Hamburg und Berlin: SPD, Grüne und Linkspartei organisieren Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten

An den Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus, die sich seit dem Mord an George Floyd auf der ganzen Welt entwickeln, hatten am Wochenende auch in Deutschland hunderttausende zumeist junge Demonstranten teilgenommen. Seitdem überhäufen sich in den sozialen Medien Augenzeugenberichte und Videoclips, die das Ausmaß der Gewalt belegen, mit der die Polizei gegen Demonstranten vorgegangen ist. Die brutalsten Szenen ereigneten sich in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin, die von SPD und Grünen, bzw. SPD, Grünen und Linkspartei regiert werden.

In Hamburg versammelten sich am Samstag nahezu 20.000 Menschen auf dem Jungfernstieg. Die Polizei hatte die Versammlung unter dem Vorwand der Corona-Verordnung für aufgelöst erklärt, sah aufgrund der Massen aber davon ab, sie sofort auseinanderzutreiben. Nach dem offiziellen Ende der Kundgebung attackierte die Polizei dann aber einzelne Gruppen von bis zu 1000 Demonstranten, die sich auf umliegenden Plätzen und Straßen oder auf dem Weg nach Hause befanden.

Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein und ging mit enormer Härte vor. Sie setzte 47 Menschen fest, darunter 20 Minderjährige und ein Kind. Elf Menschen wurden vorläufig festgenommen, die anderen 36 am Bahnhof willkürlich „in Gewahrsam genommen“. Handyvideos der Ereignisse gingen um den gesamten Globus und wurden im Internet hunderttausendfach aufgerufen.

Ein Bericht der Zeit vom Montag nennt weitere Details. Demnach ließ die Hamburger Polizei 39 Jugendliche – darunter viele Minderjährige – gegen 20 Uhr mit erhobenen Händen an eine Wand stellen. Das jüngste Opfer war nach Polizeiangaben 13 Jahre alt. Nachdem sie stundenlang auf diese Art und Weise hatten ausharren müssen, wurden 36 von ihnen schließlich ohne Angabe von Gründen abgeführt.

Die Polizei brachte zehn von ihnen in eine nahegelegene Polizeiwache und sperrte sie dort für weitere Stunden ein. Eine zwanzigjährige Zeugin erklärte gegenüber der Zeit, sie habe sich „bis auf die Unterwäsche ausziehen“ müssen, sei daraufhin fotografiert und im Präsidium in eine Einzelzelle gesperrt worden – auch dies, ohne zu wissen, was man ihr vorwarf.

Eine gleichaltrige zweite Zeugin berichtet, dass die 26 verbliebenen Opfer gezwungen wurden, insgesamt zwei Stunden an der Wand zu stehen, bevor sie schließlich in zwei Busse gezwungen und zu einem zehn Kilometer entfernten Polizeikommissariat abtransportiert wurden.

Anrufe an die Angehörigen waren untersagt, Unterhaltungen ebenso. Ein Junge im Alter von „höchstens 16“ Jahren wurde von seinen verzweifelten Eltern mehrfach angerufen, doch die Polizei verlangte, er solle sein Mobiltelefon ausschalten. In Billstedt, dem östlichsten Stadtteil Hamburgs, mussten die Festgenommenen weitere zwei Stunden in den Bussen zubringen, während die Polizei begann, die Minderjährigen nacheinander abzuführen.

Die Zeugin der Zeit berichtet, dass sie kurz vor zwei Uhr nachts schließlich fotografiert wurde und anschließend aus dem fremden Stadtteil allein nach Hause finden musste. Beide Zeuginnen berichteten, dass die Polizei am Ende erklärt habe, dass ihnen nichts vorgeworfen werde.

Polizeieinsatz am Berliner Alexanderplatz (Videoausschnitt)

In Berlin, das von SPD, Grünen und Linkspartei gemeinsam regiert wird, hatte die Polizei am Samstag sogar 93 Personen festgenommen. Zu der Kundgebung auf dem Alexanderplatz, deren Organisatoren 1500 Teilnehmer erwartet hatten, waren spontan 30.000 Menschen erschienen. Mehrere Videos und Zeugenaussagen belegen dutzende Übergriffe der Polizei auf friedlich protestierende Jugendliche.

