Die faschistischen Freunde des kanadischen Imperialismus – Teil 3

Die Rolle von OUN und Ukrainischer Aufstandsarmee im Vernichtungskrieg gegen die UdSSR und im Holocaust

[TEIL EINS] [TEIL ZWEI] [TEIL DREI] [TEIL VIER] [TEIL FÜNF]

Dies ist der dritte Teil einer fünfteiligen Serie. Der erste Teil handelte vom langjährigen Bündnis des kanadischen Imperialismus mit dem rechtsextremen ukrainischen Nationalismus. Teil zwei untersuchte die Ursprünge der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und das antisemitische, pronazistische Wirken der Zeitung Krakivski Visti unter ihrem Herausgeber Michael Chomiak, dem Großvater der stellvertretenden Premierministerin Kanadas, Chrystia Freeland. Der vierte Teil wird sich damit befassen, wie der kanadische Staat der OUN (M) und OUN (B), den faschistischen Kollaborateuren der Nazis, einen sicheren Hafen bot und ihnen half, ihre Verbrechen zu beschönigen, und wie er sie und den rechtsextremen ukrainischen Nationalismus in den Dienst seiner imperialistischen Außen- und Innenpolitik stellte.

Die ganze Serie ist bereits auf der englischsprachigen WSWS erschienen.

* * *

Die rivalisierenden Flügel der Organisation Ukrainischer Nationalisten – OUN (M) und OUN (B) genannt, nach ihren jeweiligen Führern Melnyk und Bandera – waren zwar heftig zerstritten über die Frage, wie sie am effektivsten mit den Nationalsozialisten zusammenarbeiten sollten, um eine „unabhängige Ukraine“ zu schaffen. Dessen ungeachtet begrüßten beide den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, beteiligten sich aktiv daran und dienten den Nazis als Mordgesellen beim Holocaust.

Der Überfall der Wehrmacht auf die UdSSR war von Anfang an als „Vernichtungskrieg“ konzipiert, der darauf abzielte, die Vorherrschaft des deutschen Imperialismus bis zum Ural zu errichten. Er zeugte von beispielloser Brutalität und Grausamkeit. Der „Generalplan Ost“, ausgearbeitet von staatlichen Behörden und der Friedrich-Wilhelm-Universität [heute: Humboldt-Universität] zu Berlin, sah vor, die in Osteuropa und Russland lebenden Völker auszurotten oder in koloniale Sklaven zu verwandeln. Während dieser Kreuzzug einen immer höheren Blutzoll forderte, gingen Hitler und seine engsten Mitarbeiter Ende 1941 daran, ihre „Endlösung“ für die europäischen Juden ins Werk zu setzen: die geplante und systematische Vernichtung von sechs Millionen Menschen im Holocaust.

Der Ukrainisch-Kanadische Kongress (UCC) stellt heute eine Reihe zweckdienlicher, weit hergeholter Behauptungen über die Taten der OUN im Zweiten Weltkrieg auf, die aber nichts als lauter Lügen sind. Dasselbe tun auch andere rechte und rechtsextreme ukrainische Nationalisten, die die OUN verteidigen und reinwaschen, wie auch ihre imperialistischen Sponsoren in Ottawa, Washington, London und Berlin.

Sie behaupten, dass die OUN und die banderistische Ukrainische Aufständische Armee (UPA) eine „nationale Befreiungsbewegung“ gewesen sei. In Wirklichkeit waren sie Faschisten, die sich Nazi-Deutschland und später dem britischen und US-amerikanischen Imperialismus andienten. Sie behaupten auch, die OUN und UPA hätten „sowohl die Nazis als auch die Sowjets“ bekämpft. Und das, obwohl die ukrainischen Faschisten sich massiv am Einmarsch in die UdSSR im Juni 1941 beteiligten. Sie bekämpften die Sowjets entweder direkt unter dem Kommando der Nazis oder in Zusammenarbeit mit diesen, bis sie 1945 gezwungen waren, zu fliehen und in den letzten faschistischen Zufluchtsorten Wien, München und anderswo Schutz zu finden.

Insbesondere der UCC und die ukrainische Rechte huldigen der völkermörderischen Bilanz der UPA – einer Organisation, deren Führung und Kämpfer größtenteils aus Faschisten bestanden. Sie hatten zuvor unter Banderas Befehl der Kriegsmaschinerie des Dritten Reichs und der SS gedient. Auch behaupten die heutigen Verteidiger der ukrainischen Faschisten, diese hätten beim Holocaust keine Rolle gespielt. Das wäre einfach nur lachhaft, ginge es hier nicht um die Vernichtung von weit über einer Million ukrainischer Juden. Zahlreiche OUN-Dokumente und -Publikationen befürworteten während des Zweiten Weltkriegs und sogar schon lange davor Massengewalt gegen die Juden. Jüngste historische Forschungen haben die Beteiligung der OUN- und UPA-Kader am Holocaust erschreckend detailliert dokumentiert: wie sie Juden zusammentrieben und sie in großer Zahl niedermetzelten, das Wachpersonal für die Todeslager stellten –, und sie weisen auch die Ermordung von mehr als 100.000 Polen bei ethnischen Säuberungsaktionen nach, sowie von Zehntausenden sowjetrussischer und ukrainischer Partisanen. Je mehr Beweise gegen die ukrainischen Faschisten vorliegen, desto lauter das Geschrei ihrer heutigen Verteidiger. Doch kein noch so lautes Geschrei kann die objektiven historischen Fakten beseitigen.

Der kanadische Historiker John Paul Himka, früher selbst Verfechter des Mythos vom „nationalen Befreiungskämpfer“ Bandera und seit jeher liberaler Vertreter der einen oder anderen Form der ukrainischen nationalen Identitätspolitik, musste, konfrontiert mit diesen Fakten, zugeben, dass die OUN eine kriminelle Organisation war, die sich am Völkermord am europäischen Judentum und an ethnischen Säuberung gegen polnische Bürger beteiligte. In seinem 2021 erschienenen Buch Ukrainian Nationalists and the Holocaust: OUN and UPA's Participation in the Destruction of Ukrainian Jewry, 1941-1944, fasst Himka die Rolle der OUN-UPA im Holocaust zusammen:

Es gab drei Hauptphasen, in denen sich die Nationalisten am Massenmord beteiligten ...

