Keine Impfpflicht: Ampel übernimmt Coronapolitik der AfD

Bereits bei der Frage von Militarismus und Kriegsaufrüstung hat die Ampelkoalition das Programm der rechtsextremen AfD übernommen. Die von ihr geforderten Rüstungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, überbot die Ampelkoalition mit ihrem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen sogar. Mit der Ablehnung der Impfpflicht zeigt sich nun, dass auch die Pandemiepolitik der Regierung den Forderungen der AfD entspricht.

Bezeichnenderweise lobte Stephan Brandner von der AfD die offizielle Coronapolitik bereits vor der Abstimmung mit den Worten: „Diese Zeit für Coronamaßnahmen ist vorbei, wenn sie überhaupt je da war. Dass Sie das erkannt haben - Respekt dafür -, haben Sie in der letzten Änderung des Infektionsschutzgesetzes dokumentiert. Die Menschen sollen wieder in die Freiheit entlassen werden…“

In der Bundestagsdebatte vor der Abstimmung am Donnerstag appellierte der AfD-Abgeordnete Martin Sichert an die Abgeordneten: „Daher fordere ich Sie alle auf: Schließen Sie sich uns an! Zeigen Sie, dass Ihnen die Demokratie was wert ist, und stimmen Sie gegen die Impfpflicht!“

Sein Aufruf fand Gehör. Am Ende stimmte eine klare Mehrheit des Bundestags gegen den Antrag auf eine allgemeine Impfpflicht ab 60 Jahren aus den Reihen von SPD und Grünen. 378 Abgeordnete befolgten den Aufruf der AfD und stimmten mit Nein. Auch das „Impfvorsorgegesetz“ der CDU zur Einrichtung eines Impfregisters und eine mögliche Impfpflicht im Herbst wurde mit 496 Nein-Stimmen deutlich abgelehnt.

In der Debatte wiederholten zahlreiche Vertreter von Regierung und Opposition das Narrativ der AfD und anderer rechtsextremer Coronaleugner, eine Impfpflicht sei ein inakzeptabler staatlicher Eingriff in Grundrechte und die persönliche Freiheit.

Der CDU-Politiker Tino Sorge erklärte: „Es irritiert mich seit Wochen, dass wir bei der Frage der Eingriffe immer so lapidar darüber hinweggehen, sagen: Na ja, es ist eben ein Grundrechtseingriff. – Wir reden hier über Abwägung von Grundrechten. Wir reden über Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit.“

Max Lucks von den Grünen begründete seine Ablehnung der Impfpflicht mit den Worten: „Ich mache mir Sorgen, dass der Ausschluss von Ordnungshaft Verfassungsbeschwerden nicht standhält und individuelle gesundheitliche Gründe durch das normative Raster fallen können.“

Die bekannte Linkspartei-Politikerin Sahra Wagenknecht rief die Regierung auf: „Hören Sie auf, die Menschen zu bevormunden! Die Coronaimpfung muss eine persönliche Entscheidung bleiben!“

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP Wolfgang Kubicki behauptete unter Beifall der AfD, dass die Pandemie nun ungefährlich sei, und erklärte: „Wenn wir uns auf diese Punkte verständigen können, darf es aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Impfpflicht geben. Es ist nämlich nicht die Aufgabe des Staates, erwachsene Menschen gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu zwingen.“

In einem früheren Kommentar zur Kampagne gegen das Impfen bemerkte die World Socialist Web Site: „Es sind stets die rechtesten Kräfte, die sich dem Schutz der sozialen Rechte widersetzen, indem sie das Banner der ‚individuellen Rechte‘ erheben, von denen das ‚Recht auf Profit‘ das berüchtigtste ist.“ Genau darum geht es. Die Durchseuchung der Bevölkerung im Interesse des Kapitals.

