Die Betriebsversammlung am morgigen Donnerstag, dem 28. Juli, ist die erste, seit Ford die Einstellung der Produktion im Werk Saarlouis offiziell angekündigt hat, und die letzte vor der Sommerpause. Der Betriebsrat will sie nutzen, um die Belegschaft auf eine geordnete Abwicklung des Werks einzustimmen.
Seit dem Stilllegungsbeschluss haben Betriebsrat und IG Metall alles darangesetzt, einen ernsthaften Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze zu verhindern. Stattdessen haben sie Pseudo-Proteste mit weißen Kreuzen, Sensenmann und eine symbolische Ford-Beerdigung organisiert.
Auch die Info-Treffen in den Abteilungen, zu denen die IGM-Vertrauensleute aufrufen und die zu kurzzeitigen Produktionsunterbrechungen führen, dienen nicht dazu, einen Kampf gegen die Werksschließung zu organisieren. Im Gegenteil. Diese Mätzchen kompensieren die Kurzarbeit, die der Betriebsrat abgelehnt hat, verbreiten Frustration und sollen gleichzeitig die Kontrolle der IGM-Funktionäre festigen.
Auf der Betriebsversammlung wird BR-Chef Markus Thal wieder eine seiner bekannten Jammer-Reden halten und sich darüber beklagen, dass das Ford-Management „klare Ansagen“ verweigere und versuche, sich „aus der Verantwortung zu stehlen“.
Es sei völlig unklar, ob Ford ernsthaft einen potenziellen Investor für das Werk suche, wie ein möglicher Verkauf ausgestaltet werde, was Ford vorhabe, was die saarländische SPD-Landesregierung plane, „ab wann und in welchem Umfang ein Sozialplan notwendig“ sei und „vieles, vieles, mehr“, heißt es im letzten Betriebsrats-Info.
Das war bereits der Tenor aller Schlagzeilen, nachdem die SPD-Landesregierung in der vergangenen Woche den Vize-Europachef von Ford, Kierad Cahill, zu einem Gespräch mit dem Wirtschaftsausschuss eingeladen hatte. Der Manager verweigerte dort jegliche weiteren Aussagen und wiederholte nur den bekannten Stilllegungsbeschluss.
Doch in Wahrheit sind die Pläne von Ford klar und bekannt. In Europa werden mindestens 4000 Arbeitsplätze abgebaut. Die meisten davon in Saarlouis. Weitere 8000 Arbeitsplätze werden in den USA vernichtet, wie Ford in der vergangenen Woche ankündigte. Ob unter diesen Umständen das moderne Presswerk und die Kunststoff-Fertigung in Saarlouis mit ein paar hundert Arbeitsplätzen erhalten bleiben, ist höchst fraglich. Laut Ford wird es „geprüft“.
Thal und der Betriebsrat wissen das und versuchen, als Co-Manager einen reibungslosen und – wie Thal betont „sozialverträglichen“ – Abbau der Arbeitsplätze durchzusetzen.
Aber angesichts der grassierenden Inflation und Massenentlassungen in vielen anderen Betrieben bedeutet die Werksschließung im strukturschwachen Saarland für viele Beschäftigte automatisch ein Abgleiten in dauerhafte Armut. „Sozialverträglich“ bedeutet hier nur, dass der Widerstand gegen die Werksschließung und sozialer Aufruhr unterdrückt werden sollen.
Für Thal & Co ist die Werksschließung bereits abgemachte Sache. Der Betriebsrat arbeitet hinter dem Rücken der Belegschaft intensiv an Plänen für die Zeit danach. Das machte Thal in einem langen Interview mit der Saarbrücker Zeitung vor wenigen Tagen deutlich. Auf die Frage, wie man Beschäftigten helfen könne, „die jetzt Existenznot verspüren“, weil sie „zum Beispiel den Kredit für ihr Haus nicht mehr bezahlen können“, antwortete Thal, er „erwarte auch Initiativen von Banken“.
Auch „die Politik“ müsse Verantwortung übernehmen. Es müssten „maßgeschneiderte Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogramme für die Ford-Beschäftigten“ ausgearbeitet werden. Darüber hinaus müsse alles getan werden, „um Ford-Mitarbeiter in andere Saar-Unternehmen zu vermitteln“.
Die Forderung nach maßgeschneiderten Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogrammen – eine typische Phrase der Arbeitsvermittler in den Job-Centern – verbinden Betriebsrat und IG Metall mit der Perspektive der berüchtigten „Beschäftigungsgesellschaften“. Die werden meist von Ex-Betriebsräten oder Gewerkschaftsbürokraten geleitet und dienen als Verschiebebahnhof in die Arbeitslosigkeit.
Während der Betriebsrat die Sommerpause nutzen will, um Sozialplan-Verhandlungen zu beginnen und eine geordnete Abwicklung des Werks zu organisieren, müssen die Arbeiter die Werksferien nutzen, um einen Kampf zur prinzipiellen Verteidigung der Arbeitsplätze zu organisieren.
Es gibt einen sehr klaren Weg, die Kontrolle des weithin verhassten Betriebsrats und seine mafiösen Methoden zu überwinden: Der Aufbau des Ford-Aktionskomitees zur wirklichen Interessenvertretung der Belegschaft.
Dazu ist es notwendig, aus den vergangenen Monaten einige Lehren zu ziehen. Jeder, der die Flugblätter und Aufrufe des Aktionskomitees verfolgt hat, weiß, dass seine Einschätzungen von Anfang an korrekt waren.