In der ersten Phase waren die von der OUN organisierten Milizen die Hauptakteure bei der Gewalt gegen Juden im Sommer 1941, gleich nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion. Die Milizen verhafteten Juden und ließen sie Zwangsarbeit verrichten, demütigten sie und ermordeten viele. Tausende Verhaftete wurden von deutschen Einheiten, vor allem der Einsatzgruppe C und der Waffen-SS-Division „Wiking“, hingerichtet. Die ukrainischen nationalistischen Milizen, die Juden leichter identifizieren konnten als die Invasoren und auch die jüdischen Viertel in den Städten kannten, trieben die Juden zusammen, um sie der Gewalt der Deutschen auszuliefern. Manchmal war die Gewalt von blutigen öffentlichen Spektakeln begleitet, wie bei den Pogromen Anfang Juli 1941 in Lwiw und Solotschiw; manchmal ermordeten die OUN-Milizen bestimmte Juden und ihre Familien im Verborgenen, und manchmal töteten sie einfach alle Juden im Dorf.

In der zweiten Phase rekrutierte und infiltrierte die OUN die ukrainische Hilfspolizei in Galizien und die in Wolhynien stationierten Schutzmannschaften. Diese Polizeieinheiten stellten das notwendige Personal für den Holocaust. Sie trieben Juden zusammen, um sie in das Vernichtungslager Belzec zu deportieren oder zu erschießen. Obwohl die meisten Tötungen von Deutschen durchgeführt wurden, mordeten auch die ukrainischen Polizisten unter bestimmten Umständen. Diese Morde fanden hauptsächlich von Anfang 1942 bis Mitte 1943 statt.

In der dritten Phase desertierten Anfang 1943 Tausende dieser ukrainischen Polizisten aus dem deutschen Dienst und schlossen sich dem nationalistischen Aufstand unter Führung der OUN an. Sie verfügten über eine gewisse militärische Ausbildung, waren sowohl mit Waffen als auch mit dem Töten vertraut und übernahmen Führungspositionen in der UPA. Sobald die ehemaligen Polizisten sich ihnen anschlossen, startete die UPA eine massive ethnische Säuberungsaktion, zunächst in Wolhynien und später in Galizien. Obwohl sie sich in erster Linie gegen Polen richtete, gab es auch andere, nicht-ukrainische Opfer. Im Winter 1943–1944, als die Rote Armee nach Westen vorrückte, lockte die UPA überlebende Juden aus ihren Verstecken in den Wäldern, brachte sie vorübergehend in Arbeitslagern unter und ermordete sie dann.

Die ukrainischen Faschisten und die Operation Barbarossa

Die rivalisierenden Flügel der OUN mobilisierten Tausende, möglicherweise Zehntausende ihrer Kader und Anhänger, um sich aktiv an der Operation Barbarossa zu beteiligen, dem Überfall der Nazis auf die Sowjetunion, der am 22. Juni 1941 begann. Sie taten dies auf unterschiedliche Weise. In den Monaten vor Beginn der Operation Barbarossa stellte der deutsche militärische Nachrichtendienst zwei ukrainische Bataillone auf, die hauptsächlich, wenn nicht sogar ausschließlich, aus Anhängern der OUN (B) bestanden. Der führende ukrainische Offizier des Bataillons Nachtigall war, wie in Teil 2 erwähnt, Banderas enger Vertrauter Roman Schuchewytsch, der spätere militärische Befehlshaber der UPA.

Die OUN (M) wie auch die OUN (B) stellten prohidny hruppy (Einsatzgruppen) auf, Hilfstruppen der Wehrmacht bei ihrem Vormarsch in die Sowjetukraine. Viele von ihnen übernahmen schnell „polizeiliche“ Aufgaben, d. h. sie unterdrückten die Bevölkerung, suchten nach Anhängern des sowjetischen Regimes, trieben Juden zusammen und töteten sie. Die OUN (B) bildete auch eine „Ukrainische Volksmiliz“, eine paramilitärische Einheit, die hinter den vorrückenden deutschen Linien operierte und die Todeskommandos von SS und Einsatzgruppen unterstützte.

Krakivski Visti– die Tageszeitung des ukrainischen Zentralkomitees der OUN (M), die Chrystia Freelands Großvater Michael Chomiak herausgab, verkündete in der Ausgabe vom 23. Juni 1941 halb berauscht den Beginn eines „heiligen Kriegs“ gegen den „Antichristen“.

Unter der Überschrift „Der am meisten gerechtfertigte Krieg der Geschichte“ erklärte Krakivski Visti:

Nie zuvor in der Geschichte hat es einen gerechteren Krieg gegeben als den, den die deutschen Truppen am Sonntag, den 22. Juni 1941, aufnahmen. Der Krieg, der heute begonnen hat, ist eine Art riesiger Kreuzzug für die Befreiung der Menschen, für die Befreiung der Völker, für die Befreiung der ganzen Welt von dem schrecklichen Gespenst des Antichristen ... Heute wird der deutsche Führer zum Retter aller Völker, die das rote Moskau versklavte ... Das Blut der deutschen Soldaten, die in DIESEM heiligen Krieg bereits den Heldentod starben und noch sterben werden, legt das Fundament einer neuen Zukunft für alle befreiten Völker Osteuropas, Westasiens und der gesamten Menschheit.

Während die Nazis die Operation Barbarossa in Gang setzten, schmiedeten sowohl die OUN (M) als auch die OUN (B) Pläne für eine größere eigene Rolle in einem „Neuen Europa“ unter Nazi-Herrschaft.

