Andy Niklaus, Busfahrer in Berlin, unterstützt streikende Volvo-Arbeiter

Seit Montag befinden sich etwa 3000 Volvo-Trucks-Arbeiter in Virginia im Streik nachdem sie zum zweiten Mal einen von der UAW vereinbarten Tarifvertrag zurückgewiesen haben. Hier eine Solidaritätsadresse von Andy Niklaus, Busfahrer bei der BVG und Mitglied im Aktionskomitees der Verkehrsarbeiter für sichere Arbeitsplätze in Berlin.

Liebe Kollegen des Volvo-Lastwagenwerks in Dublin (Virginia) im New River Valley,

Ihr habt mit vollem Recht den Tarifvertrag abgelehnt, den das Management des globalen Player Volvo und die Autoarbeitergewerkschaft UAW vorgelegt hatten.

Durch die WSWS verfolgen wir vom Berliner Aktionskomitee der Verkehrsarbeiter für Sichere Arbeitsplätze euren seit Monaten schwelenden Kampf. Ihr habt vollkommen Recht: Enough is enough!

Es darf keine Kürzungen der Löhne oder Zuschläge mehr geben. Im Gegenteil: Die Löhne müssen nach all den Sparmaßnahmen kräftig angehoben werden. Keine weitere Zerstörung Eurer Gesundheit! Die geplanten Zehn-Stunden-Schichten sind unmenschlich und dürfen auf keinen Fall eingeführt werden. Das Unternehmen muss die Kosten für den Erhalt und die Wiederherstellung eurer Gesundheit übernehmen. Außerdem habt ihr ein Anrecht auf gute Rente. Keine Hungerrente im Alter, wo soziales Elend und Krankheit auf euch warten!

Während die Besitzer der Autokonzerne Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten und die Gewerkschaftsbosse für ihre Dienste gegen euch horrende Summen in die Taschen stecken, sollt ihr die Zeche bezahlen.

Streikende Volvo-Arbeiter (Credit: Twitter/@DelegateTara)

Hier in Berlin, in ganz Deutschland, erleben wir Gleiches. Vor 15 Jahren haben sie unsere Busfahrerlöhne um 16 Prozent gesenkt, viele Zusatzleistungen gestoppt und die Produktivität drastisch erhöht. Eine ganze Generation von neu eingestellten Fahrern erhält – wie bei GM – deutlich weniger Gehalt. Ihnen bleiben zum Leben nur 2000 Euro pro Monat übrig, wobei sie 6-Tage-Schichten schuften, die bis zu 56 Stunden umfassen.

Dieses System wurde auf alle Verkehrsunternehmen in Deutschland und Europa ausgedehnt. Alles wurde und wird mit Hilfe der Gewerkschaften und ehemaligen Arbeiterparteien dem Profit untergeordnet.

Die seit 16 Monaten wütende Pandemie, die die Regierungen mit ihrer „Herdenimmunität“ verursacht haben, hat eins offenbart: Das kapitalistische System hat uns Arbeitern keine Zukunft mehr zu bieten. Millionen Tote und Kranke, nur weil die Profite nicht angetastet werden dürfen!

Durch das Corona-Virus haben mehr Arbeiter ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren als Kapitalisten. Und die sozialen Auswirkungen der Pandemie werden weitere immense Kosten auf die Schultern der Arbeiterklasse laden, wenn die Bereicherungsorgien der herrschenden Klasse nicht schnell gestoppt werden.

Die Gewerkschaften hier wie bei Euch dienen längst nicht mehr der Verteidigung unserer sozialen Interessen. Sie haben sich in eine Betriebspolizei verwandelt, die ausschließlich die Interessen der Aktionäre und Geschäftsführung vertritt.

Vor sechs Wochen gründeten wir unser Aktionskomitee. Damit wollten wir die geplante Öffnung der Vordertüren unserer Fahrzeuge verhindern, die mit der Wiederaufnahme des Fahrkartenverkaufs verbunden ist. Bis jetzt sind wir mit der Hilfe der Kollegen erfolgreich, weil wir sagen, dass die Fahrer selbst über ihre Gesundheit zu entscheiden haben. Unser Selbstvertrauen ist gestärkt daraus hervorgegangen. Schon unter jetzigen Bedingungen besteht Ansteckungsgefahr, weil sich Aerosole im Fahrzeug – wie in einer eurer Fabrikhallen – verteilen können. Mit der Öffnung des Vordereinstiegs wird es für uns als Fahrer noch gefährlicher.

Die Gewerkschaft half und hilft uns nicht. Sie bleibt bei ihrer Linie, dass die Profitwirtschaft weiterlaufen muss – und damit auch der Nahverkehr, der die Arbeiter in die Fabriken und ihre Kinder in die Schulen bringt. Es gehöre „zum Lebensrisiko dazu, sich bei der Arbeit auch am Coronavirus anzustecken“, schrieb die Gewerkschaft Verdi hier in Deutschland.

Unser Aktionskomitee wird weiter Kollegen politisch aufklären und die Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften mobilisieren, wie jetzt im Fall des entlassenen Londoner Busfahrers Dave O‘Sullivan. Weil er sich für das Leben seiner Kollegen und Familien einsetzte, wurde er mit Hilfe der Gewerkschaft Unite entlassen. Durch die WSWS erfuhren wir davon und machen es weltweit bekannt. Arbeiter auf der ganzen Welt erfahren nur durch die WSWS von eurem und unserem Kampf.

Wir werden diese Arbeit weiter ausbauen. Die von der WSWS am 1. Mai 2021 ausgerufene „Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees“ werden wir nutzen, um Erfahrungen auszutauschen und unseren Kampf weltweit zu koordinieren.

Bleibt stark in eurem Kampf. Wir sind an eurer Seite!

Andy Niklaus

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