Worum geht es beim Kampf der Post-Beschäftigten?

Bis zum 30. März stimmen die Beschäftigten der Post über einen Tarifvertrag ab, den die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit der Konzernleitung vereinbart hat. Der Vertrag sieht die gleichen empfindlichen Lohnkürzungen vor, die die Arbeiter vor zwei Wochen abgelehnt hatten, als sie in der Urabstimmung mit 86 Prozent für Streik stimmten.

Dieser offene Streikbruch der Verdi-Führung hat eine Rebellion gegen die Gewerkschaftsbürokratie ausgelöst. Zehntausende Arbeiter lehnen den verheerenden Abschluss ab. Dutzende haben sich in einem unabhängigen Aktionskomitee zusammengeschlossen, um den Streik in die eigene Hand zu nehmen und mit dem öffentlichen Dienst und anderen Branchen zu verbinden.

Die Sozialistische Gleichheitspartei unterstützt diese Initiative und ruft alle Arbeiter auf, den betrügerischen Verdi-Abschluss abzulehnen und sich dem Aktionskomitee anzuschließen. Inmitten der schlimmsten Inflation seit der Wiedervereinigung sollen die Postbeschäftigten in diesem Jahr gar keine Lohnerhöhung, sondern nur eine Einmalzahlung erhalten. Im nächsten Jahr soll es dann eine geringfügige Erhöhung von insgesamt 340 Euro geben. Ein Postzusteller wird damit 2025 real ein Fünftel weniger verdienen als 2010 – und das bei ständig steigender Arbeitsbelastung.

Das Geld, das den Arbeitern geraubt wird, landet direkt auf den Konten der Aktionäre. Der Post-Konzern hat allein im letzten Jahr 8,4 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Doch angesichts der kapitalistischen Krise und des drohenden Bankenzusammenbruchs können die Kapitalisten ihren Hals nicht vollkriegen. Wie jemand, der seinen Durst mit Salzwasser stillt, werden sie umso durstiger, je mehr sie schlucken.

Zudem rüsten die Großmächte auf, um ihre Wirtschaftsinteressen auf der ganzen Welt durchzusetzen. Die Nato ist entschlossen, den Krieg in der Ukraine so lange fortzusetzen, bis Russland auseinanderbricht, auch wenn das hunderttausende Tote und Milliardensummen kostet. Ein noch größerer Krieg gegen China ist längst in Vorbereitung. Die Bundesregierung nutzt den reaktionären Überfall Russlands auf die Ukraine, um die größte Aufrüstung seit Hitler zu organisieren, und schickt wieder deutsche Panzer gegen Russland. Die Milliarden, die die Post durch die Lohnkürzungen von den Beschäftigten erpresst, fließen über die Anteile des Bundes am Unternehmen direkt in diese Mordmaschinerie.

Überall auf der Welt setzen sich Arbeiter gegen immer schlimmere Arbeitsbedingungen und immer niedrigere Löhne zur Wehr, mit denen die Bereicherungsorgien an der Spitze der Gesellschaft und die Kriegspolitik finanziert werden. In Griechenland, Großbritannien, Spanien und Belgien gehen Hunderttausende auf die Straße. In Frankreich legt ein Streik von Millionen das ganze Land lahm.

Die herrschende Klasse reagiert mit enormer Brutalität auf diese Proteste. Der französische Präsident Macron hat seine verhassten Rentenkürzung per Notverordnung gegen die große Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt und lässt hunderte streikende Arbeiter und Demonstranten verhaften. Er mobilisiert den ganzen bürgerlichen Staat, um die Finanzinteressen der Superreichen durchzusetzen.

Die Auseinandersetzung bei der Post steht in diesem Zusammenhang. Ein Streik bei der Post würde sofort die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen ermutigen, es den Kollegen gleich zu tun. Er wäre der Auftakt für eine breite Streikbewegung auch in Deutschland. In diesem Kampf sind die Arbeiter nicht nur mit Regierung, Staat und Konzernen, sondern auch mit den Gewerkschaften konfrontiert, die immer offener als Polizeitruppe der Unternehmen auftreten.

Die Rolle der Gewerkschaften

Dass die Gewerkschaften Streiks beschränken, isolieren und auf fruchtlose Nadelstiche reduzieren, ist bekannt. Viele Arbeiter haben das schon oft erlebt. Aber was gegenwärtig im Tarifkampf der Post stattfindet, hat eine neue Dimension. Verdi setzt seinen gesamten Apparat ein, um einen bereits beschlossenen, unbefristeten Streik zu unterdrücken, und das mit dem ausdrücklichen Ziel, drastische Reallohnsenkung durchzusetzen. Verdi handelt ganz offen als Streikbrecher für den Konzern, seine Aktionäre und die Regierung.

Das Vorgehen von Verdi widerlegt alle Scharlatane und Pseudolinken, die behaupten, es sei möglich, den Gewerkschaftsapparat zu reformieren und zu einem Kurswechsel zu zwingen. Überall auf der Welt haben Arbeiter immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Gewerkschaftsführung unter dem Druck der Arbeiter nicht nach links, sondern nach rechts rückt. Sie sieht ihre Hauptaufgabe darin, den Klassenkampf zu unterdrücken.

Der Grund dafür liegt im prokapitalistischen Charakter der Gewerkschaften. Hatten sie früher auf dieser Grundlage noch einige Verbesserungen für die Arbeiter erstreiten können, haben sie sich mit der Globalisierung der Produktion zu offenen Werkzeugen der Unternehmen entwickelt. Sie verteidigen nicht die Rechte der Arbeiter, sondern den nationalen Wirtschaftsstandort auf Kosten der Beschäftigten.