Am 10. Juni 1941, 12 Tage vor dem Einmarsch der Nazis, schrieben der Herausgeber von Krakivski Visti und der Leiter des Ukrainischen Zentralkomitees (UTsK), Wolodymyr Kubijowytsch, einen Brief an Adolf Hitler, in dem sie den Plan der OUN (M) für einen faschistischen ukrainischen Staat unter der Vormundschaft des Dritten Reiches darlegten.

Darin forderten sie:

Einen „Führer“-Staat

In Anlehnung an die Tradition des ukrainischen „Hetman“-Staates wird der zukünftige ukrainische Staat eine autoritäre Verfassung haben. Die Exekutivgewalt wird in den Händen eines Führers (Vozhd) konzentriert sein.

Ein-Parteien-Staat

Als beratendes Gremium werden ihm die Führung der politischen Partei und der Beirat, der sich aus Vertretern der verschiedenen Unternehmen zusammensetzt, zur Seite stehen. Eine nationale Partei wird die einzige Form der umfassenden politischen Organisation sein und die Grundlage der staatlichen Ordnung bilden, sowie allein maßgeblich für das nationale Bildungswesens und die Organisation des Gemeinschaftslebens sein. ...

Wirtschaft

... Wie die Führung, so werden auch die Verwaltung und die Wirtschaft autoritär organisiert sein.

Hitler und die Nazis hatten nicht vor, einen „ukrainischen Staat“ zu schaffen, nicht einmal unter Führung eines derart sklavisch gehorsamen „Vozhd“, wie es Kubijowytsch war. Seinem Vorschlag, Westgalizien nach der Besetzung durch die Nazis in das Gebiet des Generalgouvernements einzugliedern, standen sie jedoch aufgeschlossen gegenüber. Dies ermöglichte es dem UTsK, seine Aktivitäten auf einen Teil des ukrainischen Kernlandes auszuweiten.

Die ukrainische „Unabhängigkeit“ – dem deutschen Nazi-Imperialismus hörig

Nach eigenen Angaben der OUN (B) erreichte das Bataillon Nachtigall der deutschen Armee die Stadt Lwiw am 30. Juni 1941, „und die OUN-Führer unter Leitung von Jaroslaw Stetsko erklärten die Wiederherstellung der ukrainischen Staatlichkeit und bildeten eine Regierung“.

Heute noch feiern die ukrainischen Faschisten und ihre Verteidiger und Apologeten den Akt Proholoshenia Ukrainskoi Derzhavy (Proklamation der ukrainischen Staatsgewalt), von Stetsko auf einer Versammlung in Lwiw verlesen, als „Unabhängigkeitserklärung“. Am selben Tag begann ein grauenvoller Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung der Stadt.

Nur selten zitieren die ukrainischen nationalistischen Apologeten Banderas die Proklamation vollständig. Denn diese unterstreicht sehr deutlich, dass die Banderisten, die eifrig am Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion in der Ukraine teilnahmen, nicht die Unabhängigkeit der Ukraine, sondern ihre Unterwerfung unter den deutschen Imperialismus erklärten.

Die Proklamation, ein kurzer Text, in dem das Wort Unabhängigkeit nicht einmal vorkommt, verspricht, dass die „ukrainische Staatsgewalt“ „mit dem nationalsozialistischen Großdeutschland unter Führung von Adolf Hitler intensiv zusammenarbeiten wird, um eine neue Ordnung in Europa und der Welt zu schaffen ... und gemeinsam mit der deutschen Armee eng gegen die Moskauer Besatzung zusammenzuarbeiten ...“

Die Banderisten versuchten eindeutig, ihren faschistischen Verbündeten in der Slowakei nachzueifern, wo die Hlinka-Garde unter dem Schutz der Nazis eine Regierung gebildet hatte, und auch der kroatischen Ustascha. Mit dieser hatten die OUN-Führer in den 1930er Jahren gemeinsame Militärübungen abgehalten, und die Nazis hatten ihr einen eigenen faschistischen Marionettenstaat zugestanden.

Da sie den operativen Nutzen der OUN (B)-Terroristen erkannten, begrüßten Teile der Wehrmacht die Lwiwer Proklamation. Eine Gruppe von anwesenden Wehrmachtsoffizieren soll bei der Verlesung der Proklamation durch Stetsko Beifall gespendet haben. Aber Hitler hielt die riesigen Gebiete fruchtbaren Lands in der Ukraine für zu wichtig für sein rassistisch–faschistisches Projekt, Lebensraum für Deutsche zu schaffen, als dass er einen eigenen ukrainischen Staat zulassen wollte.

Am 5. Juli 1941 wurde Bandera von der Gestapo verhaftet und nach Berlin gebracht; eine Woche später dann Stetsko, der sich selbst als „Ministerpräsident“ der Ukraine bezeichnet hatte. Während ihrer Haftzeit in Berlin genossen Bandera und Stetsko weiterhin politische Bewegungsfreiheit. Bandera führte weiter seine Korrespondenz, die zum Teil als „geheim“ gekennzeichnet war. Am 14. Juli 1941 kamen Bandera und Stetsko auf freien Fuß. Sie setzten ihre Verhandlungen mit den Nazis fort und schlugen verschiedenen Militär- und Polizeiorganen der Nazis mehrere Projekte vor. In einem im Ton unterwürfigen „Protestbrief“ an Hitler vom 3. August 1941 über die Abtrennung Galiziens vom Rest der Ukraine und seine Eingliederung in das Generalgouvernement (was teilweise als Reaktion auf die Proklamation der OUN-B erfolgte) bekräftigte Bandera seinen „tiefsten Respekt” für Hitler, dem „Nationalisten der Westmark“.

