Israel setzt Massenverhaftungen von Palästinensern zu ethnischen Säuberungen ein

Am Sonntagabend kündigte die israelische Polizei Massenverhaftungen bei israelischen Bürgern palästinensischer Herkunft an, die an den jüngsten Demonstrationen gegen die Bombardierung des Gazastreifens und die Zwangsräumungen in Ostjerusalem sowie gegen die Razzien der israelischen Sicherheitskräfte auf dem Gelände der al-Aqsa-Moschee teilgenommen haben.

Unter dem Codenamen „Operation Law and Order“ sollen die Palästinenser, die in den letzten zwei Wochen auf die Straße gegangen sind, eingeschüchtert und bestraft werden. Die Polizei berichtet, dass sie seit dem 9. Mai bereits rund 1.550 Palästinenser verhaftet habe und beabsichtige, viele weitere „strafrechtlich zu verfolgen“.

Erst vor wenigen Tagen hatte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu die palästinensischen Bürger Israels, die gegen die jahrzehntelange staatliche Diskriminierung protestieren, als „Terroristen“ bezeichnet. Er sagte, dass „jeder, der sich wie ein Terrorist verhält, auch wie einer behandelt wird“. Und weiter: „Arabische Gesetzesbrecher greifen Juden an, brennen Synagogen und jüdische Häuser nieder.“

Er ignoriert dabei natürlich die weitaus größere Gewalt, die von der Polizei und bewaffneten jüdischen Bürgerwehren ausgeübt wird, um die Palästinenser, die 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, zu terrorisieren und aus ihren Häusern zu vertreiben.

Kinder auf den Trümmern eines Gebäudes, das durch einen Luftangriff zerstört wurde, 24. Mai 2021, Magazzi / Gazastreifen. (AP Photo/John Minchillo)

Polizeiminister Amir Ohana ging noch weiter. Als die Polizei Juden verhaftete, die unter Verdacht stehen, einen Palästinenser in der Stadt Lod ermordet zu haben, drängten er und andere hochrangige Politiker die Polizei, sie freizulassen und forderten jüdische Israelis auf, als „Kraftmultiplikator“ für die Polizei zu fungieren.

Die Polizei sagt, dass Tausende von Sicherheitskräften aus „allen Einheiten“, einschließlich Grenzschutz und Reservebrigaden, eingesetzt werden, um Razzien in den Städten mit großem palästinensischen Bevölkerungsanteil durchzuführen. Sie führen Hausdurchsuchungen und „Ermittlungen“ durch, mit dem Ziel, Anklage zu erheben und Haftstrafen zu verhängen. Es wird erwartet, dass in den kommenden Tagen mehr als 500 palästinensische Häuser durchsucht werden.

Diese provokative Ankündigung erfolgt, ohne mit einem Wort ein strafrechtliches Vorgehen gegen die bewaffneten jüdischen Siedler anzukündigen, die Palästinenser sowie ihre Häuser und ihren Besitz angreifen - die schockierende Gewalt ist in Videos und Bildern hinreichend dokumentiert und wurde in den sozialen Medien weit verbreitet. Bisher wurden 140 Anklagen gegen 230 Personen erhoben, bis auf sehr wenige Ausnahmen sind alle Palästinenser, darunter auch Minderjährige. Vorgeworfen werden ihnen Angriffe auf Polizeibeamte, Teilnahme an Protesten, Steinewerfen und Brandstiftung. Nur sehr wenige Anklagen beziehen sich auf Gewalttaten, die gegen Palästinenser verübt wurden.

Die Methoden, mit denen die Palästinenser in den Besetzten Gebieten seit langem terrorisiert werden, sollen nun auch gegen Israels eigene Bürger eingesetzt werden. Dies ergibt sich unweigerlich aus Israels jüdisch-suprematistischem Nationalstaatsgesetz von 2018, das Apartheid und ethnische Säuberung sanktioniert.

Das Nationalstaatsgesetz, das weder Israels nicht-jüdische Bürger noch Demokratie oder Gleichberechtigung erwähnt, erklärt Israel zur „nationalen Heimat des jüdischen Volkes“ in der ganzen Welt, das automatisch das Recht auf Einwanderung und Staatsbürgerschaft hat, und proklamiert Jerusalem „vollständig und vereint“ zur Hauptstadt Israels. Es legt die Grundlage für den Ausschluss der Araber aus den jüdischen Gemeindebezirken und nimmt dem Arabischen den Status als Amtssprache.

Dieses harte Vorgehen gegen die Palästinenser folgt auf eine Provokation durch eine Menge rechtsextremer jüdischer Siedler, die am Sonntag unter dem Schutz israelischer Spezialeinheiten das Gelände der Al-Aqsa-Moschee in Ostjerusalem betraten. Wenige Stunden zuvor hatte die Polizei Betende in der Moschee, der drittheiligsten Stätte des Islam, geschlagen und angegriffen. Die Polizei verschärfte auch die Beschränkungen an den Toren, die zur Al-Aqsa führen, und hinderte Gläubige unter 45 Jahren am Betreten der Moschee.

In den letzten Tagen haben extremistische Gruppen in den sozialen Medien dazu aufgerufen, jüdische Gläubige auf das Gelände zu lassen, wo nach einem 1967 bestätigten Abkommen mit Jordanien, dessen Waqf-Ministerium der rechtliche Verwalter der Stätte ist, nur Muslime beten dürfen.

