Ford-Saarlouis verliert Bieterwettbewerb: Betriebsräte organisieren Werksschließung 2025

Am Ende ist es gekommen, wie befürchtet. Der Ford-Konzern hat am Mittwoch offiziell seine Entscheidung bekanntgegeben, die nächste Generation der Elektro-Fahrzeuge im spanischen Almussafes zu bauen und nicht in Saarlouis. Die dortigen 4.600 Beschäftigten genauso wie die rund 1.500 Arbeiter im angrenzenden Zulieferpark sind mit der Werksschließung Ende 2025 konfrontiert. Dann läuft die Produktion des Ford Focus aus.

Demonstration der Ford-Arbeiter nach Verkündung der Schließung des Werks in Saarlouis, 22. Juni 2022

Aber auch den 6.000 Beschäftigten in Spanien wurde deutlich gemacht, dass sie die Entscheidung teuer bezahlen werden: mit Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen, mehr Flexibilität und vor allem mit einem massiven dreistelligen Arbeitsplatzabbau.

Noch mehr als die Entscheidung des Konzerns selbst erzürnte viele Arbeiterinnen und Arbeiter in Saarlouis, mit denen die WSWS vor, während und nach der Betriebsversammlung in Kontakt stand, das scheinheilige Schauspiel, das der Betriebsrat unter Vorsitz von Markus Thal aufführte. „Nur Lug und Trug ist das hier“, sagte einer direkt nach der Betriebsversammlung.

Die WSWS hat seit September letzten Jahres, als der Konzern angekündigt hatte, er werde entweder das deutsche Werk in Saarlouis oder das spanische in Almussafes bei Valencia schließen, davor gewarnt, dass die Betriebsräte beider Werke sich gegenseitig mit Sparangeboten überbieten und „versuchen dem Vorstand zu beweisen, dass ihr jeweiliger Standort profitabler produzieren könne als der andere“. Verlierer würden die Ford-Beschäftigten in beiden Werken sein.

Die Betriebsräte in Deutschland tun nun so, als hätten sie für den Erhalt des Werks gekämpft. „Wir wurden belogen, betrogen und verarscht“, behauptete der Betriebsratsvorsitzende von Saarlouis Markus Thal. Die Betriebsräte sprechen von einem „abgekarteten Spiel” und einem „Scheinverfahren”.

Das alles stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Ja, es war ein „abgekartetes Spiel“, aber der Betriebsrat und die IG Metall sind Teil dieses Spiels. Der Betriebsrat hatte bereits vor über zwei Wochen zur Betriebsversammlung eingeladen, auf der er über den „Stand des Bieterwettbewerbs“ informieren wollte. Angeblich habe er kurz vor der Versammlung erfahren, dass sich der Konzern für das spanische Werk entschieden habe. Das glaubt niemand.

Denn bereits in der Einladung hieß es, die Kolleginnen und Kollegen sollten Zeit nach 14 Uhr mitbringen. Auch am heutigen Donnerstag solle die Betriebsversammlung ab 7:30 Uhr fortgesetzt werden, „je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt“. Der Betriebsrat kannte die Entscheidung.

Noch während der Betriebsversammlung wurden Flyer unter der Überschrift „Wortbruch“ mit dem Aufruf zu Demonstration und Kundgebung verteilt. Alles war vorbereitet, Polizei und Ordnungsamt waren über die Aktion unterrichtet und erwarteten die Beschäftigten, als sie das Werk verließen.

„So etwas organisiert und macht man ja nicht in einer Viertelstunde“, sagte ein Ford-Arbeiter. „Die wussten doch schon vorher Bescheid. Ich fühle mich verarscht, von Konzern und Betriebsrat.“

Die Version, die IG Metall und Betriebsrat auf der Betriebsversammlung, der Protestkundgebung und in schon zuvor vorbereiteten Flugblättern vom Ablauf des Bieterwettbewerbs entwerfen, kann man nur als dreiste Lüge bezeichnen. Das Flugblatt des Gesamtbetriebsrats, das von dessen Vorsitzenden Benjamin Gruschka und Thal unterschrieben wurde, behauptet gleich im ersten Satz, dass der Betriebsrat erst am gleichen Tag informiert worden sei.

Als ob sie die Arbeiter für dumm verkaufen wollen, erklären sie, dass sie den Bieterwettbewerb, den sie nun monatelang selbst organisiert haben, „zutiefst“ verurteilt hätten! Sie besitzen sogar die Chuzpe zu behaupten, dass sie sich um ein gemeinsames Vorgehen mit den spanischen Kollegen bemüht hätten. Tatsächlich haben sie alles daran gesetzt, durch Arbeitsplatzabbau, Lohnkürzung und Subvention in Deutschland die Schließung des spanischen Werks zu erreichen, anstatt einen gemeinsamen Kampf gegen Ford zu organisieren.