Stetsko bekräftigte seinerseits, dass eine Ukraine unter ihrer Herrschaft als nationales Zwangsarbeitslager für Nazi-Deutschland fungieren würde: „Ich weiß“, schrieb er, „dass nur ein Sieg (Nazi-)Deutschlands den Wiederaufbau eines souveränen und geeinten ukrainischen Staates möglich macht ... Wir treten mit aller Kraft für die volle wirtschaftliche Unterstützung Deutschlands durch die Ukraine ein ...“

Die Ermordung von Mykola Stisiborskyi, eines rivalisierenden Führers und Ideologen der OUN (M), des anderen ukrainischen Nazi-Verbündeten, durch die Banderisten, veranlasste die Nazis, Bandera und Stetsko erneut zu verhaften.

Die heutigen Unterstützer und Apologeten der OUN setzen die „Haft“ von Stetsko und Bandera gerne mit den brutalen Haftbedingungen gleich, die die Nazis (und die OUN!) Kommunisten, Juden, Roma und politischen Gefangenen auferlegten. In OUN-Pamphleten ist oft ominös von den „Konzentrationslagern“ die Rede, in die Stetsko und Bandera gesteckt worden seien.

In Wirklichkeit wurden die OUN (B)-Führer in „Sonder- und Ehrenhaft“ gehalten, ein besonderer und privilegierter Haftstatus, den die Nazis Diplomaten und Staatsoberhäuptern vorbehalten hatten. Außerdem durften sie weiterhin mit ihren Anhängern korrespondieren, die in den nationalsozialistischen Repressionsapparat eingebettet waren, auch wenn die Nazis Mitglieder der OUN-Miliz und der Einsatzgruppen in ukrainische Polizeieinheiten integrierten, um sie besser überwachen und kontrollieren zu können.

Während seiner Haft verfasste Stetsko ein Dokument, auf das sich ukrainische Nationalisten nur ungern beziehen: seine „Lebensgeschichte“ („Zhitiepys“). Dieses Dokument ist ein weiterer Beleg dafür, dass die OUN die Vernichtung der Juden unterstützte, und es beweist ihren faschistischen Charakter. Stetsko schrieb:

Ich halte den Marxismus für ein Produkt jüdischen Denkens, im Moskauer Völkergefängnis jedoch verwirklicht vom moskowitisch–asiatischen Volk mithilfe von Juden. Moskau und das Judentum sind die größten Feinde der Ukraine und Träger der verderblichen bolschewistischen internationalen Ideen. Ich bin mir voll und ganz der unbestreitbar schädlichen und feindseligen Rolle der Juden bewusst, die Moskau dabei helfen, die Ukraine zu versklaven ... Daher unterstütze ich die Vernichtung der Juden und halte es für zweckmäßig, die deutschen Methoden zur Ausrottung des Judentums in die Ukraine zu bringen.

Da wir hier über sehr ernste Dinge sprechen, muss betont werden, dass Stetsko sich der Ausdrücke „vinisheniya“ – Vernichtung – und „eksterminatsiizhidivstve“– Ausrottung des Judentums – bediente.

An anderer Stelle erklärt Stetsko unverblümt die unerbittliche Ablehnung der ukrainischen Nationalisten von Sozialismus und Demokratie und ihren Hass auf beide:

Ich habe die Ideologie und das Programm der Organisation (OUN), das dem Marxismus, der Demokratie und allen klassenbasierten Ideologien und Programmen völlig feindlich gegenübersteht, mitgestaltet. Politisch unterstütze ich ein autoritäres Einparteiensystem in der Ukraine. Im sozialen Bereich trete ich für Solidarität mit der Nation ein, die dem nationalsozialistischen Programm nahekommt, sich aber in meiner Version unterscheidet, weil es den spezifischen Besonderheiten der Ukraine Rechnung trägt ...

Stetsko (der nach Banderas Tod sein Nachfolger an der Spitze der OUN (B) wurde) redete damit den Nazis nicht nach dem Mund, um aus der Haft entlassen zu werden, die er freiwillig angetreten hatte. Er erläuterte seinen Nazi-Häschern und -Gönnern lediglich die bereits bekannte Politik der OUN (B).

Borotba I diialnist OUN pidchas vinny (Kampf und Aktivitäten der OUN in Kriegszeiten) hieß ein Dokument der OUN (B), das als Leitfaden für die ukrainischen faschistischen prohidny hurupy (Einsatzgruppen) erstellt wurde, die die Wehrmachttruppen beim Einmarsch in die Sowjetunion im Juni 1941 unterstützten. Dieses Dokument billigte ausdrücklich den Massenmord: „In einer Zeit des Chaos und der Verwirrung ist die Liquidierung unerwünschter polnischer, moskowitischer und jüdischer Aktivisten erlaubt, insbesondere der Anhänger des jüdisch–moskowitischen Imperialismus.“

In diesem Dokument, auf das sich die heutigen faschistischen Unterstützer der OUN immer wieder berufen, heißt es weiter:

Sobald die OUN eine Regierung gebildet hat, soll diese auf den folgenden sozialen Prinzipien beruhen:

Die nationalen Minderheiten werden unterteilt in a) diejenigen, die uns freundlich gesinnt sind ... und b) diejenigen, die uns feindlich gesinnt sind – Moskowiter, Polen und Juden ...

Zu: a) Haben die gleichen Rechte wie die Ukrainer ...

Zu: b) Vernichtung im Kampf vor allem derjenigen, die das Regime verteidigt haben: Deportation in ihre Heimatländer, Vernichtung, vor allem der Intelligenz, die keine Ämter bekleiden darf. Generell sorgen wir dafür, dass nicht eine Intelligenz entsteht, die Zugang zu Schulen usw. hat. Zum Beispiel sollen die sogenannten polnischen Bauern assimiliert werden, indem man ihnen von Anfang an zu verstehen gibt, dass sie Ukrainer sind, denen leider der lateinische Ritus aufgezwungen wurde. Die Anführer sollen vernichtet werden. Juden sollen isoliert und aus öffentlichen Ämtern entfernt werden, um Sabotage zu verhindern. Wenn es zum Beispiel unbedingt notwendig ist, einen Juden in der Wirtschaftsverwaltung zu belassen, sollte einer unserer Milizionäre sein Vorgesetzter sein, und der Jude sollte bei der kleinsten Übertretung liquidiert werden. Nur Ukrainer und keine ausländischen Feinde können in den verschiedenen Bereichen des Lebens führende Positionen bekleiden. Die Assimilierung von Juden ist verboten.“

Im Bund mit und innerhalb der nationalsozialistischen Sicherheitskräfte setzten die ukrainischen Faschisten beider Fraktionen der OUN diese völkermörderischen Auffassungen praktisch um, um eine „Ukraine für die Ukrainer“ zu schaffen – also einen ethnisch „reinen“ ukrainischen Staat.