Gegenüber der Tageszeitung taz berichten vier Zeugen von grundlosen und gewaltsamen Festnahmen und den Verletzungen, die sie dadurch davontrugen: Joel (19) wurde von vier Polizisten zu Boden geworfen, sodass sein Kopf auf dem Asphalt aufschlug und er einen Bluterguss am Auge und eine Schürfwunde davontrug: „Liegend war mir dann durch meine Bauchtasche, die ich schräg über der Schulter trug, die Luft abgeschnürt, bestimmt für 30 Sekunden. Mehrfach habe ich gesagt, ich kriege keine Luft. Die Antwort war nur: Hör auf zu zappeln.“ Obwohl Joel das Opfer eines gewaltsamen Übergriffs wurde, droht ihm eine Anzeige wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“.

Aching (24), eine andere Demonstrationsteilnehmerin, wurde wegen „schwerer Körperverletzung“ angezeigt, weil von dem Tisch, auf dem sie stand, ein Aschenbecher herunterfiel und angeblich eine Polizistin getroffen haben soll. Die junge Frau berichtet, dass sie bei dem Versuch, einige Teenager zu beruhigen, von einer „großen Gruppe von Polizisten“ zu Boden geworfen wurde.

Alphonse (25) aus Berlin-Kreuzberg wurde gleich zweimal von der Polizei attackiert. Ein Video belegt, dass er gegenüber den Polizisten zu keinem Zeitpunkt auch nur aggressiv auftrat. Trotzdem fand er sich am Samstagabend mit einer Platzwunde und einer schwerverletzten linken Hand in einer Gefangenensammelstelle wieder.

Die World Socialist Website hatte bereits am Montag über die hemmungslose Gewalt berichtet, mit der die Polizei am Rande der Kundgebungen in Berlin gegen Arbeiter und Jugendliche vorging. Ein Videoclip, der auf der ganzen Welt hunderttausendfach angesehen wurde, zeigt ein halbes Dutzend Beamte, die auf einen längst wehrlosen Menschen eintreten und -schlagen, der vor dem Alexanderplatz bei Regen im Schmutz liegt.

Dass diese Szenen politisch gewollt waren und die überwiegend jugendlichen Demonstranten einschüchtern sollten, machte der Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, deutlich. Er stellte sich am Dienstag uneingeschränkt hinter die deutsche Polizei.

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärte Bartsch, „eine Analogie zu den Zuständen in den USA herzustellen“, sei „nicht gerechtfertigt“. Er widersprach außerdem der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die von einem „latenten Rassismus“ in der deutschen Polizei gesprochen hatte: „Die Polizei unter den Generalverdacht des Rassismus zu stellen und damit eine ganze Berufsgruppe in Misskredit zu bringen, ist falsch… Die Polizei verdient nicht weniger, sondern mehr gesellschaftliche Anerkennung und mehr Personal, vor allem in der Fläche.“

Auch der Vorsitzende der deutschen Innenministerkonferenz Georg Meier (SPD), der in Thüringen zugleich Landesinnenminister der Regierung von Bodo Ramelow (Die Linke) ist, behauptete, es gebe „keine Rechtfertigung dafür, die Integrität unserer Polizei strukturell in Frage zu stellen“, und sprach gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe von „Einzelfällen“, denen man „mit aller Härte des Rechtsstaates“ nachgehe. Die Politik müsse „gerade in der jetzigen Zeit“ voll „hinter der Arbeit von Polizisten und Polizistinnen stehen“, drohte er.

SPD, Grüne und Linkspartei haben deutlich gemacht, dass sie den Jugendlichen, die gegen Polizeigewalt, Rassismus und Faschismus demonstrieren, feindlich gegenüberstehen. Sie greifen zu den Mitteln des Polizeistaats, um ihre rechte Politik von sozialer Ungleichheit und Militarismus gegen wachsenden Widerstand durchzusetzen.

Die Polizeiübergriffe vom Wochenende reihen sich ein in die Kriminalisierung antikapitalistischer Gruppen unter dem Rot-rot-grünen Senat von Berlin, die umfassende Aufrüstung des deutschen Polizeistaats und die geheimdienstliche Verfolgung der Sozialistischen Gleichheitspartei, die unter Arbeitern und Jugendlichen für eine sozialistische Perspektive kämpft.

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