Die WSWS hat immer betont, dass die Impfung allein das Virus nicht stoppen kann, sondern nur im Verbund mit allen anderen wissenschaftlich notwendigen Maßnahmen. Aber sie ist ein wichtiges Instrument, um Leben zu retten. Mit der Ablehnung der Impfpflicht unterstreicht die Ampel-Koalition erneut, dass sie über Leichen geht. Seit die SPD, Grüne und FDP im Bundestag eine Mehrheit stellen, sind bereits 33.800 Menschen an Corona gestorben – ein Ergebnis des systematischen Abbaus von Schutzmaßnahmen:

  • Am 25. November, noch bevor die Ampel-Regierung offiziell im Amt war, beendeten die Koalitionäre die „epidemische Notlage“ und nahmen damit Lockdowns, Schul- und Betriebsschließungen, sowie anderen lebensrettenden Maßnahmen die rechtliche Grundlage. Zur gleichen Zeit warnte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, vor 400 Toten pro Tag und kamen die Klinken bereits auf Auslastungen von bis zu 95 Prozent.
  • Nach Vorstellung des Regierungsprogramms Ende November sprach sich Scholz erneut explizit gegen Lockdowns und Schulschließungen aus. Als einzige Maßnahme schlug er eine allgemeine Impfpflicht bis Ende Februar vor. Zu dem Zeitpunkt hatten die Todeszahlen in Deutschland die Marke von 100.000 gerade überschritten und die Kliniken bereiteten sich auf Triage-Entscheidungen vor.
  • In ihren ersten Amtsmonaten führte die kriminelle Untätigkeit der Ampel-Regierung dazu, dass sich Omikron zur dominierenden Variante entwickelte und die Infektionszahlen auf Rekordwerte stiegen. Trotzdem verkürzte die Regierung am 7. Januar die Quarantänedauer von 14 auf zehn, sieben oder fünf Tage. Auch die Kontaktverfolgung und öffentliche Tests wurden stark reduziert.
  • Anfang Februar, als sich täglich 250.000 Menschen infizierten, wurde bundesweit die Obergrenze für Zuschauer bei Großveranstaltungen auf 10.000 erhöht. Einzelne Bundesländer begannen, die 2G-Regel aufzuheben.
  • Am 16. Februar – zum damaligen Höhepunkt der Omikron-Welle – beschloss die Bund-Länder-Konferenz die 2G-Regel sowie das verpflichtende Tragen einer FFP2-Maske aufzuheben, ab dem 4. März Gastronomien und Clubs zu öffnen und die Höchstkapazitäten bei Großveranstaltungen auf 25.000 zu erhöhen. Ende März sollten alle „tiefgreifenden Schutzmaßnahmen“ enden.
  • Am 18. März wurde das neue Infektionsschutzgesetz verabschiedet, dass die Corona-Maßnahmen auf den „Basisschutz“ von Maskenpflicht in Nah- und Fernverkehr, sowie in Pflegeheimen und Kliniken reduziert.
  • Am 4. April kündigte Lauterbach an, die Quarantänepflicht komplett aufzuheben. Später musste er diesen Vorschlag auf Grund massiver öffentlicher Empörung zurücknehmen. An der „Profite vor Leben“-Politik herrschenden Klasse, die täglich zwischen 200 und 300 Coronatote bedeutet, ändert das nichts.

Auch die Linkspartei unterstützt die mörderische Durchseuchung. Sowohl den Antrag zur Impfpflicht ab 60, als auch den Antrag zur Schaffung eines Impfregisters lehnte sie mehrheitlich ab. Zahlreiche führende Politiker der Linkspartei, darunter Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, unterstützten sogar Kubickis Antrag, der sich ausdrücklich gegen eine Impfpflicht aussprach und diese im Duktus der AfD als Eingriff in Grundrechte bezeichnete.

Die Ablehnung der Impfpflicht im Bundestag verdeutlicht erneut, dass der Kampf gegen die Pandemie die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse erfordert. Arbeiter und Jugendliche müssen Aktionskomitees an Schulen und Betrieben bilden, um den Kampf für die notwendigen Maßnahmen zur Eliminierung von Covid-19 in die eigene Hand zu nehmen.

Loading