In Lwiw waren das Bataillon Nachtigall und die Hilfstruppen der OUN (B) im Jahr 1941, vom 30. Juni bis zum 3. Juli und vom 25. bis zum 29. Juli, an zwei Mordorgien beteiligt. Dabei ermordeten Nazis und ukrainische Faschisten bis zu 9.000 Juden. Ähnliche Pogrome gab es in Ternopil, Kremenez, Solotschiw und Zboriv. Diese Mordexzesse mündeten in noch viel größeren Massenerschießungen. Organisiert waren sie von den Todesschwadronen der Einsatzgruppen mit Unterstützung und Beteiligung von OUN-Milizen und Hilfspolizisten. Auf diese Weise verloren im Sommer 1941 mehr als 50.000 Menschen ihr Leben.

Der Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der University of Ottawa hat umfassend erforscht und dokumentiert, welch dominierende Rolle ehemalige ukrainische Polizei- und Hilfskräfte in der UPA beim Niedermetzeln von Juden spielten. Er weist auch auf die Beteiligung der Polizei, die der OUN (M) unterstand, an einigen der schrecklichsten Verbrechen hin. Dazu zählt auch die Erschießung von 34.000 Juden in der Babi Yar-Schlucht bei Kiew im September 1941.

Viele OUN (B)-Mitglieder, die eine führende Rolle in den Einheiten der Hilfspolizei spielten, wurden in deutschen Militär- und Polizeischulen der Gestapo und SS in Folter und anderen „Fertigkeiten“ ausgebildet. Unter ihnen war auch der berüchtigte Mykola Lebed, der später die für ihre Grausamkeit bekannten SB-Sicherheitsdienste der OUN (B) leitete. Er hatte die Gruppe von 120 Ukrainern unter sich, die die Nazis unmittelbar nach dem Überfall auf Polen 1939 zur Ausbildung an der Gestapo-Schule in Zakopane rekrutierten. Nach dem Krieg war er ein lebenslanger Mitarbeiter der CIA und leitete den Propagandaverlag „Prolog“ in den Vereinigten Staaten.

Zu seiner Ausbildung an der Gestapo-Schule in Zakopane gehörte es, willkürlich selektierte, unschuldige Juden zu foltern und zu ermorden. Ein Überläufer der OUN B, Mykyta Kosakivsky, berichtete Jahrzehnte später, wie er Zeuge wurde, wie Lebed „in ein jüdisches Haus ging ... einen Juden packte und ihn zur Einheit brachte ...“. Gestapo-Beamte lehrten „die richtigen Verhörmethoden“. „Um den unschuldigen Juden zu dem Geständnis zu zwingen, dass er eine arische Frau vergewaltigt habe, schlugen und folterten die deutschen Offiziere ihn mit ihren Fäusten, einem Schwert und Eisenstangen. Als er von Kopf bis Fuß blutete, streuten sie Salz in seine Wunden und hielten eine Flamme daran ...“ Später schlug der Gestapo-Befehlshaber „Rosenbaum den Juden erneut mit einem Eisenrohr und auch Lebid (sic) half bei dieser heldenhaften Aktion mit.“

Die Reaktion der ukrainischen Faschisten auf die Wende im Krieg gegen die Nazis

Die Niederlagen von Hitlers Armeen in Stalingrad im Herbst/Winter 1942–1943 und in der Schlacht von Kursk im Sommer 1943 motivierten die beiden rivalisierenden Fraktionen der ukrainischen Faschisten zu opportunistischen und zynischen taktischen Änderungen.

Im Frühjahr 1943 begann die OUN (M), ihre Anhänger für den Aufbau einer ukrainischen Einheit der Waffen-SS zu mobilisieren. (Vor der Krise, die die Niederlage in Stalingrad auslöste, hatten die Nazis den Eintritt in die Waffen-SS auf „reine Arier“ beschränkt.) Als einzige ukrainischsprachige Publikation, die im nationalsozialistischen Generalgouvernement zugelassen war, spielte Krakivski Visti, wie auch ihr Herausgeber Chomiak, in dieser Kampagne eine entscheidende Rolle.

Am 16. Mai 1943 veröffentlichte Krakivski Visti den folgenden Aufruf von Kubijowytsch:

Der lang ersehnte Moment, in dem das ukrainische Volk wieder mit der Waffe in der Hand gegen seinen ärgsten Feind, den Bolschewismus, kämpfen kann, ist gekommen. Der Führer des Großdeutschen Reichs hat der Aufstellung einer eigenen ukrainischen Freiwilligenarmee unter dem Namen SS-Infanteriedivision ‚Galizien’ zugestimmt ... Ihr müsst Schulter an Schulter mit der unbesiegbaren deutschen Armee stehen und die bolschewistische Bestie ein für alle Mal vernichten ...

Kubijowytsch selbst wurde das erste offizielle Mitglied der Waffen-SS-Division Galizien und leistete einen Eid auf die Waffen-SS und ihren Chef Heinrich Himmler.

