wir haben Familien.
Die UAW verteidigt uns nicht. Viele Beschäftigte denken daran, aus der Branche auszusteigen. Ich bin 51 Jahre alt. Soll ich einfach gehen und einen Job bei Walmart annehmen?
Wir haben Opfer gebracht und während der Pandemie gearbeitet. Sie sagten: Bewegt euren Hintern zur Arbeit, es ist uns egal, ob ihr krank werdet. Aber wir wollen einen sicheren Arbeitsplatz, und wir wollen abends nach Hause zu unseren Familien kommen.“
Weitere Informationen unter WillForUAWPresident.org