Metalltarifverhandlungen: IG Metall bereitet Reallohnsenkung vor

Die Metall- und Elektroindustrie zählt in Deutschland zu den Schlüsselindustrien. Viele Millionen Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt von der Produktion von Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen, Flugzeugen, Schiffen usw. ab.

Die in dieser Woche startenden Tarifverhandlungen für die rund 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie, zu der auch die Rüstungsindustrie zählt, sind daher von großer Bedeutung. Sie entscheiden darüber, in welchem Ausmaß die Kosten des Kriegs gegen Russland und der gigantischen Aufrüstung der Bundeswehr auf die Arbeiterklasse abgewälzt werden.

In wenigen Wochen beginnen auch die Tarifverhandlungen der IG BCE für 580.000 Tarifbeschäftigte der Chemiebranche und von Verdi für rund 2,3 Millionen Beschäftigte des Öffentlichen Diensts. Sie orientieren sich erfahrungsgemäß am Metallabschluss.

Die hohe Inflation, eine Folge der Sanktionen gegen Russland, lässt die Reallöhne im Rekordtempo schrumpfen. In den Belegschaften herrscht eine weit verbreitete Stimmung, dass hohe Lohnsteigerungen erkämpft werden müssen, damit nicht Millionen Arbeiter in Armut und Existenznot abrutschen. Das ist auch in allen anderen Branchen der Fall.

Die jetzige Tarifauseinandersetzung muss daher zum Ausgangspunkt für eine Offensive gegen den Krieg und seine sozialen Folgen gemacht werden. Um die aktuelle Inflation und frühere Reallohnsenkungen auszugleichen, müssen hohe zweistellige Lohnzuwächse erkämpft werden.

Aber die IG Metall unternimmt alles, um das zu verhindern. Sie fordert gerade einmal 8 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Angesichts einer erwarteten Inflationsrate von über 10 Prozent hätte dies bereits eine Senkung der Reallöhne zur Folge.

Die IG Metall hat aber bereits klargemacht, dass sie nicht vorhat, für diese Forderung zu kämpfen. Sie ist sich mit der Bundesregierung und den Unternehmen einig, die Kriegskosten auf die Arbeiterinnen und Arbeiter abzuwälzen. Sie setzt damit die Lohnsenkungspolitik der letzten Jahre fort. Seit 2018 hat sie für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie nur eine einzige tarifliche Zusatzzahlung vereinbart.

Obwohl die Arbeiter in der Corona-Pandemie wegen Kurzarbeit Lohneinbußen erlitten, gab es bei den Tabellenentgelten 2020 und 2021 Nullrunden. In der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie zementierte die IG Metall die Lohnspaltung zwischen Ost- und Westdeutschland auf Jahre hinaus – mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung.

IG Metall-Chef Jörg Hofmann bejubelte diese Abschlüsse während der Corona-Pandemie: „Inmitten einer der schwersten Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik“ sei erreicht worden, „dass die Krisenfolgen fair verteilt werden“.

Eine direkte Folge dieser „Fairness“ waren hohe Konzerngewinne. So konnten die großen Autohersteller trotz gesunkener Absatzzahlen weltweit deutlich höhere Umsätze und Gewinne erzielen.

Die VW-Kernmarke erhöhte den Gewinn im ersten Halbjahr um mehr als ein Viertel auf 10,6 Milliarden Euro. Audi verbesserte sich in der ersten Jahreshälfte von 3,3 auf 5 Milliarden Euro, Porsche von 2,7 auf 3,3 Milliarden. Mercedes-Benz erzielte 9,8 Milliarden Euro Gewinn und steigerte seine Marge auf 12,7 Prozent.

Die Rüstungskonzerne, allen voran Branchenführer Rheinmetall, fuhren im ersten Halbjahr Rekordgewinne ein. Rheinmetall hat bei einem Umsatzplus von 3,5 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro den Gewinn um acht Prozent auf 206 Millionen Euro erhöht.

Diese Gewinne wollen die Unternehmen und die IG Metall vor den Forderungen der Belegschaften schützen und weiter ausbauen. Wie bereits die Corona-Pandemie, soll nun auch der Krieg für weitere Kürzungen genutzt werden.

IGM-Chef Hofmann hat bereits verkündet, dass die hohe Inflation und die rasant steigenden Preise für Gas und Strom nicht durch die Tarifpolitik ausgeglichen werden könnten. Sein voraussichtlicher Nachfolger Roman Zitzelsberger, aktuell Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, hatte Ende Mai erklärt, dass Tarifverhandlungen nicht dazu da seien, die Inflation zu kompensieren: „Exorbitante Inflationsraten sind nicht durch Tarifpolitik auszugleichen.“

Die Bundesregierung erleichtert es den Konzernen und Gewerkschaften mit ihrem „Dritten Entlastungspaket“, mittels Sonderzahlungen eine weitere Nullrunde bei den tabellenwirksamen Tarifentgelten durchzusetzen. Sonderzahlungen werden bis zu einem Betrag von 3000 Euro von Steuer und Sozialversicherungsabgaben befreit.

Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf begrüßte das, unterstrich aber, dass alle Sonderzahlungen unter dem Vorbehalt steigender Umsätze und Gewinne stünden.

„Im letzten Tarifabschluss haben wir zum ersten Mal eine automatische Differenzierung vereinbart, die ist für mich jetzt eigentlich gesetzt,“ sagte Wolf letzte Woche in einem dpa-Interview. Drei von vier Unternehmen in seiner Branche gehe es schlecht. Deshalb solle der Tarifvertrag Unternehmen, die unter einer bestimmten Umsatzrendite liegen, automatisch von Lohnerhöhungen befreien, „ohne lange mit der IG Metall verhandeln zu müssen“.

Wolf verlangt eine weitere Nullrunde. In einem Interview mit der Welt am Sonntag sagte er, es werde „nicht möglich sein, die Firmen der Metall- und Elektroindustrie mit Lohnerhöhungen weiter zu belasten“. Die steigenden Preise müssten die Beschäftigten ohne Gehaltserhöhungen bewältigen.

Die IG Metall wird sich diesen Forderungen nicht verschließen. Sie ist Teil der von Bundekanzler Scholz einberufenen Konzertierten Aktion, die die Aufgabe hat, die Folgen von Krieg, Aufrüstung und Bereicherung der Konzerne auf die Arbeiterklasse abzuwälzen und den Widerstand dagegen zu unterdrücken.

Gestern lud Scholz zum zweiten Treffen der Konzertierten Aktion ein, um mit Gewerkschafts- und Unternehmensvertretern, Bundesbankern, Ökonomen und den Bundesministern für Wirtschaft (Robert Habeck, Grüne), Finanzen (Christian Lindner, FDP) und Arbeit (Hubertus Heil, SPD) Details zu vereinbaren.

Wie zu Beginn des Ersten Weltkriegs, als die Gewerkschaften einen Burgfrieden mit der kaiserlichen Regierung und den Unternehmerverbänden unterzeichneten, schließen sie auch jetzt die Reihen mit Regierung und den Arbeitgeberverbänden.

Die Gewerkschaften unterstützen den Krieg und die Aufrüstung nicht nur, weil viele ihrer Funktionäre Mitglieder der Regierungsparteien SPD und Grüne sind. Vielmehr ergibt sich die enge Zusammenarbeit mit Regierung, Staat und Armee direkt aus der nationalistischen, auf die Verteidigung des jeweiligen Industrie-Standorts gerichteten Politik der Gewerkschaften.

Sie hatten sich bereits unmittelbar nach Beginn des Ukrainekriegs auf die Seite von Bundeskanzler Scholz gestellt. Nur zwei Tage, nachdem er einen Sonderfonds von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr angekündigt hatte, gaben die IG Metall und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eine gemeinsame Erklärung heraus, die „mit Nachdruck die von der Bundesregierung, der Europäischen Union und den westlichen Bündnispartnern verhängten Sanktionsmaßnahmen gegen Russland“ unterstützte, auch wenn dies „zu Nachteilen für Deutschland, seine Unternehmen und Beschäftigten“ führen werde.

Noch deutlicher ist eine gemeinsame Erklärung der IG Metall Baden-Württemberg und von Südwestmetall, in der es heißt: „Diese Maßnahmen werden uns allen Opfer abverlangen.“

In Wirklichkeit verlangt die IG Metall allein von den Beschäftigten Opfer – damit die Konzernprofite weiter sprudeln und der Krieg gegen Russland verschärft werden kann.

Es ist jetzt notwendig, mit der IG Metall und den anderen Gewerkschaften zu brechen und unabhängige Aktionskomitees aufzubauen, die den Kampf gegen Arbeitsplatzabbau, Lohnsenkungen und Krieg in den Betrieben organisieren und sich international vernetzen.

Die Verteidigung von Löhnen, sozialen Errungenschaften und demokratischen Rechten fällt untrennbar mit dem Kampf gegen den Krieg zusammen, dessen Folgen die gesamte internationale Arbeiterklasse treffen. Sie muss sich daher international zusammenschließen, um ihren Lebensstandard gegen die unaufhörlichen Angriffe zu verteidigen.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale hat die Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) ins Leben gerufen, um diesen Aktionskomitees eine Orientierung zu geben und sie international zu koordinieren.

Nur so kann sowohl die Kriegsgefahr gebannt als auch die Auswirkungen des Kriegs in Form von Arbeitsplatzabbau und gewaltigen Reallohnsenkungen abgewehrt werden. Wir rufen alle Arbeiterinnen und Arbeiter auf, sich per Whatsapp-Nachricht bei folgender Nummer zu melden: +491633378340 oder sich gleich hier unten für die Aktionskomitees zu registrieren.

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