Diese ultranationalistischen und religiösen Gruppen, die in den letzten Jahren in zunehmender Zahl das Gelände, das den Juden als Tempelberg bekannt ist, besucht haben, wollen dort den dritten jüdischen Tempel errichten und Opfer auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee, dem Ort des zweiten jüdischen Tempels, der 70 n. Chr. von den Römern zerstört wurde, wieder einführen. Dies hat die Moschee zu einem Brennpunkt in den israelisch-palästinensischen Beziehungen gemacht, da die Angst vor einer israelischen Übernahme der gesamten oder eines Teils der Stätte wächst.

In den 1980er Jahren gab es mehrere Versuche jüdischer extremistischer Gruppen, die islamischen Stätten auf dem al-Aqsa-Gelände zu sprengen. Im Jahr 1990 brachen Unruhen aus, nachdem die Tempelberg-Gläubigen angekündigt hatten, den Grundstein für einen neuen Tempel auf dem Gelände zu legen, was die Polizei dazu veranlasste, der Gruppe das Betreten des Geländes zu verbieten. Das Verbot wurde aufgehoben, da die Macht dieser Gruppen innerhalb der offiziellen israelischen Politik gewachsen ist und aufeinanderfolgende Regierungen ihre Bemühungen, an der Stätte zu beten, unterstützt haben. Diese Schichten sind mit der Wahl von sechs Mitgliedern des Blocks „Religiöser Zionismus - Jüdische Macht“ in die Knesset bei den Wahlen im letzten März immer aggressiver geworden.

Die Ängste um al-Aqsa stehen in Zusammenhang mit Israels wiederholt erklärter Absicht, die Kontrolle über Ost-Jerusalem für immer zu behalten. Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) hat Israel mehr als ein Drittel Ost-Jerusalems für den Bau von Siedlungen enteignet, trotz des völkerrechtlichen Verbots, Zivilisten in besetzte Gebiete umzusiedeln. Israel hat nur 13 Prozent von Ost-Jerusalem - die Heimat von 380.000 Palästinensern - für palästinensische Bauvorhaben freigegeben, wobei Baugenehmigungen für Palästinenser zwar offiziell möglich, in der Praxis aber sowohl teuer als auch schwer zu bekommen sind. Infolgedessen wird viel illegal gebaut, was den Behörden den Vorwand liefert, die Gebäude abzureißen und die Bewohner zu vertreiben.

Am Samstag griff die israelische Polizei einen gemeinsamen palästinensisch-jüdischen Protest gegen die drohende Räumung mehrerer Familienhäuser in Sheikh Jarrah, einem Ost-Jerusalemer Viertel, an. Die Palästinenser sollen neuen Siedlerhäusern weichen und die seit langem verhandelte Klage gegen die Räumung steht kurz vor der Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof. Am nächsten Tag töteten Sicherheitskräfte einen palästinensischen Fahrer, der mit seinem Auto eine Straßensperre der Polizei durchbrach und dabei sechs Beamte verletzte, während drei oder vier Soldaten jedes Haus „bewachten“ und den Bewohnern drohten, sie zu verprügeln, wenn sie nach draußen gingen. Die Polizei hat palästinensische - aber nicht jüdische - Nicht-Bewohner daran gehindert, das Viertel zu betreten, es von der Umgebung abgeschnitten und in eine Militärzone verwandelt.

Israels Streitkräfte nahmen am Sonntag/Montagmorgen bei Razzien im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem 41 Palästinenser fest. Die Palästinensische Gefangenenhilfe gibt an, dass seit Mitte April etwa 500 Palästinenser im Westjordanland verhaftet wurden. Israelische Streitkräfte haben seit dem 10. Mai mindestens 31 Palästinenser, darunter vier unter 18 Jahren, im Westjordanland getötet.

Dies genießt die volle Unterstützung des US-Imperialismus. US-Außenminister Antony Blinken bekräftigte am Montag vor seiner Abreise nach Israel, ins Westjordanland, nach Jordanien und Ägypten die Unterstützung der Biden-Regierung für eine Zwei-Staaten-Lösung - als längerfristiges Ziel, damit Israelis und Palästinenser „in gleichem Maße in Sicherheit, Frieden und Würde“ leben können.

Das ist pure Heuchelei, wenn man bedenkt, dass er in einem Interview mit dem ABC-Nachrichtenprogramm This Week Washingtons „ehernes Eintreten für Israels Sicherheit“ bekräftigt hatte, einschließlich „Israel die Mittel zur Selbstverteidigung zu geben“.

Die Biden-Regierung will Israels Iron Dome-Raketenabwehrsystem aufstocken und eine Waffenlieferung im Wert von 735 Millionen Dollar an Israel durchdrücken, versprach er.

US-Präsident Joe Biden betont, dass Blinken mit „anderen wichtigen Partnern in der Region“ über eine Reihe von Themen sprechen wird – auch über internationale Bemühungen, dass ein Teil der Hilfe den Gazastreifen erreicht, aber ohne den Umweg über die Hamas, die den Gazastreifen regiert. Dies steht im Einklang mit der Forderung des Chefs der israelischen Verteidigungsstreitkräfte, Aviv Kochavi, dass humanitäre Gelder über die Palästinensische Autonomiebehörde geleitet werden.

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