Mit der Stilllegungsentscheidung Ende Juni trat das ein, wovor das Aktionskomitee seit einem halben Jahr gewarnt hatte. Wenige Tage, nachdem der Betriebsrat Ende Januar seine Kürzungsvorschläge bei der Ford-Europa-Zentrale in Köln eingereicht hatte schrieben wir:
Verzicht rettet keinen Arbeitsplatz! All unser Verzicht in der Vergangenheit und all die Zugeständnisse, die bereits an allen Standorten gemacht wurden, sind heute keinen Cent wert. Wir lehnen die Erpressung und den brutalen Wettbewerb zwischen uns und unseren Standorten prinzipiell ab. Das gegeneinander Ausspielen führt in die Katastrophe.
Das Aktionskomitee verlangte schon damals das sofortige Ende der Geheimverhandlungen und die Offenlegung aller Zugeständnisse, die im Rahmen des Bieterwettbewerbs gemacht wurden.
Heute ist völlig klar, dass die Verteidigung des Werks und der Arbeitsplätze nur gegen die IG Metall und ihre Betriebsräte möglich ist, nicht mit ihnen! Nur durch das aktive Eingreifen der Arbeiter selbst kann verhindert werden, dass das Werk abgewickelt wird, das in über 50 Jahren von mehreren Generationen aufgebaut wurde.
Das erfordert die Mitarbeit im Aktionskomitee und die Vorbereitung echter Kampfmaßnahmen: Streiks, Aktionen zur Verhinderung von Demontagen und des Abbaus von Maschinen, die Entsendung von Delegationen zu anderen Standorten und Unternehmen.
Die Verbündeten der Ford-Arbeiter in Saarlouis sind ihre Kollegen in Valencia, Köln, Craiova, der Türkei, den USA und Indien. Die Arbeiter in Valencia bezahlen die Zusage von Ford, die Produktion fortzusetzen, mit massiven Lohnsenkungen, Arbeitsplatzabbau und der Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. All das wurde von den Betriebsräten selbst vorgeschlagen.
Auch in Köln, Rumänien und der Türkei müssen die Belegschaften erneute Angriffe erwarten. Die Aufteilung des Konzerns in eine Verbrenner- und eine E-Sparte ist mit Forderungen nach einer Profitmarge von 10 Prozent verbunden!
Das Aktionskomitee hat begonnen, die internationale Zusammenarbeit zu entwickeln. Am vergangenen Wochenende fand bereits das zweite Online-Treffen von Ford-Arbeitern aus Saarlouis und Chennai in Südindien statt. Die indischen Ford-Arbeiter berichteten ausführlich über ihren Kampf. Ford hat in Indien zwei Werke und kündigte im Frühjahr an, beide zu schließen. Ein Werk ist an Tata Motors verkauft worden, das andere sollte eigentlich Ende Juni geschlossen werden.
Doch junge Arbeiter ergriffen die Initiative und organisierten einen sehr mutigen Kampf. Sie streikten fünf Wochen und besetzten zeitweilig die Werkstore. Aber die Gewerkschaften taten von Anfang an alles, um den Streik zu isolieren und zu sabotieren. Dann würgten sie ihn in Zusammenarbeit mit der Regierungspartei von Tamil Nadu ab. Jetzt beginnen die indischen Arbeiter, sich unabhängig zu organisieren, um sich gegen diesen Ausverkauf zur Wehr zu setzen.
Überall auf der Welt nehmen die Proteste und Kämpfe zu, vor allem auch aufgrund der rasant steigenden Preise. Und überall entwickeln sie sich als Rebellion gegen die bestehenden pro-kapitalistischen Gewerkschaften.
An dem internationalen Treffen des Ford-Aktionskomitees nahm auch Will Lehmann, ein Autoarbeiter aus den USA teil. Er kandidiert als einfacher Arbeiter für den Vorsitz der US-Autoarbeiter-Gewerkschaft UAW gegen die korrupte Führung der Gewerkschaft. Er betonte, dass Arbeiter ihre eigene globale Strategie brauchen, um sich gegen die internationalen Konzerne durchzusetzen, die Arbeiter weltweit gegeneinander ausspielen. Deshalb ist der Aufbau von Aktionskomitees und ihre internationale Vernetzung so entscheidend.
Die Antwort auf die feige und reaktionäre Politik des Betriebsrats und der IG Metall, die sich völlig dem Diktat der Konzernleitung unterordnen, ist der Aufbau des Aktionskomitees.
Wir appellieren daher an alle Ford-Beschäftigten in Saarlouis, die bereit sind, für ihr Werk zu kämpfen: Entzieht auf der kommenden Betriebsversammlung dem Betriebsrat das Mandat, in eurem Namen zu sprechen. Er spricht für sich selbst, die Gewerkschaft und den Konzern, nicht für euch. Wählt eine eigene unabhängige Vertretung, die nicht das Gespräch mit dem Management, sondern den Zusammenschluss mit den internationalen Kollegen sucht, um gemeinsame Aktionen und Kampfmaßnahmen vorzubereiten.
Meldet euch dazu beim Ford-Aktionskomitee über Whatsapp unter +491633378340.
Mehr lesen
- Stoppt die Betriebsratsmanöver! Kein etappenweiser Abbau unserer Arbeitsplätze! Für die internationale Einheit aller Ford-Arbeiter zur Verteidigung aller Arbeitsplätze!
- Ford-Saarlouis verliert Bieterwettbewerb: Betriebsräte organisieren Werksschließung 2025
- Schluss mit der Erpressung! Schließt euch uns an und mobilisiert für den Erhalt der Werke in Saarlouis und Almussafes!