Deshalb haben sich Verdi und die anderen Gewerkschaften auch hinter die Kriegspolitik der Regierung gestellt. Verdi-Chef Werneke ist seit 40 Jahren Mitglied der SPD und unterhält enge Beziehungen zum Kanzleramt.

Er ist Mitglied der „Konzertierten Aktion“, zu der Kanzler Scholz (SPD) unmittelbar nach Beginn des Ukrainekriegs die Gewerkschaftsführer und Wirtschaftsvertreter eingeladen hat, um einen Pakt gegen die Arbeiterklasse zu schließen. Bei diesen Gesprächen im Kanzleramt wurde vereinbart, dass die enormen Kosten der Waffenlieferungen an die Ukraine, die Auswirkungen der Russland-Sanktionen und die Kosten der militärischen Aufrüstung durch anhaltende Reallohnsenkung und Sozialkürzungen den Arbeitern aufgebürdet werden.

So eng wie mit der Regierung ist Verdi auch mit den Unternehmen verbunden. Die Gewerkschaft war maßgeblich an der Privatisierung aller Bereiche der Daseinsvorsorge beteiligt und unterstützt die Profitinteressen der daraus entstandenen Unternehmen.

Zehn Verdi-Funktionäre sitzen im Aufsichtsrat der Post, sind in alle wichtigen Unternehmensentscheidungen eingebunden und nicken die Millionen-Gehälter der Vorstände und die Diäten der Aktionäre ab. Als Dank dafür fließen viele Millionen Euro als Tantiemen in die Taschen der gewerkschaftlichen Aufsichtsräte und in die Verdi-Kasse. Mehrere dieser gekauften Bürokraten sitzen in der Verdi-Verhandlungskommission und diktieren den Arbeitern Lohnsenkung.

Angesichts dieser engen Bande und ihrer Verteidigung des Kapitalismus fürchtet Verdi eine echte Bewegung der Arbeiter ebenso, wie es Regierung und Konzerne tun. Die Gewerkschaft will um jeden Preis verhindern, dass Arbeiter einen Kampf gegen die Lohnkürzungen aufnehmen und sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst und in ganz Europa zusammenschließen.

Baut das Post-Aktionskomitee auf!

Deshalb ist die Gründung des unabhängigen Post-Aktionskomitees so bedeutsam. Damit wurde ein wichtiger Schritt getan, um die Kontrolle des Gewerkschaftsapparats zu durchbrechen und gegen die Streikbrecher-Rolle der Verdi-Führung zu kämpfen.

Das Komitee vertritt zwei wichtige Prinzipien. Erstens kämpft es für die Interessen und Forderungen der Arbeiter und lehnt es ab, sie den Profitinteressen der Konzerne und der Kriegspolitik der Regierung unterzuordnen. Es geht nicht um Almosen, Arbeiter haben Rechte, und das Recht auf einen angemessenen Lohn ist ein Grundrecht.

Zweitens kämpft das Aktionskomitee für eine internationale Zusammenarbeit und strebt einen gemeinsamen Kampf an. Arbeiter in allen Ländern haben gleiche oder ähnliche Probleme und müssen im Kampf gegen multinationale Konzerne europaweit und international zusammenarbeiten.

Am Montag hat das Aktionskomitee ein Statement veröffentlicht, das diese Prinzipien darlegt und dazu aufruft, die Urabstimmung über das betrügerische Angebot zu einem Misstrauensvotum gegen Verdi zu machen. In dem Aufruf heißt es:

„Es geht in der Urabstimmung darum, wer das Sagen hat, wenn es um unsere Interessen geht. Wir, die Beschäftigten, die die Milliardengewinne der Post überhaupt erst erwirtschaften? Oder die Verdi-Funktionäre, die sich mit unseren Beiträgen sechsstellige Gehälter genehmigen und in Aufsichtsräten sitzen und dort zusätzlich abkassieren?“

Das ist ein extrem wichtiger Schritt, der die Postbeschäftigten ganz objektiv in Verbindung mit den Arbeitern im öffentlichen Dienst und den Arbeitern in ganz Europa bringt. Wenn sich Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften und international organisieren, sind sie stärker als die Apparate, die Unternehmen und die Regierung.

Doch dabei müssen sie sich klar sein, womit sie es zu tun haben. Es geht nicht nur um den Abschluss bei der Post, so wichtig dieser ist, sondern darum, die umfassenden Angriffe zurückzuweisen, die angesichts des Militarismus und der kapitalistischen Krise gegen die gesamte Arbeiterklasse geführt werden.

Deshalb müssen die Kämpfe in Frankreich, Großbritannien, Griechenland und hier in Deutschland mit dem Kampf gegen Krieg und seine Ursache, den Kapitalismus verbunden werden. Ohne die Macht der Finanzoligarchie zu brechen, kann kein gesellschaftliches Problem gelöst werden. Die großen Vermögen müssen enteignet und die Wirtschaft in den Dienst der gesellschaftlichen Bedürfnisse statt der Befriedigung der Profitansprüche der Reichen gestellt werden.

Das erfordert den Aufbau einer revolutionären und internationalen Partei der Arbeiterklasse, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale und seiner deutschen Sektion, der Sozialistischen Gleichheitspartei. Registriert Euch jetzt, um unseren Kampf aktiv zu unterstützen, und werdet Mitglied der SGP.

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