Krakivski Visti begleitete ihren Rekrutierungsaufruf für die Waffen-SS mit einer Flut übler antisemitischer Artikel. Der deutsche Pressechef Emil Gasner forderte, dass solche Artikel von Ukrainern verfasst werden und an die Stelle der vielen Nachdrucke deutscher antisemitischer Inhalte treten sollten, die das Blatt regelmäßig veröffentlichte. Diese Artikel sollten die ukrainische Unterstützung für die Rekrutierungskampagne der Waffen-SS unterstreichen. Mehrere Freiwillige meldeten sich, darunter auch Oleksander Mokh, der später eine Karriere als Verleger in Toronto machen sollte. Doch vor seiner Einwanderung bestanden seine Beiträge zur Weltliteratur aus solchen Titeln: „Wie die Juden Europa verderben”, „Wie sie (die Juden) den Bolschewiken halfen“, und: „Gewissen und Sodom“, die im Mai und Juni 1943 erschienen. Auffällig ist, dass in den biografischen Angaben zu seiner Person in der „Enzyklopädie der Ukraine“ diese Beiträge fehlen. Herausgeber dieser Enzyklopädie war niemand anderes als Kubijowytsch selbst, und das Canadian Institute of Ukrainian Studies der Universität von Alberta sponserte später das Werk.

Die 14. Division der Waffen SS, die Division Galizien, wurde 1943 im Umkreis verschiedener Konzentrations- und Zwangsarbeitslager ausgebildet, darunter auch Dachau, wie ehemalige Mitglieder der Division gestanden haben. Die Lagerinsassen wurden gezwungen, ihre Mützen abzunehmen, wenn die neuen SS-Rekruten vorbeimarschierten. Den Rekruten wurde täglich zwei Stunden lang die nationalsozialistische Theorie eingebläut; den Rest des Tages waren sie damit beschäftigt, sie praktisch umzusetzen. Ende August 1943 legten die Mitglieder einen Eid auf Adolf Hitler ab, nachdem ihnen ihre Blutgruppe eintätowiert worden war. Da das Ziel von 8.000 Rekruten übererfüllt war, wurden die Übriggebliebenen in vier spezielle Polizeieinheiten eingegliedert, die ebenfalls an Gräueltaten beteiligt waren.

Die Division Galizien kam erst im Februar 1944 zum Einsatz, um den Widerstand gegen die Nationalsozialisten zu bekämpfen. Im Juli 1944 verlor die Division 73 Prozent ihrer Kräfte bei Brody im Kampf gegen die sowjetische Gegenoffensive, die mit der Landung am so genannten D-Day zusammenfiel. Die Einheit wurde von den Nazis aus Reservekräften wieder aufgefüllt und in die Slowakei geschickt, um Anfang 1945 den Aufstand der slowakischen Arbeiterklasse gegen die faschistische Herrschaft niederzuschlagen.

Die Kommandanten der 14. Waffen-SS Galizien wurden aus den Reihen der schlimmsten faschistischen Massenmörder rekrutiert. Fritz Freitag war an vielen Mordtaten der Einsatzgruppen beteiligt. Er führte ein ausführliches Tagebuch über seine Gräueltaten, das Einträge wie „114 Gefangene gemacht, 283 Juden erschossen“ enthielt. SS-Obersturmbannführer Franz Magall hielt seine Verbrechen im Dienst für die Einsatzgruppen ebenfalls in einem Tagebuch fest: „Frauen und Kinder in Sümpfe zu treiben, war nicht so erfolgreich wie geplant, da die Sümpfe nicht tief genug waren, um darin zu versinken.“

Michael James Melnyk, der drei Bücher über die Geschichte der Division Galizien geschrieben hat, beschreibt bis ins kleinste Detail die Operationen gegen die Partisanen, die sie gegen die lokale Bevölkerung in der Ukraine und dann gegen die Slowaken durchführte. Aber als Sohn eines ehemaligen Mitglieds der Waffen-SS geht er einfach davon aus, dass alle Opfer der Einheit es verdient hätten, weil sie „Kommunisten“ oder Partisanen gewesen seien.

Es ist daher sinnvoll, Melnyks Beschreibung des Massakers von Huta Pieniacka im Frühjahr 1944 mit den Berichten des Polnischen Instituts für Nationales Gedenken und denen der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften zu vergleichen.

Melnyk rechtfertigt die Gräueltat so: „Es wird allgemein anerkannt, dass das Dorf (mit etwa 1.000 Einwohnern) eine gut befestigte bewaffnete Hochburg und ein wichtiges Widerstandszentrum für polnische und sowjetische Partisanengruppen war. Diese Partisanen haben nicht nur den deutschen Nachschub behindert und die rückwärtigen Bereiche der deutschen Armee gestört, sondern auch gegen die UPA gekämpft und die ukrainische Bevölkerung durch Überfälle auf die umliegenden Dörfer terrorisiert.“ Dann räumt Melnyk ein, dass das Dorf einer „‘Befriedungsaktion’ unterzogen wurde, die letztendlich zur Zerstörung des Dorfes und zur Liquidierung eines Großteils der verbliebenen Zivilbevölkerung führte“, was jedoch das Werk der Deutschen war. Melnyk lässt auch die Tatsache außer Acht, dass die Bewohner von Huta Pienacka vor den Massakern der OUN (B) an mehr als 100.000 Polen und Juden im Jahr zuvor geflohen waren. Die „Befriedungsaktion“ bedeutete ihr Ende.