Es war diese rückgratlose und unterwürfige Haltung, die sich ausschließlich an den Gewinnen des Unternehmens orientierte, die das Management ermutigt hat, in Spanien immer weitere Kürzungen zu fordern und Saarlouis abzuwickeln.

Der Betriebsrat brüstet sich jetzt sogar damit, dass er nicht nur Lohnkürzungen in Saarlouis, sondern in allen deutschen Standorten angeboten hätte. Dass auch die Kölner Beschäftigten im Bieterwettbewerb bluten sollten, läuft in den verqueren Gedankengängen der Gewerkschafter unter „Solidarität“. Nicht der gemeinsame Kampf, sondern der gemeinsame Verzicht ist die neue Solidarität, die die IG Metall durchzusetzen sucht.

Nun echauffieren sich Thal und Co künstlich darüber, dass es keine faire Abwägung der Kürzungen von Seiten des Konzerns gegeben und Valencia zu Unrecht den Zuschlag erhalten habe. Ihre Rufe „Skandal“, „Wortbruch“ oder „Betrug“ gleichen dem Dieb, der laut ruft: „Haltet den Dieb!“ Sie selbst haben den Prozess des Bieterwettbewerbs organisiert, vor den Arbeitern verheimlicht und jeden ernsthaften Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze sabotiert.

Auch jetzt lehnen Betriebsrat und Gewerkschaften jeden Kampf für den Erhalt des Werks ab und bietet sich dem Ford-Management an, die Abwicklung reibungslos zu organisieren. In der heutigen Fortsetzung der Betriebsversammlung sollen die Mitarbeiter über die weiteren Pläne dahingehend informiert werden.

„Wir werden jetzt an Alternativen für das Werk in Saarlouis arbeiten müssen.“ Das sei die wichtigste Aufgabe für die nächsten Wochen und Monate. „Das werden wir als Gesamtbetriebsrat genau so intensiv tun, wie wir es in den letzten Monaten getan haben.“ Auf der gestrigen Pressekonferenz der IG Metall und des Betriebsrates hat Thal angekündigt, über Sozialpläne und -tarife verhandeln zu wollen. Die könne man auch erstreiken. Thal will also für Sozialpläne streiken, anstatt das Werk zu verteidigen.

Die gestrige Kundgebung gab einen Vorgeschmack auf die orchestrierten Trillerpfeifenproteste, die die Gewerkschaft jetzt organisieren wird. Sie wurde bewusst weit weg von den Werkstoren organisiert. Auf keinen Fall sollte die Belegschaft auf die Idee kommen, ein Tor oder womöglich das Werk zu besetzen und wirklich zu streiken. Ihnen wurde mitgeteilt, dass nach 2025 die Produktion eines Autos eingestellt wird und mit dieser Hiobsbotschaft wurden sie auf eine Demo und Kundgebung gezerrt, auf der erneut Thal und ein Vertreter der IG Metall Völklingen wie schon zuvor auf der Betriebsversammlung Überraschung und Wut vortäuschten.

Arbeiterinnen und Arbeiter sollten die Lehre aus den letzten Jahren, speziell den letzten sechs Monaten ziehen. Wenn die Belegschaft in Saarlouis es zulässt, dass die Betriebsräte und die IG Metall ungehindert dort weitermachen, wo sie jetzt aufgehört haben, kann das nur in eine Katastrophe führen. Mit der schrittweisen Abwicklung des Werks verliert die gesamte Region wichtige Industrie-Arbeitsplätze, mit halbwegs angemessenen Löhnen. Arbeiter berichten, dass sie auf Bewerbungen Jobs mit extrem niedrigen Löhnen angeboten bekommen, z.B. 12 Euro Stundenlohn in der Logistik. Das ist die Zukunft, die der Betriebsrat organisiert.

Die Belegschaft in Saarlouis sollte sich ein Beispiel an den Kollegen in Indien nehmen. Auch ihr Werk soll geschlossen werden. Sie streiken und besetzen die Tore. Auch in Saarlouis sollte ein Aktions- und Streikkomitee eingerichtet werden, dass Kampfmaßnahmen zur Verteidigung des Werks vorbereitet. Dazu muss sofort der Kontakt zu den Arbeitern in Indien, der Türkei, Rumänien und allen voran in Spanien hergestellt werden.

Kontaktiert dazu das Ford-Aktionskomitee: Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340

Loading