Die Polen erinnern sich anders an diese Ereignisse:

[D]as Verbrechen wurde vom 4. Bataillon der 14. Division am 28. Februar begangen. An diesem Tag umstellten frühmorgens weiß gekleidete, maskierte Soldaten dieser Division das Dorf. Das Dorf wurde von der Artillerie unter Beschuss genommen. SS-Männer der 14. SS-Division ‘Galizien’ drangen in das Dorf ein und erschossen die Zivilisten, die sie vor einer Kirche zusammengetrieben hatten. Die Zivilisten, großenteils Frauen und Kinder, wurden aufgeteilt und in Scheunen gesperrt, die in Brand gesteckt wurden. Wer zu fliehen versuchte, wurde getötet. Zeugen, die von den Anklägern der Hauptkommission befragt wurden, beschrieben die düsteren Details der Tat. Das Verbrechen wurde an Frauen, Kindern und Neugeborenen begangen.“

Die Ukrainische Akademie der Wissenschaften schreibt:

Der Angriff des SS-Kommandos auf das Dorf war das Ergebnis einer Denunziation der Bevölkerung in Pidhirtsiv an die ukrainische Polizei. Sie berichtete den Deutschen, dass die Polen von Huta Pieniacka Juden versteckten, bolschewistische Partisanen unterstützten, Waffen lagerten und so weiter. Die ukrainischen SS-Männer kamen in das Dorf, um dies zu überprüfen. Als sie anfingen, die Bevölkerung auszurauben und miteinander ukrainisch zu sprechen, hielten die Polen sie für verkleidete Banditen und begannen, sich zu verteidigen. Dann kam eine ukrainische SS-Schwadron aus Pidhirtsiv in das Dorf. Nachdem sie das Dorf eingekesselt hatte, begann sie, die Menschen zu ermorden.

Die OUN (B) und die Ukrainische Aufständische Armee

Nach der deutschen Kapitulation in Stalingrad im Februar 1943 und angesichts wachsender Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung für den Widerstand der sowjetischen Partisanen gegen die Nazis stellte sich die OUN (B) darauf ein, dass ihre faschistischen Verbündeten eine Niederlage erleiden und sich die Aussichten auf eine „unabhängige Ukraine“ zerschlagen könnten.

Die von der OUN organisierte Ukrainische Aufständische Armee (UPA) soll im Oktober 1942 gegründet worden sein. Bedeutung erlangte sie jedoch erst im Frühjahr 1943, und das nur, weil ukrainische Polizeikommandeure und -offiziere im März–April 1943 in großer Zahl zu ihr überliefen.

Etwa 4.000 bis 6.000 ukrainische Polizisten folgten im Frühjahr 1943 dem Aufruf der UPA, sich ihr in der Region Wolhynien im faschistisch besetzten Teil Polens anzuschließen. Katchanovski schreibt, dass Ende des Jahres Überläufer der Polizei noch immer mehr als die Hälfte aller UPA-Kämpfer ausmachten. Der UPA schlossen sich auch andere an, die als Nazi-Schergen gedient hatten, z. B. in den deutschen Sondereinsatzbataillonen Nachtigall und Roland, und schließlich auch Deserteure aus der Waffen-SS-Division Galizien.

Auf dem Höhepunkt ihrer Macht zählte die UPA vielleicht 20.000 Kämpfer, die zuvor mehrheitlich den Nationalsozialisten gedient und/oder auf deren Seite gekämpft hatten.

Die politische Bedeutung der massenhaften Übertritte von Polizisten zur UPA kann man kaum überbewerten. Die OUN (B) konnte Tausenden von Polizisten befehlen, zur UPA überzulaufen, weil diese auf Anweisung der OUN (B) in der Hilfspolizei der Nazis dienten; als sie dann Mittäter bei der Massenvernichtung der ukrainischen Juden waren, taten sie dies unter der Disziplin und auf Geheiß der UPA.

Katchanovski hat anhand der Biografien von 119 hochrangigen und 210 mittelrangigen OUN (B)-Führern und UPA-Kommandeuren aufgezeigt, in welchem Ausmaß Nazi-Schergen diese so genannte „nationale Befreiungsbewegung“ anführten und ihr Personal stellten. Anhand der vorliegenden Daten hat er festgestellt, dass 55 Prozent der mittleren OUN/UPA-Kader aktiv mit dem Nazi-Militär, der Nazi-Polizei und/oder dem Nazi-Geheimdienst zusammenarbeiteten, ebenso wie 77 Prozent der hochrangigen OUN- und UPA-Führer. Katchanovski betont, dass aufgrund von Informationslücken die wahren Prozentsätze wahrscheinlich höher sind.

Lubomir Luciuk, Professor am Royal Military College of Canada und Träger der Schewtschenko-Medaille des Ukrainisch-Kanadischen Kongresses, möchte uns glauben machen, dass die UPA „gegen die Nazis UND die Sowjets gekämpft hat“. Aber militärische Einsätze gegen die Deutschen waren selten und unbedeutend. Katchanovski hat dokumentiert, dass nur sechs Prozent der obersten OUN-Kommandeure und nur 3 Prozent der obersten UPA-Kommandeure in militärischen Auseinandersetzungen mit den Deutschen starben, während 54 Prozent im Kampf gegen die sowjetischen Streitkräfte ums Leben kamen. Zwar wurden 32 Prozent der OUN-Führer irgendwann von den Deutschen gefangen genommen, doch fast alle von ihnen kamen kurz darauf wieder frei. Objektiv nachprüfbare Fakten widersprechen den Lügen der ukrainischen Nationalisten und ihren westlichen imperialistischen Verbündeten.

Zeitgleich mit der Niederlage der Nazi-Panzerarmee in der Schlacht von Kursk nahm die OUN (B) auf ihrem Kongress im Sommer 1943 auf zynische und unehrliche Weise eine Änderung ihrer Rhetorik vor, mit Blick auf ihr künftiges Bestreben, die Unterstützung des britischen und amerikanischen Imperialismus zu gewinnen. Der Kongress verurteilte jetzt die „nationalsozialistische Ideologie“ und bekannte sich zur Unterstützung „nationaler Minderheiten“. Hier beginnt eigentlich die Kampagne der OUN, Lügen über sich und ihre politische Geschichte zu verbreiten.

In ihrem tatsächlichen Handeln übte die UPA weiterhin Massengewalt aus. Systematische ethnische Säuberungen gegen bis zu 100.000 Polen in den Regionen Wolhynien, Galizien, Lublin und Polesien erreichten ihren Höhepunkt just zu der Zeit, als die OUN ihre Liebe zu den „nationalen Minderheiten“ bekundete. Im Juni 1943 erließ der Kommandeur der UPA-Nord, Dmytro Kljatschkiwskyj, eine geheime Direktive, in der es hieß: „Wir sollten eine große Operation zur Liquidierung des polnischen Elements durchführen. Da sich die deutschen Armeen zurückziehen, sollten wir diesen günstigen Moment nutzen, um die gesamte männliche Bevölkerung im Alter von 16 bis 60 Jahren zu liquidieren ... Dörfer und Siedlungen, die neben den riesigen Wäldern liegen, sollten vom Erdboden verschwinden.“ Die meisten der Ermordeten waren jedoch Frauen und Kinder. Das Morden wurde fortgesetzt bis 1945. Die UPA erschoss sogar die wenigen eingezogenen jüdischen Ärzte, die sie zum Dienst gezwungen hatte.

Opfer eines Massakers der UPA an Polen im Dorf Lipniki im Jahr 1943 [Photo: Władysława Siemaszków]

Die UPA spielte ständig eine Rolle beim Schutz der Nachhut der Wehrmacht und ermöglichte es den deutschen Einheiten, effizienter gegen die Sowjets eingesetzt zu werden.

Angesichts der drohenden Niederlage entließen die Nazis Bandera im September 1944 aus der Gefangenschaft. Dies führte zu einer noch engeren Zusammenarbeit zwischen der UPA-OUN (B) und den deutschen Faschisten im Kampf gegen die vorrückende Rote Armee. Laut Banderas Biograf Grzegorz Rossolinski-Liebe „stimmten Bandera und andere führende ukrainische Politiker wie Melnyk, Kubijowytsch und Pawlo Schandruk zu, den Deutschen bei der Mobilisierung der Ukrainer für den Kampf gegen die Sowjetunion zu helfen.“

Als die Rote Armee der deutschen Wehrmacht 1944 und Anfang 1945 eine Niederlage nach der anderen zufügte, und der Zusammenbruch Nazi-Deutschlands immer näher rückte, flohen die ukrainischen Nationalisten der OUN (B) und OUN (M) in den Westen. Chrystia Freelands Großvater Michael Chomiak und seine Gefolgsleute reisten nach Wien, wo sie weiterhin die Krakivski Visti publizierten. Die letzte Ausgabe erschien im März 1945. Viele führende Personen landeten in Vertriebenencamps, wo OUN-Mitglieder mafiaähnliche Strukturen unterhielten.

Bandera floh nach München, wo er später mit der CIA und dem westdeutschen Geheimdienst zusammenarbeitete. Nach einer kurzzeitigen Einstellung ihrer Tätigkeit wurde die OUN (B) 1946 unter der Schirmherrschaft des britischen MI6 wiedergegründet, um als Verbündeter in einem antisowjetischen Aufstand in der Ukraine zu dienen, den die Amerikaner mindestens bis Ende der 1950er Jahre verdeckt unterstützten. Mitte der 1950er Jahre hatte Banderas starrsinniger Faschismus die CIA und viele seiner ehemaligen Verbündeten verprellt, weil sie ihn „geschmacklos“ und politisch nicht für kompatibel hielten mit der westlichen imperialistischen Propaganda, die sich offiziell für Demokratie und Freiheit für die „Nationen in Gefangenschaft“ einsetzte. 1959 soll er von einem KGB-Agenten ermordet worden sein. Seine Frau und sein Sohn flohen nach Toronto, wo sie sich weiterhin für die OUN betätigten.

Die Kapitulation der 14. (galizischen) Division der Waffen-SS vor den britischen Streitkräften ist für die Lügenkampagne der ukrainischen Faschisten beispielhaft. Sie wollten damit ihre Spuren verwischen und ihren politischen Ruf aufpolieren, um ihren neuen amerikanischen (und kanadischen) Herren annehmbarer zu erscheinen. Um den 25. April 1945 herum, kurz vor der Kapitulation, legten die Mitglieder der Division Galizien der Waffen-SS ihre Uniformen und SS-Abzeichen ab und erklärten sich zur „Ersten Einheit der Ukrainischen Nationalen Armee“. Die britischen Offiziere, die ihnen zuerst begegneten, fanden erst später heraus, mit wem sie es wirklich zu tun hatten. Die Mitglieder der Division Galizien wurden mehrere Jahre lang interniert, bevor sie schließlich in die USA, nach Kanada, Großbritannien und Australien einwandern durften.

* * *

Am 27. April 2022 haben alle anwesenden Abgeordneten der kanadischen Liberalen, Konservativen, des Bloc Québécois, der Grünen und der Neuen Demokratischen Partei (NDP) einstimmig einem parlamentarischen Antrag der NDP zugestimmt, in dem Russlands Militäroperation in der Ukraine als „Völkermord“ bezeichnet wird.

Der Zynismus und die Heuchelei der kanadischen herrschenden Klasse und ihrer politischen Vertreter kennen keine Grenzen.

Der Einmarsch Russlands in der Ukraine ist reaktionär. Aber die Behauptung, dass Moskau in der Ukraine einen Völkermord begehe, ist eine Provokation. Sie zielt darauf ab, Russland zu verteufeln und eine Deeskalation des Konflikts unmöglich zu machen, damit der kanadische Imperialismus und seine Verbündeten ihre Pläne zur Unterwerfung Russlands durchsetzen können, ohne Rücksicht auf die Zahl der Opfer auf russischer und ukrainischer Seite.

Das ist umso grotesker, weil ein Staat und ein politisches Establishment dafür verantwortlich sind, die seit acht Jahrzehnten ein Bündnis mit denjenigen pflegen, die den Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden in der Ukraine unterstützt haben. Am Ende dieser Artikelserie werden wir dokumentieren, wie der kanadische Imperialismus den ukrainischen Faschisten Zuflucht gewährte, ihnen half, ihre Verbrechen zu vertuschen, und sich ihrer bediente, um seine räuberischen Interessen durchzusetzen – auch bei der Vorbereitung, Anstiftung und Führung des aktuellen Krieges.

Fortsetzung folgt

Loading